Parasit
üblichen Witze halten.
Aber er könnte auf dem Weg zum Campus gesehen werden. Die Leute in der Stadt waren nicht mit seiner Vorliebe für Splatter vertraut.
Fluchend warf er das Hemd wieder hin. Er würde sich das Blut vom Körper und aus den Haaren waschen können. Das war nicht das Problem. Aber er brauchte etwas zum Anziehen. Er wusste, dass Jasons Kleidung in noch schlimmerem Zustand war als seine eigene. Nur Celias Kleid wies keine Blutspritzer auf. Alles, nur das nicht, dachte er. Damit fiel er bestimmt auf.
Wenn er auch nur ein bisschen nachgedacht hätte, dann hätte er sich ausgezogen, bevor er Jason aufgeschlitzt hatte.
Er fühlte sich in die Enge getrieben.
Es musste eine Lösung geben. Er musste sie nur finden.
Das Problem: Ich kann hier nicht in blutverschmierten Kleidern verschwinden. Ich kann auch nicht nackt gehen. Und. ich kann nicht Celias Kleid tragen.
Warum ist das ein Problem? Wenn ich so von den falschen Leuten gesehen werden, kann ich eingesperrt werden.
Die Lösung?
Das Offensichtliche! Gar nicht erst gesehen werden. Hier bleiben! Bis, sagen wir mal, drei Uhr morgen früh.
Es könnte jema nd vorbeikommen. So wie der Kerl gestern.
Roland schauderte.
Der Kerl gestern. Der hatte Bescheid gewusst.
Roland war gerade mal zehn Minuten in dem Restaurant gewesen, da hatte er einen Wagen gehört und war zum Fenster gerannt. Aus dem Wagen stieg ein Mann in Stiefeln und Lederkleidung, ein Mann, der eine Machete und eine Pistole im Halfter trug. Dieser Anblick ließ Roland einen eisigen Schauer den Rücken hinunterlaufen. Erinnerungen füllten seine Gedanken, Erinnerungen an andere Männer zu anderen Zeiten, die in schützende Kleidung gehüllt waren und scharfe Waffen trugen: Äxte, Sensen, Säbel, lange Messer. Andere Männer, die Bescheid wussten, so wie der hier.
Verwirrt und erschrocken war Roland zur Hintertür hinaus und hatte sich in der Wiese hinter dem Restaurant versteckt. Verborgen im Unkraut hatte er gewartet, bis seine Panik abflaute. Dann war er durch die Wiese gekrochen, dicht am Boden entlang und hatte sich vorgearbeitet, bis er den Parkplatz sehen konnte.
Wer war der Mann?
Ein Cortez.
Was zur Hölle ist ein Cortez, fragte sich Roland und in seinem Hirn tummelten sich plötzlich Bilder von Blutbädern: Bärtige Soldaten mit Schwertern und Hellebarden, die Indianer unter einem blutroten Himmel abschlachteten. Im Hintergrund ragte eine seltsame Pyramide auf. So schnell, wie die Bilder gekommen waren, verschwanden sie auch wieder.
Der Cortez, dachte Roland. Mein Gott. Er erinnerte sich daran, dass er vor einigen Jahren im National Geographie einen Artikel gelesen hatte. Seine Eltern hatten die Zeitschrift abonniert, und er blätterte die Ausgaben immer durch, auf der Suche nach Bildern von barbusigen Eingeborenenfrauen. Aber dieser Artikel hatte seine Aufmerksamkeit gefesselt und er hatte ihn gelesen. Er handelte von den Azteken, und davon, dass sie nicht nur die Herzen ihrer Gefangenen dem Sonnengott geopfert hatten, sondern dass sie die Krieger, die ihnen in die Hände gefallen waren, auch gegessen hatten. Die größte Delikatesse war das Hirn, und das bekamen immer die Hohepriester.
Der Autor des Artikels hatte die These aufgestellt, dass primitive Kulturen wie die Azteken zu Kannibalen wurden, weil sie Eiweiß benötigten, aber keine Viehzucht betrieben. Roland wusste jetzt, dass er sich geirrt hatte, und grinste. Der Forscher hatte verdammt falsch gelegen. Die Azteken hatten Freunde in ihrem Rücken.
Und Cortez mit seinen Konquistadoren hatte die zu Hackfleisch verarbeitet.
Deswegen war der Kerl, der da mit seiner Machete in das Restaurant gekommen war, ein Cortez. Einer, der Bescheid wusste und deshalb eine Gefahr für die Existenz seines Freundes - und für ihn - darstellte.
Wie er so in dem Feld lag, begriff Roland, warum er diesen Mann so fürchtete. Der Mann verdiente es zu sterben, aber er fühlte keinen Drang, das zu versuchen. Es war besser, in seinem Versteck zu bleiben.
Nachdem der Mann schließlich weggefahren war, ging Roland in das Restaurant zurück. Er stieg die Kellertreppe hinunter. Als er einen schmierigen Fleck auf dem Betonfüßboden unter der Treppe fand, zitterte er vor Wut und Trauer über das, was der Cortez getan hatte.
Ich werde ihn kriegen, dachte er.
Nein, das ist zu gefährlich. Es ist besser, sich von Leuten fern zu halten, die Bescheid wissen. Verlass die Stadt.
Aber nicht mehr heute. Heute musst du wegen Celia bleiben.
Was ist
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