Paraforce Band 8 - Der Schlag eines Herzens
Versprechen für die nächsten Tage.
»Ich glaube, Gevatter Frost ist noch längst nicht fertig mit uns«, meinte Bogdan Matei, Vasiles Chef.
Sie standen vor der geschlossenen Tür, die ins Innere von Bogdans kleiner Kfz-Werkstatt führte, und rauchten zusammen eine Feierabendzigarette. Ein kalter Windstoß riss Vasile den blaugrauen Rauch von den Lippen, ehe er antworten konnte.
»Ich schätze mal, du hast recht. Wenn wir Pech haben, schneit’s sogar wieder.«
Bogdan lachte und es klang in Vasiles Ohren verdächtig nach einem Anlasser, der falsch eingestellt worden war. »Mein Schwager in Bukarest hat mich letzte Woche angerufen. Er beschwerte sich, dass es mittlerweile wieder viel zu warm ist und er beim Malochen oft ins Schwitzen gerät.«
Vasile schüttelte nur den Kopf. Er nahm einen letzten Zug, ehe er die Reste seines Glimmstängels auf den Boden warf und mit dem Arbeitsschuh austrat. »Diese Sorgen möchte ich mal haben. Wir frieren uns hier bis Mitte des Jahres den Arsch ab und im Süden schwitzen sie sich halbwegs zu Tode und werden durch Mücken- und Zeckenbisse krank.«
»Wem sagst du das? Du solltest dich jetzt auf den Weg machen. Sonja wird sich sorgen. Tut mir leid, dass es heute so spät wurde, aber der alte Grilescu hat arg darauf gedrängt, dass wir seine Karre wieder flott bekommen.«
Vasile winkte ab. Ihn verband mehr als nur ein reines Arbeitsverhältnis mit Bogdan. Schon als kleiner Junge war er in der Werkstatt des ständig verschmitzt wirkenden Mechanikermeisters so gut wie Zuhause gewesen. Bereits mit sechs Jahren hatte Vasile Bogdan beim Auswechseln von Zündkerzen geholfen, und noch bevor er fünfzehn geworden war, war ihm eine feste Anstellung beim väterlichen Freund sicher gewesen.
»Ist schon in Ordnung. Ich hatte heute Mittag bereits so ein Gefühl und Sonja deswegen vorgewarnt, dass es heute später werden könnte. Sie ist also nicht ganz unvorbereitet.«
Bogdan schlug Vasile so kräftig auf die Schulter, dass dieser befürchtete, er hätte es jetzt endgültig geschafft und ihm das Schlüsselbein gebrochen.
»Nicht immer so fest, alter Mann. Irgendwann klappe ich noch zusammen und stehe nicht mehr auf. Und wer soll dir dann in der Werkstatt helfen?«
In Bogdans Augen blitzte es. »Alter Mann? Ich glaube, ich habe mich verhört, oder? Komm mit zum Armdrücken, dann zeige ich dir, was ein alter Mann ist.«
Vasile lachte. Er wusste sehr genau, dass Bogdan trotz seiner mittlerweile 63 Lenze immer noch über Bärenkräfte verfügte. »Übernimm dich nicht. Ich habe nämlich keine Ahnung, wie man Herzschrittmacher und Gelenkprothesen herstellt.«
Bogdan holte im Scherz zu einer Ohrfeige aus. »Mach endlich, dass du wegkommst.«
Beide lachten und Vasile wich – sich scheinbar fürchtend – vor der Drohgebärde zurück.
»Nicht so doll. Bis morgen dann.«
»Ist schon recht. Aber vor neun will ich dich nicht sehen. Lass dir Zeit.«
Bogdan winkte noch einmal, drehte sich um und verschwand durch die eiserne Tür im Inneren der Werkstatt, von wo aus er in seine kleine Wohnung im ersten Stock gelangen konnte.
Vasile empfand Mitleid mit seinem Chef. Der herzensgute Mann hatte seine Frau Ilona vor drei Jahren durch eine schwere Krebserkrankung verloren. Er lebte eigentlich nur noch für die Arbeit und die damit verbundenen Kontakte zu Vasile und seinen Kunden.
Abends aber zog er sich zurück und ließ sich kaum noch im Dorf sehen. Wahrscheinlich schwelgte er in seinen Erinnerungen. Vasile hatte auch den Verdacht, dass Bogdan bei diesen Gelegenheiten oft dem Alkohol zusprach. Er fasste den Entschluss, seinen Chef in den nächsten Tagen zum Abendessen einzuladen. Vielleicht brachte ihn etwas Geselligkeit auf andere Gedanken.
Vasile wandte sich um, steckte die Hände ich die Manteltaschen und stemmte sich dem eisigen Wind entgegen. Den direkten Weg nach Hause wollte Vasile an diesem Abend nicht nehmen. Ihm stand der Sinn nach frischer Luft und etwas Bewegung. Er hatte heute so intensiv am Wagen des alten Grilescu herumgeschraubt, dass es ihm zwischenzeitlich schon ganz normal vorgekommen war, gebeugt dazustehen und sich nicht aufrichten zu können.
Der junge Mechaniker bog auf jenen Pfad ein, der im weiten Bogen um Kadesti herumführte. Er stellte einen Umweg dar und bot Vasile die nötige Gelegenheit, die Lunge und das Hirn durchzulüften. Trotzdem würde er nicht zu lange brauchen, um nach Hause zu gelangen.
Schon nach wenigen Schritten erreichte Vasile die Stelle, an der die
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