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Parasiten

Parasiten

Titel: Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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zu sein. Sie
rief die Polizei an, die eintraf, ehe Beatrix’ Angreifer sich auch nur einmal
gerührt hatte.

 
    10. April 2010
Hamburg.
    Christian fühlte sich unnütz. Ein elendes Gefühl. Zigmal
hatte er versucht, Sofia Suworow telefonisch zu erreichen. Nachdem ihm dies
nicht gelungen war, hatte er sich auf den Weg nach Bremen gemacht, um noch
einmal mit ihr persönlich zu reden. Vergeblich. Die Nachbarin wusste zu
berichten, dass die Suworow wegen dringender Familienangelegenheiten
kurzfristig nach Moldawien abgereist war.
    Nun befand er sich wieder auf dem Rückweg, kurz vor Hamburg. Sein
Samstag war gelaufen. Anna war ohne ihn an die Nordsee gefahren, er würde den
Nachmittag in der schäbigen Zentrale zwischen massenweise Akten der
Spurensicherung, endlosen Befragungs-Protokollen und Tatortfotos an der
Pinnwand verbringen.
    Als er dort ankam, lüftete er erst einmal und regte sich darüber
auf, dass kein Kaffee mehr da war. Im Konferenzraum nicht zu rauchen und als
letzter Verbraucher für neuen Kaffee zu sorgen, waren ungeschriebene Gesetze
der Soko. Und wo, bitteschön, würde man hinkommen, wenn nicht einmal Polizisten
imstande waren, ganz einfache Gesetze zu befolgen? Als mitten in Christians
Wutanfall hinein Daniel anrief, kam er ihm gerade recht für diesen kleinen
Vortrag.
    Daniel hörte sich Christians Sermon eine Zeit lang schweigend an.
Dann sagte er: »Ich bin kein Polizist.«
    Überrascht von der Schlichtheit dieses Gegenarguments, verschlug es
Christian kurz die Sprache.
    Daniel nutzte die Pause, um seinen Text loszuwerden. Er hatte gemäß
Christians schon auf der Autobahn telefonisch erteiltem Auftrag die Abflüge der
ab Bremen infrage kommenden Flughäfen gecheckt und konnte bestätigen, dass
Sofia Suworow am gestrigen Mittag über Wien nach Chişinău geflogen war. Als Christian wieder zu
fluchen begann, wünschte Daniel knapp ein schönes Wochenende und legte einfach
auf. Obwohl er wusste, wie sinnlos es war, durchwühlte Christian noch einmal
den schrottigen Küchenschrank in ihrer schrottigen Küche nach Kaffee. Kaffee
war das Einzige, was ihn jetzt beruhigen konnte. Als er gerade die Tür des
Oberschranks so fest zuwarf, dass sie aus der Angel gehoben wurde und nun halb
herunterhing, klingelte sein Handy erneut. Es war der Portier des
Polizeipräsidiums: »Moin, Beyer, hier ist Walter Franke, vor mir steht ein
Maxym Savchenko, der will zu dir. Wo bist’n?«
    »Tach auch. Bin in unserer Schrott-Zentrale. Lass den Kerl vom
Fahrdienst zu mir bringen, der darf nicht verloren gehen! Und gib ihm ’ne
Packung Kaffee aus eurer Küche mit, das ist ’ne Dienstanweisung, klar?!«
    »Geht klar. Ich klau den guten vom Oberboss.«
    »Danke, Franke.«
    Maxym Savchenko war ein gut aussehender Mann mit drahtiger
Figur und einem kantigen Gesicht. Er mochte an die siebzig sein, wirkte aber
vital und kräftig. Und er hatte Kaffee dabei. Christian begrüßte ihn so
freundlich es ihm möglich war, verfrachtete ihn in den Konferenzraum und bat
ihn zu warten, bis der Kaffee fertig wäre. Zehn Sekunden später war Savchenko
auch in der Küche: »Wieso sind Sie hier in diesem Drecksloch und nicht in dem modernen
Präsidium, in dem ich gerade war?«
    »Wieso melden Sie sich erst jetzt bei uns, wo wir schon zigmal auf
Ihren Anrufbeantworter gesprochen haben? Und wieso rufen Sie nicht einfach
zurück, sondern laufen hier auf und überfüllen meine Küche?«
    Savchenko nahm zwei Tassen aus dem Oberschrank mit der
herabhängenden Tür. »Ich höre diese blöde Maschine oft tagelang nicht ab.
Meistens sind es eh Idioten vom Sender oder irgendwelchen Produktionen, mit
denen kein normaler Mensch reden will.«
    »Sie komponieren Musik fürs Fernsehen, soweit wir informiert sind?«
    »Damit ich was zum Fressen habe. Brauchen wir Milch und Zucker?«
    »Ich nicht.«
    Savchenko nahm die beiden Tassen, ging vor zum Konferenzzimmer,
stellte die Tassen ab und positionierte sich vor der Pinnwand. Er benahm sich,
als sei er der Herr im Haus. Scheinbar unbeeindruckt zeigte er auf die Fotos
von Petersens Leiche. »Hat mein Sohn was damit zu tun? Oder weshalb suchen Sie
ihn?«
    Christian schenkte Kaffee ein und setzte sich. »Ihr Sohn kannte das
Opfer gut. Wir suchen ihn als wichtigen Zeugen. Hat er sich bei Ihnen
gemeldet?«
    Savchenko verneinte: »Seit etwa anderthalb Jahren nicht. Wir haben
uns kaum etwas zu sagen.«
    »Haben Sie eine Idee, wo er sich aufhalten könnte?«
    »Keineswegs. Er könnte überall sein. Danylo schließt

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