Parasiten
und Daniel daddelt den
ganzen Tag wortlos an seinem Computer rum.«
»Und du? Was machst du?«, fragte Anna mit vollem Mund.
»Ich brate Eier und Kartoffeln. Mehr fällt mir gerade nicht ein.«
»Kein Wunder, dass du mies gelaunt bist. Aber das Rührei ist super.«
Eine Weile aßen sie schweigend. Schließlich forderte Anna Christian
auf, mit der Sprache herauszurücken. Sie wusste, dass der Fall ihn unaufhörlich
beschäftigte.
»Es gibt so viele verschiedene Versionen. Das macht es schwierig,
die Richtung der Ermittlungsarbeit festzulegen«, begann er. »Auf den ersten
Blick würde ich vermuten, dass der Mord an Henning Petersen etwas mit seinem
beruflichen Umfeld zu tun hat. Er ist Journalist, allerdings noch in der
Ausbildung und nicht mit brandheißen Themen beschäftigt. Das spricht gegen
diese These.«
»Aber sein Zimmer wurde durchwühlt«, merkte Anna an.
»Und sein Handy wie auch der Laptop sind verschwunden.«
»Das zeigt doch, dass jemand was gesucht hat!«
»Muss aber nichts mit seinem Beruf zu tun haben. Wir haben seinen
Kollegen und Mentor, diesen Ramsauer, in Österreich aufgetrieben. Ramsauer ist
auf einer Alm bei seinen Eltern, irgendwo tief in der Steiermark verklappt. Wir
mussten einen österreichischen Kollegen bitten, dort hinzufahren und ihm zu
sagen, dass er uns zurückrufen soll. Hat er getan. Er war erschüttert über Petersens
Tod, glaubt aber nicht, dass der Mord einen journalistischen Hintergrund hat.
Petersen hätte ihm erzählt, wenn er eine Story roch. Da war nichts.«
»Was, glaubst du, hat Danylo Savchenko damit zu tun?«
»Wenn ich das wüsste, wäre ich ein gutes Stück weiter.« Christian
wirkte verärgert. »Auch hier zu viele Möglichkeiten. Vielleicht ist er der
Mörder und deswegen untergetaucht.«
»Aber du hast gesagt, es sah nach Profi-Arbeit aus. Das kann ich mir
bei Savchenko einfach nicht vorstellen. Er wirkt so … sensibel und kultiviert.«
»Und Hitler hatte einen Schäferhund, also war er tierlieb.«
Anna schüttelte den Kopf über Christians Argument.
Christian fuhr fort: »Ich glaube nicht, dass er der Mörder ist, aber
ich kann es auch nicht außer Betracht lassen. Gerade weil er verschwunden ist.
Und sich auch im ›Crazy Horst‹ sehr auffällig verhalten hat.«
»Und wenn er ebenfalls umgebracht wurde, nur ihr habt die Leiche
noch nicht gefunden?«
»Auch eine Möglichkeit. Die nächste wäre, dass er weiß, warum
Petersen dran glauben musste, und sich deswegen versteckt. Eine andere
Möglichkeit ist, dass er mit all dem nichts zu tun hat, nicht mal weiß, dass
sein Lover tot ist und sich irgendwo auf der Welt die Eier schaukelt oder den
Wanst in die Sonne hält.«
»Dagegen spricht aber doch, dass er Sofia Suworow bei dem Konzert
hat hängen lassen.«
»Genau das meine ich. Zu viele Möglichkeiten. Und bei jeder Version
spricht einiges dafür und anderes dagegen.«
Es klingelte. Christian erhob sich und kam mit Daniel zurück in die
Küche. Wie immer trug Daniel seinen Laptop unterm Arm. »Hmm … Rührei. Habt ihr
noch was?«
Christian schob ihm seinen noch fast vollen Teller hin, Anna gab
Daniel frisches Besteck dazu. Daniel band sich seinen langen, dunklen
Pferdeschwanz neu, wie er es immer vor dem Essen zu tun pflegte, und fing an zu
futtern.
»Hast du das Essen bis in die Schanze gerochen, oder wieso bist du
hier?«, wollte Christian wissen.
»Um dir eine Freude zu machen, Chefe! Du hast dich doch heute so
aufgeregt, weil Karen ihren abschließenden Bericht noch nicht vorgelegt hat …«
»Ein Wunder, dass du überhaupt was mitkriegst«, murmelte Christian.
»Karen hatte ein Problem. Sie hat was gefunden, was unmöglich war.
Deswegen hat sie es noch mal überprüfen lassen. Das gleiche Ergebnis. Immer
noch unmöglich. Bis sie Daniel davon erzählt und Daniel mal kurz um die Ecke
denkt.«
»Kann Daniel uns an seinen Gedanken teilhaben lassen?« Christian
fragte sich häufig, warum die Gespräche mit seinen Kollegen stets Frage- und
Antwortspielen glichen. Eine Berufskrankheit? Oder die allseits verbreitete
Vorliebe für Quiz-Sendungen?
Daniel wischte sich den Mund ab. Er hatte den Teller in Windeseile
geleert. »Die Spusi war ja recht verzweifelt wegen der verwirrenden Spurenlage
in Henning Petersens Zimmer. Irre viele Fingerabdrücke, Haare und sonst was.
Typische Studi-Bude. Tausend Partys und keine Putzfrau.«
»Sie haben nichts gefunden, was man eindeutig dem Täter zuordnen
könnte«, stimmte Christian zu.
»Karen schon.
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