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Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Titel: Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gregory Browne
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man kennt. So heißt es doch immer, oder?«
    Er verstand nicht genau, was sie meinte.
    »Das singt man beim Himmel-und-Hölle-Spielen. Meine Freundin Tandi und ich haben das immer auf der Straße hinter unserem Block gespielt, wenn unsere Mütter bei der Arbeit waren.«
    »Bei der Arbeit?«
    »Meine Mutter war Prostituierte.«
    Sie sprach es aus, ohne zu zögern, als hätte sie etwas gänzlich Unverfängliches gesagt, wie: »Meine Mutter war Verkäuferin in einem Lebensmittelgeschäft.« Doch ihr Blick war versonnen. Und von einer Traurigkeit, die auf Tolan gleichermaßen herzzerreißend und verführerisch wirkte.
    Er stützte sich auf einen Ellbogen. »Und du hast das Lied über sie geschrieben?«
    Abby nickte.
    »Wie alt warst du damals?«
    »Neun oder zehn, glaube ich. Bei uns gab es keine Geheimnisse. Mir waren nicht alle Einzelheiten klar, aber ich wusste genau, womit meine Mutter ihr Geld verdiente.«
    Tolan konnte nichts sagen.
    »Mit sechzehn dachte ich, ich würde in ihre Fußstapfen treten«, erzählte Abby weiter. »Doch dann hat einer ihrer Kunden seine Kamera dagelassen, die habe ich mir geschnappt und nie wieder aus der Hand gegeben.«
    Tolan sah sie immer noch an und dachte darüber nach, wie er seine nächste Frage formulieren sollte. Ob er sie überhaupt stellen sollte.
    Plötzlich verflüchtigte sich Abbys abwesender Gesichtsausdruck. »Würde es dich stören, wenn die Antwort ›ja‹ wäre?«
    »Worauf?«
    »Auf die Frage, die du nicht zu stellen wagst. Würde es dich stören?«
    Sie war so schön! So … zerbrechlich. Sein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken, dass ein anderer Mann diese zarte Haut berührt, diese vollen Lippen geküsst hatte.
    »Ich wäre nicht begeistert«, sagte er.
    Ihr Blick verschwamm, und sofort bereute er, was er gesagt hatte. Sie war ihm nach wie vor ein Rätsel, doch er empfand es als Privileg, seine Zeit mit ihr verbringen zu dürfen. Mit ihr in einem Bett zu liegen. Und eigentlich war es ihm gleichgültig, was sie in der Vergangenheit getan hatte. Er liebte sie, bedingungslos. Er erkannte, dass er sie vom ersten Augenblick an geliebt hatte, als er ihr Studio betrat, um ein Foto für seinen neuen Buchumschlag machen zu lassen.
    »Nein«, sagte er schnell. »Es würde mich überhaupt nicht stören. Nichts an dir könnte mich jemals stören.«
    Wenn sich das doch nur als wahr erwiesen hätte!
    »Abbys Lied?«, fragte Blackburn. »Wovon zum Teufel reden Sie?«
    Doch Tolan hörte ihn kaum. Der Boden unter seinen Füßen schwankte, er suchte Halt am Computer. All das geschah doch nicht wirklich!
    »Mama got trouble Mama got sin
Mama got bills to pay again .«
    Er hörte Stimmen. So musste es sein. Es war ganz einfach nicht möglich, dass die Frau dieses Lied kannte.
    »Doc, was verdammt noch mal ist hier los?«
    Tolan starrte sie durch die Glasscheibe hindurch an. Plötzlich stürzte er zur Tür.
    »Moment, warten Sie«, sagte Blackburn.
    Tolan beachtete ihn nicht. Er hämmerte den Sicherheitscode ein, riss die Tür auf und stürmte hinein. Ihre Stimme war jetzt deutlicher, nicht mehr durch die Gegensprechanlage verzerrt.
    Der Klang brachte ihn noch mehr aus dem Gleichgewicht.
    »Daddy got money Daddy got cars Mama gonna take him on a trip to Mars.«
    Das war eindeutig Abbys Stimme. Unverkennbar. Der Raum begann zu schwanken. Wie war das möglich? Wie?
    Tolan taumelte auf das Bett zu, wollte sie sich noch einmal ansehen, ihr Gesicht, obwohl er sich sicher war, dass er halluzinierte. Eine Hand griff nach seiner Schulter – Blackburn –, doch er schüttelte sie ab und ging weiter, bis er an der Seite des Bettes stand.
    Jane X hatte ihren Körper umschlungen und bewegte sich leicht vor und zurück, während sie sang.
    »Mama got trouble Mama got sin …«
    Tolan griff nach ihr. Die Worte erstarben auf ihren Lippen, als er sie zwang, sich umzudrehen. Das zerzauste Haar fiel ihr aus dem Gesicht, und wieder blickte er in diese braunen Augen, Abbys Augen, genau wie zuvor. Dieses Mal starrten sie ihn direkt an. Voller Schmerz.
    Doch er sah nicht nur Abbys Augen. Es waren auch ihre Wangenknochen, vielleicht sogar ihre Nase. Dieses Gesicht schien eine Schlacht gegen sich selbst zu führen, als gehöre es zu jemandem, der seine Gestalt wechselte. Die Haut wellte sich, die Knochen verformten sich vor seinen Augen.
    Oh, Scheiße …
    Plötzlich fragte sie leise und anklagend: »Warum, Michael …? Warum?«
    Der Klang seines Namens trieb ihm Tränen in die Augen. Erfüllte ihn

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