Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme
wissen?«
Solomon randalierte weiterhin, schrie nach Dr. Clarence. Eine Krankenschwester erschien und nahm ihn am Arm.
»Sie tut mir weh, Mama! Sag ihr, sie soll mir nicht weh tun!«
Die Frau hinter dem Schalter erhob sich, ihr Gesicht färbte sich rot. »Ruhe jetzt!«
»Sag, sie soll aufhören! Sag, sie soll aufhören!«
Die Frau funkelte den Cop wütend an. »Glauben Sie vielleicht, ich mache hier den ganzen Papierkram, und ein paar Stunden später verlegen wir ihn?«
»Was habe ich denn damit zu tun?«, fragte der Cop.
»Was meinen Sie wohl? Schaffen Sie ihn hier raus, verflucht noch mal! Sofort. Und bringen Sie ihn nach Baycliff zu seinem tollen Dr. Clarence.«
»Ich bin doch kein Taxifahrer!«
»Dann setzen Sie ihn meinetwegen wieder auf die Straße.«
»Sie können ihn doch nicht einfach so wieder wegschicken!«
»Ach nein?«, sagte die Frau. »Dann passen Sie jetzt mal genau auf.« Sie zerriss die Formulare und zeigte wieder ihr hässliches Lächeln. »Tut mir leid, Officer. Aber wir sind leider ausgebucht. Sie müssen ihn wohl woanders unterbringen.«
»Was machen Sie denn da, Sie schreckliche Schwerstarbeiterin? Haben Sie gerade meine Papiere für Dr. Clarence zerrissen? Waren das etwa die Papiere für Dr. Clarence?«
Die Frau sah den Cop durchdringend an. »Schaffen Sie ihn hier raus. Ein bisschen plötzlich!«
Der Cop warf ihr einen finsteren Blick zu und zerrte Solomon zur Tür. Dieser musste sich ein Grinsen verkneifen.
Auf den Rhythmus war immer Verlass.
24
Es war schon fast Mittag, als der Konvoi der Kriminaltechniker die kurvige Straße zur Baycliff-Klinik für Psychiatrie hinauffuhr. In der Nähe der Einfahrt zur Ambulanz, genau draußen vor Tolans Büro, stand ein Truck mit Kommunikationstechnik. Tolans Festnetztelefon war bereits verkabelt und abhörbereit.
Das Signal seines Mobiltelefons würde an einer Sendestation abgefangen, erklärte ihm Sue Carmody. Wenn Vincent von einem Handy aus anrief, konnte man ihn mit der vorhandenen Technik bis auf hundert Meter genau orten.
Es lag eine greifbare Spannung in der Luft. Die Hoffnung, es könnte funktionieren. Sie hatten eine echte Chance, einen Serienmörder zu schnappen.
Tolan blieb allerdings von dieser Spannung unberührt. Sosehr er die Bemühungen zu schätzen wusste, hielt er sie doch für Zeitverschwendung. Vincent war kein Dummkopf. Er konnte sich denken, dass er umgehend die Polizei verständigt hatte. Es würde keine weiteren Anrufe geben. Und trotz allem, was Blackburn gesagt hatte, wusste Tolan, dass Vincent ihn nicht zum Narren halten wollte. Nicht damit. Nicht mit Abby.
Du. Du hast mich verletzt.
Er stand in der Tür seines Büros und beobachtete, wie einer der Techniker sein Festnetz überprüfte. Er musste abermals an jenen frühen Abend denken, an den Streit mit Abby.
Alles hatte mit einem Kaugummi angefangen. Tolan hatte Hunger auf etwas Süßes und durchsuchte Abbys Handtasche nach dem Päckchen Doublemint, das sie immer bei sich hatte – doch er fand etwas ganz anderes. Etwas, das nicht dorthin gehörte.
Eine kleine blaue Packung. Noch immer hatte er die Aufschrift deutlich vor Augen: Lifestyles Sheer Pleasure. Eine Dreierpackung Kondome. In der zwei Stück fehlten.
Zunächst traute er seinen Augen nicht. Versicherte sich, dass es wirklich Abbys Handtasche war. Doch das war überflüssig. Er wusste, sie gehörte ihr. Es war genau die, die sie überall mit hinnahm. Und als ihm allmählich klar wurde, was das hieß, was diese offene blaue Packung zu bedeuten hatte, schlug seine Überraschung in Schmerz um, in Wut, in …
In …
In was, Michael? Mach weiter.
Abscheu begann sich in ihm auszubreiten wie ein bösartiges Gewächs, doch das Husten eines der Kriminaltechniker holte Tolan in die Gegenwart zurück. Nicht Vincents Drohung war es, was auf ihm lastete. Es war diese düstere Wahrheit, die er seit einem Jahr verdrängt hatte. Eine einfache Wahrheit, die durch Vincents Anrufe und die Ereignisse des Vormittags mit Macht wieder an die Oberfläche gekommen war.
Tolan hatte einen Filmriss. Eine Gedächtnislücke. Ihm fehlte ein Stück jenes Abends.
Du. Du hast mich verletzt.
Als Abby aus dem Badezimmer kam, hielt er ihr die offene Packung Kondome unter die Nase.
»Was zum Teufel ist das?«
Er erinnerte sich an ihren bestürzten Gesichtsausdruck, als sie sah, was er in der Hand hielt. Ihr Lächeln verschwand. Sie sah ihn verständnislos an. »Wo hast du das her?«
»Woher wohl?« Er zeigte auf ihre
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