Paraforce Band 8 - Der Schlag eines Herzens
gesehen, dass du Tee trinkst. Ich dachte, dass da ein Schuss Rum drin ist. Bring uns das Bier und das ... Ginger Ale zu dem Tisch da drüben, ja Maggie?«
» Klar.«
Tom wies auf Alis Tisch und gemeinsam begaben sie sich dorthin. Sie nahmen Platz.
» Danke, Mann « , sagte Tom.
» War doch selbstverständlich.«
Tom Carson verdrehte die Augen. » Ach ja? Das dürften 99 Prozent der Leute hier anders sehen. Die sind froh, wenn sie ihren Arsch aus allem raushalten können.«
» Es ist nicht verkehrt, Angst zu haben«, erklärte Ali.
» Du hattest scheinbar keine.«
» Das ist falsch. Natürlich hatte ich welche.«
Tom schüttelte den Kopf. Er rieb sich seinen Nacken, und als er die Hand zurückzog, erkannte Ali Blut an den Fingern.
»Alles okay? Sollten wir nicht lieber einen Arzt rufen oder vielleicht ...?«
Tom winkte schnell ab, holte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und presste es gegen seinen Nacken. »Was einen nicht umbringt, macht einen härter. Keine Sorge, das war nicht das erste Mal, dass ich im Infight den Kürzeren gezogen habe. Und manches Mal ging es für mich unangenehmer aus als heute. Kannst du mir glauben, Ali.«
Für einen Moment schwiegen die beiden Männer.
» Du jedenfalls hast eingegriffen. Also bist du eigentlich der Mutigste von allen.«
» Was ist Mut? Das Risiko, eine Sicherheit für eine Gefahr zu opfern, oder das Vertrauen darauf, dass eine mit Besonnenheit gewonnene Erkenntnis im richtigen Moment zu sehen, was nötig ist, sich als wahr entpuppt?«
Tom blickte Ali an, als habe er gerade chinesisch mit ihm gesprochen. Ein amüsiertes Lächeln kroch in die Mundwinkel des Persers.
» Scheiße, das ist mir zu hoch.«
Maggie unterbrach den philosophischen Tiefgang. Sie brachte die Getränke.
Tom bedankte sich, hob sein Bier und prostete Ali zu.
» Auf dein Wohl«, sagte er lächelnd.
» Und das deine«, erwiderte Ali.
Beide tranken.
Wieder entstand ein kurzer Moment der Stille. Es kam Ali so vor, als könnten sie sich in diesem Moment alles sagen, aber niemand traute sich den Anfang zu machen.
» Bist du öfters hier?«, fragte Tom.
» Nicht sehr oft.«
» Dachte ich mir. Ich hab dich hier noch nie gesehen. Generell habe ich hier noch nie jemanden gesehen, der Tee trinkt. Was ist das für einer?«
» Ein importierter Darjeeling. Ein First Flush.«
» Nie gehört. Ich kenn nur einen Royal Flush.«
» Das ist etwas anderes.«
» Ist mir schon klar. Ich wusste nur nicht, dass Vince überhaupt Tee auf der Karte hat.«
» Hat er auch nicht.«
Tom stutzte. Er wirkte so verwirrt, dass Ali ein weiteres Lächeln nicht unterdrücken konnte.
» Willst du mich verarschen?«
» Nichts läge mir ferner.«
» Und was trinkt du dann da?«
» Einen importierten Darjeeling. Ein First Flush. Genauer ein SFTGFOP1«, buchstabierte er.
» Was zur Hölle?«, schnappte Tom.
» Special Finest Tippy Golden Flowery Orange Pekoe 1«, erklärte Ali in der langen Version.
» Okay, was auch immer. Und wieso bekommst du ihn hier, wenn er nicht im Angebot ist?«
» Ich bringe ihn selber mit.«
Wieder sah Tom Carson Ali Muhammad Nuri so an, als wäre er ein Außerirdischer.
» Warum?«
» Ich trinke meinen Tee gerne hier. Der Laden hat Ausstrahlung und Geschmack. Er verbindet die Geschichte des alten Europa mit dem Traum der neuen Welt.«
» Du bist echt der komischste Freak, der mir bisher begegnet ist.« Tom lächelte. » Aber auf keinen Fall unsympathisch.«
In den nächsten zwei Stunden sprachen die Männer über dies und das. Über Gott und die Welt. Sie gingen erst, als Vince die Kneipe schloss. Vor der Tür verabschiedeten sie sich.
» Es hat mich gefreut, deine Bekanntschaft gemacht zu haben«, sagte Ali.
» Mich auch, Ali, mich auch.«
» Wenn Gott es will, werden sich unsere Wege wieder kreuzen.«
» Komm einfach öfter mal hier hin und trink deinen Orange PekSF1Q-irgendwas.«
Die beiden Männer lachten, schüttelten sich die Hand und gingen getrennten Weges.
2. Kapitel
Der Umweg!
Kadesti, ca. 70 nordöstlich von Baja Marė, Rumänien
Obwohl der Winter offiziell bereits vergangen war, hing sein düsteres Erbe nach wie vor über den Hängen der Karpaten. In weiten Teilen Europas hatte der Frühling nach langem Zaudern endlich Einzug gehalten, doch über Kadesti lagen immer noch Kälte, Nässe und sogar der Geruch von Schnee.
Vasile Georghe blickte misstrauisch zum Himmel empor. Die über ihm hängende sternenlose Schwärze erschien ihm wie ein stummes
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