Parallelum - Der dunkle Beobachter (German Edition)
Marco.
»Alberto hat ja gesagt, sie sei etwas skurril, doch ich hätte nicht an so etwas gedacht«, antwortet Marco lachend.
»Wer ist sie?«, frage ich ahnungslos.
»Ich!«, antwortet eine weibliche Stimme plötzlich, dann geht eine Tür am Ende der Treppe auf, und Helligkeit breitet sich aus. Eine kleine, zierliche, hell gekleidete Frau mit kurzen schwarzen Haaren und weit aufgerissenen Augen unter ihrer Brille steht dahinter. Marco und ich nähern uns der Tür und treten schließlich ein. Hier sieht es ganz anders aus als im restlichen Haus. Es ist hell und freundlich, der Raum versprüht dennoch einen Hauch von Kühle und Sterilität.
»Wer sind Sie?«, frage ich.
»Ich bin eure einzige Rettung, Eva.«
»Woher kennen Sie meinen Namen?«
»… weil ich ihn ihr gesagt habe«, lässt sich eine tiefe männliche Stimme aus dem Flur hören. Dann betreten Angela und Alberto das Zimmer und stellen sich hinter die Frau.
»Das ist Stella, meine Cousine«, stellt Angela sie vor.
Stella piekst mir plötzlich in den Arm, dann steckt sie die Nadel in ein kleines Reagenzglas und verschwindet in das Nebenzimmer.
»Hey, was soll das!«, brülle ich ihr hinterher, doch das scheint sie kaum zu kümmern.
»Eva, bitte entschuldige meine Cousine. Sie ist etwas … eigen.«
»Na, das ist ja sehr freundlich ausgedrückt«, wirft Alberto ein. »Keine Sorge, Eva, wir alle mussten das schon mitmachen. Sie untersucht nur dein Blut, um sicherzugehen dass du keine ansteckenden Krankheiten hast. Sie hat da so eine Macke …«, fügt er dann hinzu.
»Was für eine Macke?«, frage ich und streiche über die Einstichstelle. Sie ist bereits verheilt, es ist nichts mehr zu sehen.
»Ich habe keine Macke. Wenn ich euch schon helfen muss, will ich es auf meine Weise tun. Wie auch immer, Angsthases Blut ist sauber. Ihr könnt jetzt hereinkommen«, sagt Stella und bedeutet uns, ihr zu folgen.
»Sie ist ein Hypochonder«, flüstert Alberto mir zu. »Und sie weiß von allem. Also können wir über alles ganz offen sprechen.«
Ich nicke ihm zu.
Durch den kleinen Nebenraum, in dem lediglich ein Stuhl und ein komisch aussehender Apparat, in dem sie wahrscheinlich mein Blut analysiert hat, zu finden ist, führt eine weitere Tür auf einen Flur. Rechts und links befinden sich insgesamt fünf weiße Türen, doch am Ende des Flurs sehe ich eine große, rote Tür aus Stahl. Was ist das nur für ein Ort? Wohnt diese Stella wirklich hier? Sie presst ihren rechten Daumen an einen kleinen Fingerabdruckscanner. Daraufhin ertönt ein Surren, und die Tür öffnet sich.
»Warum öffnen sich die Türen nur mit ihrem Fingerabdruck, wenn sie hier alleine lebt?«, frage ich Marco.
Er hebt nur lachend die Schultern und fühlt sich anscheinend gut unterhalten.
»Es war nicht immer ein Wohnhaus, wie du dir sicher denken kannst«, sagt Angela hinter mir. »Wir sind hier ziemlich tief unter der Erde. Früher war das hier eine IT-Station. Vor Jahren ist die Firma in eine andere Stadt gezogen und hat diese Station so hinterlassen. Stella hat hier gearbeitet, und als sie erfahren hat, sie würden die Station zerstören, hat sie angeboten, weiterhin hier zu arbeiten und irgendwelche Software zu entwickeln. Ich habe nicht so viel Ahnung davon, doch ihr Chef setzt so viel Vertrauen in sie, dass er es ihr überlassen hat.«
Wir treten in den Computerraum ein. Stella geht an einen Tisch ganz rechts und gibt irgendetwas über die Tastatur in den Computer ein, schon wird der Monitor auf die Wand projiziert.
»So, jetzt brauche ich das Bild«, sagt sie, während sie ein Programm namens LOCATOR öffnet. Davon habe ich noch nie gehört.
Marco geht zu Stella und drückt ihr einen Bilderrahmen in die Hand. Als ich genauer hinschaue, erkenne ich meinen Vater darauf.
»Woher hast du das?«, frage ich ihn überrascht. Ich habe dieses Bild seit fünf Jahren nicht mehr gesehen.
»Das war bei dir auf dem Dachboden in einem Karton. Alberto hat gesagt, wir würden wohl ein Foto von deinem Vater brauchen, da habe ich es mitgenommen«, antwortet er.
Stella nimmt das Bild aus dem Rahmen und legt es in den Scanner. Das Foto, auf dem mein Vater seinen letzten Geburtstag mit uns gefeiert hat, erscheint an der Wand. Das war ein schöner Geburtstag gewesen, bis mein Vater zur Arbeit gerufen worden war. Er hatte damals einen besorgten Gesichtsausdruck getragen. Jetzt, da ich weiß, dass auch er ein Wächter war, kann ich mir denken, warum er gerufen worden ist.
Stella drückt wie wild
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