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Parasiten

Parasiten

Titel: Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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welcher Hingabe Anna ihr Brot belegte. Die Sonne schien hinter
ihrem Rücken in das Küchenfenster, sodass um Annas dunkelbraunes Haar, das sie
wie fast immer zu einem Knoten hochgezwirbelt hatte, ein heller Kranz flimmerte.
    »In dem Licht siehst du fast aus wie Mona Lisa«, sagte er.
    »Du meine Güte, hast du schon was getrunken? Oder musst du mir was
gestehen?«
    Christian lachte. »Weder noch. Schätze, die Mortadella macht mich
poetisch.«
    Anna nahm ihm sofort die Mortadella weg. »Her damit, bevor du völlig
unglaubwürdig wirst!«
    Sie kabbelten noch eine Weile. Christian war so entspannt wie schon
lange nicht mehr. Als er mehr als gesättigt seinen Teller zurückschob und
aufstand, um zwei Espressi zu kochen, fragte Anna: »Gibt’s was Neues von den
Suworow-Schwestern? Oder von Savchenko?«
    »Leider nein. Zumindest nicht, was den Aufenthaltsort betrifft. Aber
Daniel hat einiges über Savchenko herausgefunden. Er nennt ihn jetzt übrigens
nur noch ›meinen Namensvetter‹ weil ihm bei der Recherche aufgegangen ist, dass
Danylo wohl das Gleiche ist wie Daniel.«
    »Was hat unser Schnellmerker denn herausgefunden?« Anna begann den
Tisch abzudecken. Christian drückte sie sanft in ihren Stuhl zurück. Das war heute
sein Job.
    »Savchenko ist schon zwei Mal im Krankenhaus gelandet, weil man ihn
heftig zusammengeschlagen hat. Einmal in Berlin mit einer angeknacksten Rippe,
einmal in Kopenhagen mit einem Unterkieferbruch. Beide Male steht in den
polizeilichen Protokollen, er sei von Unbekannten in der Nacht überfallen und
ausgeraubt worden.«
    »Klingt so, als würdest du das nicht glauben.«
    Christian zuckte mit den Schultern: »Ich habe seinen Vater Maxym
nach dem Vorfall in Berlin gefragt. Er meinte, Danylo habe sich vermutlich wie
so oft in zwielichtige Gesellschaft begeben und dort eine dicke Lippe riskiert.
Seiner Meinung nach haftet seinem Sohn etwas Selbstzerstörerisches an.«
    »Das sagt man über viele Künstler. Das ist wohl die Schattenseite zu
einer großen Gabe.«
    Christian stellte die Espressi auf den leer geräumten Tisch und
setzte sich wieder zu Anna. »Mag sein. Jedenfalls tritt er eher als Opfer, denn
als Täter in Erscheinung. Maxym hält seinen Sohn für ein lebensunfähiges
Weichei.«
    »Was für ein Arschloch!«, protestierte Anna.
    »Wieso? Kann doch stimmen.«
    »Und wenn! Du solltest ihn mal spielen hören! Das ist … wie nicht
von dieser Welt, glaub mir. Egal, was er spielt, ob ein klassisches oder
modernes Programm … Er klingt immer …«, Anna suchte nach den richtigen Worten,
»… einschneidend. Er spielt so schön, dass es wehtut. Ich kann es nicht anders
sagen.«
    »Du weißt, dass ich nichts davon verstehe. Jedenfalls passieren im
Leben und im Umfeld von Danylo Savchenko durchaus ungewöhnliche Dinge. Einer
seiner Schüler hat sich vor einigen Monaten umgebracht. Er war erst fünfzehn
Jahre alt.«
    »Wisst ihr Genaueres?«
    Christian verneinte: »Es war ein Russe aus Nowosibirsk. Igor Pronin.
Er hat letztes Frühjahr in Hamburg für zwei Monate eine Meisterklasse bei
Savchenko besucht und auch ein paar Konzerte hier und in der Umgebung gespielt.
Dann ging er wieder nach Russland. Im November kam er nach Norddeutschland
zurück. Er sollte Aufnahmen für eine CD machen. Aber er ist schon vorher vom
Dach seines Hotels in Flensburg gesprungen.«
    »Wie schrecklich! Diese Wunderkinder stehen permanent unter einem
immensen Leistungs- und Konkurrenzdruck. Zudem sind sie meistens sensibler als
andere Kinder. Weiß man, warum er sich umgebracht hat?«
    »Das werden wir wohl nie erfahren. Für mich ist im Moment nur
wichtig, dass Savchenko als Täter beim Fall Henning Petersen ausgeschlossen
ist. Trotzdem will ich ihn unbedingt finden und sprechen. Auch wegen Sofia
Suworow! Die ganze Sache ist nicht sauber geklärt. Für mich ist sie überhaupt
nicht geklärt! Und ich kann absolut nicht begreifen, warum unser Herr
Oberstaatsanwalt mir befiehlt, die Akte Petersen zu schließen! Das stinkt mir
gewaltig!«
    Anna versuchte, Christians Aufmerksamkeit wieder auf die Fakten zu
lenken: »Glaubst du, es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Verschwinden der
Suworow-Frauen und dem Mord?«
    »Es erscheint zu weit hergeholt. Aber mein Gefühl sagt Ja. Deswegen
habe ich für heute Nachmittag Jost Paulsen von der Abteilung für Organisierte
Kriminalität zu einem Kaffee zu uns eingeladen. Volker und Pete kommen auch.
Herd kann nicht, der hat Kindergeburtstag zu Hause. Jost ist ein alter

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