Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme
errichtet hatte, durchbrechen?
Bevor er etwas sagen konnte, kam Carmody zurück. »Rossbach schickt uns die Kriminaltechniker rauf.« Sie sah Tolan an. »Haben Sie etwas dagegen, dass wir Ihr Telefon anzapfen?«
»Ganz und gar nicht.«
»Was ist mit der Leitung in Ihrem Büro?«
»Ich bin mir sicher, unter diesen Umständen ist die Verwaltung gern zur Kooperation bereit.«
»Gut«, sagte sie und wandte sich an Blackburn. »Rossbach hat gesagt, sie werden sämtliche Angehörige der Opfer befragen, um herauszufinden, ob Vincent noch jemanden angerufen hat. Und es gibt eine Änderung des Plans: Er will die Zeugin ins County verlegen lassen.«
Blackburn wirkte überrascht. »Ich dachte, wir wären uns alle einig, den Doc erst einmal machen zu lassen.«
»Das war, bevor sie von den Anrufen erfahren haben. Er sagt, es stehe zu viel auf dem Spiel.«
»Rossbach, diese Arschgeige!«, fauchte Blackburn.
»Aber er hat recht. Und was er sagt, wird gemacht.« Sie sah wieder Tolan an. »Tut mir leid, dass es so gekommen ist, aber –«
»Moment mal, warten Sie«, protestierte Tolan aufgebracht. Trotz eines eventuellen Interessenkonflikts konnte er nicht zulassen, dass Jane verlegt wurde. Nicht jetzt. »Mir fällt eine andere Lösung ein. Ein Kompromiss.«
»Nämlich?«
Er dachte fieberhaft nach und war nicht sicher, dass seine Idee funktionieren würde. Doch es war einen Versuch wert. »Das Problem hat nichts mit Baycliff zu tun, sondern mit mir, richtig?«
»Stimmt«, sagte Carmody.
»Wie wäre es, wenn wir sie hierbehielten, und ein anderer Therapeut sich um sie kümmern würde?«
Blackburn schnaubte. »Das führt den Grund, aus dem ich sie hierher gebracht habe, ja wohl ziemlich ad absurdum.«
»Kann ich verstehen«, antwortete Tolan. »Aber ich könnte ja als Berater fungieren. Vorschläge machen, wie man am besten an sie herankommt, ohne mich dem Vorwurf auszusetzen, ich hätte sie manipuliert.«
Blackburn dachte kurz darüber nach. »Seelenklempnerei im Auftrag. Das gefällt mir, Doc. Ich habe Sie lieber teilweise dabei als gar nicht.«
»Und noch etwas«, fuhr Tolan fort, »wenn Jane Zeugin davon war, wie Vincent diesen Mann in seiner Wohnung erstach, hat er es vielleicht auch auf sie abgesehen.«
»Glauben Sie etwa, daran hätten wir nicht auch schon gedacht?«, fragte Carmody.
»Er hat recht«, gab Blackburn zurück. »Wenn wir sie hierlassen, brauchen wir nicht überall gleichzeitig zu sein.«
Carmody beachtete ihn nicht und wandte sich an Tolan. »An wen haben Sie als Vertretung gedacht?«
Tolan dachte nach. Es gab einige hervorragende Ärzte in Baycliff, allein vier auf der Notfallstation. Kessler und Edmunds arbeiteten in Wechselschicht, Simm machte Nachtdienst, und Tolan, als Leiter der Klinik, war der Springer – obwohl er normalerweise die Tagschicht übernahm, wenn die Station voll war.
Sowohl Kessler als auch Edmunds waren kompetent, beide überdurchschnittlich gute Klinikärzte. Doch seit er hier war, hatte sich Simm als die größte Bereicherung für das Team erwiesen. Unermüdlich, engagiert, und mit einem zuverlässigen Instinkt ausgestattet, stand er den besten Therapeuten, die Tolan kannte, in nichts nach.
»Clayton Simm«, sagte er.
»Der Typ, bei dem ich mich entschuldigen soll?«, höhnte Blackburn.
»Er ist einer der Besten, die ich kenne.« Die falsche Heterochromie-Diagnose ließ Tolan unerwähnt. Schließlich war es für alle ein anstrengender Vormittag gewesen, und er hatte nach wie vor absolutes Vertrauen in den Mann. »Und was noch wichtiger ist, er hört auf mich.«
Blackburn nickte und fragte Carmody: »Was hältst du davon?«
»Wenn wir es tatsächlich so machen, finde ich, du solltest es Rossbach beibringen.«
»Kein Problem«, sagte Blackburn. »Wir Arschgeigen sprechen dieselbe Sprache.«
23
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir eine Frage beantworten könnten, Ma'am.«
Die Frau sah von ihrem Papierkram auf, und wartete darauf, dass Solomon weitersprach. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hätte sie wohl lieber irgendwo am Strand in der Sonne gelegen, statt hinter diesem Schalter zu sitzen und sich mit seinen Wünschen zu beschäftigen. So sahen Leute aus, die bei der Kraftfahrzeugbehörde oder beim Sozialamt arbeiteten. Verhärmt und unglücklich. Und völlig erschöpft. Im Laufe seines Lebens hatte Solomon Tausende solcher Gesichter gesehen.
Er probierte es mit seinem freundlichsten Lächeln. »Sie müssen sich wahrscheinlich um jeden kümmern,
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