Parasiten
schnell
Freundschaften und beendet sie genauso schnell wieder. In seinem Leben gibt es
keine Konstante außer der Musik.«
»Warum sind Sie hergekommen, statt einfach zurückzurufen?«
»Ihre Leute haben sieben Mal bei mir angerufen. Es klang dringend.
Danylo ist mein Sohn. Und Berlin ist nicht weit.« Savchenko zeigte auf die
Fotos. »War der junge Mann ein Liebhaber meines Sohnes?«
Christian nickte.
»Und Danylo ist seit dem Mord verschwunden?«
Christian nickte wieder. Anscheinend konnte er die Gesprächsführung
erst mal getrost Herrn Savchenko überlassen. Manche Menschen redeten mehr, wenn
man sie nichts fragte.
»Danylo ist nicht der Mörder, falls Sie das in Erwägung ziehen
sollten«, behauptete Maxym Savchenko.
»Wie können Sie da so sicher sein?«
»Danylo rettet sogar eine ertrinkende Fliege aus einem Tümpel. Er
ist ein Weichei.«
»Sie haben keine allzu hohe Meinung von Ihrem Sohn.«
»Oh doch, das habe ich. Er ist ein verdammt guter Pianist, besser,
als ich es jemals war. Aber zu einer Weltkarriere gehört mehr, viel mehr. Man
muss sich durchsetzen können, psychisch und physisch stabil sein, egoistisch
und rücksichtslos. Die Konkurrenz ist unglaublich groß und der Markt ohne
Gnade. Wer das Tempo nicht mitgehen kann, wer einen einzigen Fehler macht, ist
weg vom Fenster. Dann bleibt einem nur noch die Lehrtätigkeit.«
»So wie Ihnen an der Musikschule Moskau?«
Savchenko ließ sich keinerlei Regung anmerken. »Bedauerlicherweise
musste ich meine Ambitionen als Konzertpianist aufgrund eines angeborenen
Herzklappenfehlers aufgeben.«
»Einen Tag nach dem Tod des jungen Mannes hier an der Pinnwand ist
Ihr Sohn nicht zu einem Konzert mit Sofia Suworow erschienen.«
Endlich merkte Savchenko auf. »Das überrascht mich. Danylo weiß nur
zu gut, das ist einer der Fehler, die man niemals machen sollte. Weiß Sofia
nicht, wo er steckt? Die beiden sind wie Geschwister.«
»Wir haben kurz mit Frau Suworow gesprochen. Sie war stinksauer auf
Ihren Sohn, hat keine Ahnung und will es auch nicht wissen. Sie sagte uns, dass
sie mit Danylo endgültig fertig wäre.«
Savchenko sah Christian fast mitleidig an. »Dann hat sie gelogen.
Niemals würde Sofia Dany fallen lassen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie
ihn insgeheim liebt. Was für eine Verschwendung! Aber auch wenn ich mich irre
und keine Leidenschaft zwischen Mann und Frau im Spiel ist: Sofia steht zu
Dany. Immer. Als Kinder haben die beiden Blutsbrüderschaft geschlossen. Seitdem
sind sie ein Herz und eine Seele. Wobei Danylo das weiche Herz ist und Sofia
die wissende Seele.«
Christian wusste nicht genau, was Savchenko damit sagen wollte.
Er bekam keine Gelegenheit nachzufragen, denn Savchenko nahm sein
Handy heraus. »Ich werde mit Sofia reden.«
»Das dürfte Ihnen schwerfallen. Frau Suworow ist gestern nach
Moldawien abgereist und geht genau wie Sie und Ihr Sohn nicht an ihr Handy. Ist
das eigentlich so eine Künstlermarotte? Sich rar machen steigert den
Marktwert?«
Tatsächlich musste Savchenko sein Handy erst einschalten. Er rief
jemanden an, sprach russisch, nahm sich einen auf dem Tisch herumliegenden
Stift und notierte eine lange Nummer auf dem Deckel eines der Aktenordner. Von
dem Gespräch verstand Christian nichts außer den Namen Sofia Suworow. Savchenko
hielt es offensichtlich nicht für nötig, Christian über seine spontanen
Schritte zu informieren. Christian war von der Selbstverständlichkeit des Herrn
Savchenko ein wenig beeindruckt und sehr genervt. Es wurde Zeit, seine eigene
natürliche Autorität zu unterstreichen, statt der des Gegenübers zu
applaudieren. Christian nahm Savchenko kurzerhand das Handy weg, als dieser die
Nummer wählte, die er auf dem polizeieigenen Aktendeckel vermerkt hatte.
»Wären Sie so zuvorkommend und würden mich in Ihre Überlegungen mit
einbeziehen?«, fragte Christian so freundlich, dass jeder der ihn kannte, in
Alarmbereitschaft versetzt wurde.
Savchenko kannte ihn nicht.
»Was fällt Ihnen ein, mir mein Telefon aus der Hand zu reißen?«
Christian lehnte sich in seinem Stuhl zurück, nahm ruhig einen
Schluck Kaffee und fixierte Savchenko. »Wir wollen jetzt mal ein paar Dinge
klarstellen: Dies hier ist mein Fall und mein Büro. Ich gehe voraus. Ich biete Platz an. Ich stelle
die Fragen. Und ich entscheide, welche Schritte von
wem und in welcher Reihenfolge unternommen werden!«
Savchenko hob beide Hände mit einer Geste, die entschuldigend wirken
sollte, es aber nicht
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