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Parasiten

Parasiten

Titel: Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Nacht schien durch die Fenster und wurde von den
weißen Kacheln rings um den Innenpool widergespiegelt. Strodt umrundete geduckt
die Kopfseite des Pools und zog seine Beretta wieder hervor. Es konnte immer
noch jemand da sein. Aber auch wenn seine professionelle Vorsicht jederzeit
angebracht war, die Stille sprach ihre eigene Sprache. Totenstille. Strodt war
Profi genug, um Totenstille von Geräuschlosigkeit zu unterscheiden. Totenstille
war die Abwesenheit von Geräuschen plus die dröhnende Anwesenheit des Todes. In
Strodts Ohren klopfte sein eigener Blutkreislauf einen warnenden Rhythmus. Dann
sah er es. Auf den weißen Kacheln um den Pool gab es eine breite Schleifspur
aus Blut. Sie führte von der Treppe, die nach oben ging, zu einer Tür auf
Souterrain-Ebene, rechts vom Pool.
    Strodt folgte mit der Waffe im Anschlag der Blutspur. Er öffnete die
Tür, die ihm den Blick auf den weiteren Verlauf der roten Schlieren versperrte.
Die Tür führte in einen kleinen Raum, in dem die Heiz- und Poolanlage
untergebracht war. Auf dem gekachelten Boden lag ein Mann mit einem dicken
Knebel im Mund und heruntergelassener Hose. Sein Genital war abgeschnitten,
Blut schoss in Strömen aus der klaffenden Wunde. Bender lebte noch, er atmete
flach und stoßweise, seine Augen flatterten voller Entsetzen hin und her.
    Strodt nahm sein Telefon heraus, wählte die Notrufnummer, gab
Adresse und Zustand des Opfers durch. Heiko Benders Blut wurde unterdessen
regelrecht aus dem Körper gepumpt und flutete die Kacheln des Heizungsraumes.
Strodt stand inmitten der Lache, kniete sich hinein, riss Bender den Knebel aus
dem Mund. Bender hatte keine Kraft mehr, tief Luft zu holen, er röchelte nur
leise. Strodt versuchte, die beiden großen Beckenschlagadern abzudrücken. Es
war sinnlos. Bender hörte auf zu atmen, sein Blick richtete sich ins Nirgendwo
und brach.
    Irgendwo zwischen Nienstedten und Blankenese in der Nähe
des Mühlenberger Segelclubs stand eine prachtvolle Villa inmitten eines
uneinsehbaren Grundstücks, dessen Garten parkähnlich angelegt war. Der riesige
Rotklinkerkasten war an Ecken und Erkern mit elfenbeinfarbenem Putz versehen,
passend zu den ausladenden Treppenstufen, die zur Beletage hinaufführten. Als
Wieckenberg mit Christian vorfuhr, waren schon acht Luxuslimousinen mit
Hamburger und Schleswig-Holsteiner Kennzeichen auf der Kiesauffahrt geparkt.
    »Wer wohnt hier? Der Veranstalter des heutigen Abends?«, fragte
Christian.
    »Keiner weiß je, wer der Veranstalter ist. Alle bewegen sich wie
Gäste. Hier wohnt niemand. Das Haus steht voll möbliert zum Verkauf. Ein
bekannter Hamburger Immobilienmakler arrangiert derartige Räumlichkeiten für
die Treffen. Manchmal werden die Häuser auch angemietet.«
    »Dafür, dass Sie nur einmal dabei waren, sind Sie sehr gut informiert.«
    Wieckenberg lächelte: »Wissen ist Macht.«
    An der doppelflügeligen Haustür stand ein Bodyguard im schwarzen
Anzug. Er trug ein Headset mit Kopfhörerknopf und Mikro. Wieckenberg reichte
ihm seine Einladung und sagte das Kennwort, das ihm noch am Nachmittag per SMS
zugeschickt worden war: »Cello.«
    »Die Einladung gilt nur für eine Person.« Der Sicherheitsmann sprach
mit einem leichten Akzent, den Christian nicht einordnen konnte. Per Headset
nahm er Kontakt ins Innere des Hauses auf. Kurz darauf kam ein Mann Anfang
fünfzig heraus. Er begrüßte Wieckenberg erfreut. Die beiden flüsterten kurz,
dann nickte der Mann dem Sicherheitsbeamten zu, und Christian wurde eingelassen.
    Das Foyer beeindruckte mit prachtvollem Stuck und rosafarben
geädertem Marmor, der nicht nur den Boden bedeckte, sondern auch bis auf
Hüfthöhe an den Wänden verlegt worden war. Vom Foyer aus gingen mehrere Türen
ab, die alle geöffnet waren, zudem eine geschwungene Treppe, die nach oben
führte. Der Mann, der ihnen Einlass gewährt hatte, führte sie zu einem Salon,
in dem sich neun Männer aufhielten und bei Champagner und Kanapees plauderten.
Die Gourmet-Häppchen wurden von attraktiven Frauen in äußerst knapp sitzenden
Dienstmädchen-Uniformen verteilt. Eine andere Frau stöckelte oben ohne mit
einem Bauchladen herum und verteilte Zigaretten, Zigarillos und Zigarren. Die
Männer waren alle gut über vierzig, trugen ausnahmslos teure Anzüge, teure
Schuhe und teure Uhren. Christian spürte sofort seine reflexhafte Antipathie
gegen alles selbsternannt Elitäre. Wieckenberg stellte ihn als einen guten
Bekannten aus Berlin vor, der als Lobbyist tätig sei. Namen

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