Parasit
befreien. Außerdem hätte er dann die Wette gewonnen. Das wären hundert Mäuse für die Katz.
»Die Bilder sind mir egal«, sagte er. »Du kannst sie behalten.«
»Wie großzügig. Ich möchte mal sehen, wie du sie mir wegnehmen willst.«
»Was hast du dann noch für ein Problem? Gib mir den Schlüssel.«
»Vielleicht. Bleib hier, während ich mich anziehe.«
»Sehr komisch.«
Sie ließ ihn, wo er war. Mit Hilfe der Taschenlampe war der Rückweg in die Küche einfach. Ihr Fuß hatte Blutflecke auf dem Linoleum hinterlassen. Sie rümpfte die Nase beim Anblick der Sauerei, in die sie hineingetreten war. Sie benutzte die Wollmütze, um sich das Mehl vom Körper zu wischen.
Ihr Plan hatte hervorragend funktioniert. Sie hatte Roland einen Höllenschreck eingejagt. Er hatte sich vor Angst in die Hose gemacht. Komisch, dass er nicht versucht hatte, das zu vertuschen. Er hatte einfach mit der Taschenlampe dahin gezeigt, damit sie sehen konnte, was passiert war, so als sei das gar nichts. Und er war auch verdammt ruhig gewesen, als sie die Bilder gemacht hatte. Er hatte nicht einmal protestiert, als er die Hose herunterlassen sollte. Nachdem er gesehen hatte, wie ein kopfloser Geist auf ihn zukam, konnte ihn alles andere wohl nicht mehr schrecken. Vielleicht stand er noch unter Schock, oder so.
Wahrscheinlich. Und schließlich hat er auch eine Scheißangst, dass ich wegfahren und ihn hier lassen könnte. Er weiß genau, dass er auf mich angewiesen ist. Ohne den Schlüssel sitzt er hier fest und das weiß er auch.
Dana leuchtete mit der Taschenlampe an sich hinunter. Der größte Teil des Mehls war zwar abgegangen, aber ihre Haut war immer noch weiß angehaucht. Sie würde sofort duschen, sobald sie zu Hause war.
Nachdem sie wieder angezogen war, schob sie sich den Umschlag mit den Bildern in die Gesäßtasche ihrer Jeans, zog sich ihren Poncho über den Kopf und hob Rolands Rucksack wieder auf.
Den offenen Mehlsack ließ sie auf dem Boden stehen. Sie hatte keine Küche in ihrem Wohnheimzimmer, also hatte sie auch keine Verwendung für das Mehl. Sie ließ es, wo es war, und kehrte in die Cocktailbar zurück.
Roland saß immer noch mit ausgestreckten Beinen da, mit dem Rücken zur Bar.
Allem Anschein nach hatte er sich nicht bewegt, während sie weg gewesen war.
»Okay«, sagte Dana. »Ich vermute, du möchtest jetzt gehen.«
Er nickte.
»Ich will deine Pisse nicht auf meinem Autositz.«
»Ich setze mich auf meinen Schlafsack.«
»Ich habe eine bessere Idee. Was hältst du davon, wenn du zurück läufst?«
»Es regnet.«
»Ja, die Dusche wird dir gut tun.«
»Gib mir einfach nur den Schlüssel.«
Dana ging zu dem Tisch hinüber. »Ich wusste, dass du die
Nacht nicht durchstehen würdest«, sagte sie. Der kleine Schlüssel für die Handschellen glitzerte. Sie hob ihn auf. »Obwohl die Handschellen wirklich keine schlechte Idee waren. Du hättest gewonnen, wenn ich dir nicht in die Quere gekommen wäre. Aber jetzt hast du trotzdem verloren. Ich habe immer gewusst, dass du ein Waschlappen bist. So wie es aussieht, hast du das auch gewusst, sonst hättest du dich ja nicht angekettet, oder? Du hast gewusst, dass du nicht genug Mumm hast, um die Nacht hier durchzustehen.«
Sie schraubte den Deckel einer Flasche Wodka ab. Der Schlüssel war klein genug, er passte durch den Flaschenhals. Sie ließ ihn fallen. Es gab ein leises Platschen. Einen Augenblick später klickte der Schlüssel gegen den Boden der Flasche. Sie schraubte den Deckel wieder auf die Flasche und drehte ihn mit all ihrer Kraft zu.
»Tu dir selbst einen Gefallen und trink dich bis zu dem Schlüssel hinunter. Dann ist der Rückweg nicht mehr so anstrengend.«
Dana warf ihm die Flasche in den Schoß.
An der Tür lächelte sie zu ihm zurück: »Prost.«
Die Tür fiel ins Schloss. In der Dunkelheit klemmte sich Roland die Flasche zwischen die Beine und drehte den Verschluss auf. Er rollte sein T-Shirt hoch und goss den Wodka über sich aus, bis der Schlüssel ihm auf den nackten Bauch fiel. Dann warf er die Flasche weg, nahm den Schlüssel und öffnete die Kette an seinem Handgelenk.
Dana ging mit schnellen Schritten durch den Regen und war nur noch ein paar Meter von ihrem Auto entfernt. Mittlerweile sollte Roland es geschafft haben, sich von den Handschellen zu befreien. Aber er würde noch ein paar Sekunden brauchen, bis er seinen Schlafsack zusammengeklaubt hatte. Sie sah sich trotzdem um.
Roland!
Wie er so auf sie zu rannte, mit
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