Parasiten
tat.
Christian wunderte sich trotz seiner Gereiztheit über Savchenko.
Machte der sich überhaupt keine Sorgen um seinen Sohn? Oder hatte er nur eine
sehr eigenwillige Art, das zum Ausdruck zu bringen? Christian tippte mit dem
Finger auf die notierte Nummer: »Wen wollten Sie anrufen?«
»Sofias Eltern in Chişinău.
Wir kennen uns schon lange. Danylo hat manche Sommerferien mit Sofia in
Moldawien verbracht. Wenn einer weiß, wo Danylo steckt und was los ist, dann
Sofia.«
»Wir haben es auch schon mehrfach versucht. Mal gab es keine
Verbindung, mal ist niemand rangegangen.«
»Das Festnetz in Moldawien bricht gelegentlich zusammen. Ich habe
hier die Nummer von dem Kiosk, den Sofias Eltern bewirtschaften. Im Übrigen
sprechen die beiden nur rumänisch und russisch.«
»Sie werden es sich kaum vorstellen können, Herr Savchenko, aber es
gibt in Hamburg Menschen, die auch russisch reden. Sogar rumänisch! Aber wir
sollten uns nicht mit gegenseitigen Belehrungen aufhalten. Rufen Sie an. Und
stellen Sie auf Lautsprecher.«
Savchenko hob verwundert die Augenbrauen: »Sie sprechen russisch?
Gar rumänisch?«
Christian tippte auf ein Aufnahmegerät. Er würde das Gespräch
aufnehmen und übersetzen lassen, denn er war gespannt, welche Informationen die
Suworows einem alten Bekannten preisgaben. Sicher bedeutend interessantere als
der deutschen Polizei.
Savchenko schaltete den Lautsprecher ein und wählte. Er ließ es
lange klingeln, versuchte auch noch die Privatnummer und Sofias Handy. Niemand
ging ran. Dafür klingelte Christians Handy. Es war Karen. Sie bat ihn dringend
ins Rechtsmedizinische Institut.
Christian empfahl Savchenko ein günstiges Hotel in der Nähe. Er
würde ihn dort später aufsuchen, dann konnten sie weiterreden.
Christian nahm mit seinen langen Beinen jeweils zwei
Stufen ins Untergeschoss der Rechtsmedizin. Wie erwartet war Karen im
Obduktionsraum. Pete stand mit ihr vor einer jungen männlichen Leiche, die eine
hässliche Kopfverletzung aufwies.
»Hey, Chris. Schau dir den Kerl mal genau an. Kommt er dir irgendwie
bekannt vor?«, fragte Karen. Sie sah wie immer umwerfend aus. Karen hätte
selbst mit ihren blutgetränkten Handschuhen Werbung für Luxusseife machen
können.
Christian besah sich die Leiche. »Nie gesehen.«
»Stimmt. Aber fällt dir eine gewisse Ähnlichkeit …«
»Was soll denn dieser bescheuerte Hang zum Rätselraten, das geht mir
derart auf den Wecker! Ich hasse Quiz-Shows!« Christians Bedarf an blöden
Gesprächen war für heute gedeckt.
»Ich habe den Kerl gar nicht selbst auf den Tisch bekommen, sondern
ein Kollege. Irgendwie kam er mir im Vorbeigehen so bekannt vor …«
»Schön für dich. Hast du ihn mal gevögelt?«, sagte Christian.
Karen lachte. »Den nicht. Er ist ein böser Junge. Er hat letzte
Nacht einer jungen Frau mit einem Hammer beide Oberschenkel zertrümmert.«
»Scheiße. Lebt sie?«
Karen nickte. »Noch besser. Sie hat zurückgeschlagen. Nun liegt die
Matschbirne hier und sieht trotz der Beule immer noch aus wie sein Bruder
Fjodor.«
Christian wollte es nicht fassen. Er beugte sich über die Leiche und
besah sie genauer. Karen hatte recht. Der Typ ähnelte Fjodor Mnatsakanov sehr.
»Du bist sicher?«
»Ich habe einen DNA-Schnelltest gemacht. Kein Zweifel. Das hier ist
Antoschka Mnatsakanov.«
»Gesucht in Schweden, Norwegen, Österreich, Frankreich, Spanien,
Portugal«, ergänzte Pete grinsend.
»Und uns fällt er einfach so auf den Tisch«, sagte Christian.
»Leider tot. Ich hätte ihn zu gern gefragt, was er von Henning Petersen wollte.
Und in wessen Auftrag. Mist.« Christian wandte sich an Pete. »Wer ist die Frau,
die er mit dem Hammer bearbeitet hat?«
»Beatrix Hutter. Die Krankenschwester, die gegen den Baltenboss
Andres Puri ausgesagt hat. Das Ganze sieht verdammt nach einer Strafaktion
aus.«
»Dann fragt sich jetzt nur, ob unser kleiner Anton auch in Puris
Auftrag bei Henning Petersen war. Vielleicht sollten wir dem alten Balten mal
einen Besuch abstatten. Ich gehe mit Volker zu Puri. Du befragst diese
Krankenschwester. Respekt vor der Frau, wirklich!«
Christian rief sofort bei Volker an, seinem Spezialisten für Befragungen.
Der war gerade mit buddhistischen Demutsübungen beschäftigt, Niederwerfungen,
die er teils so engagiert ausführte, dass er sich schon einmal diverse Rippen dabei
angeknackst hatte.
»Würdest du bitte die Befragung Puris als Demutsübung vor dem
Gesetz, dem Bürger, dem Staat und vor mir
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