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Paravion

Paravion

Titel: Paravion
Autoren: bouazza
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ließ den Kopf baumeln, fing sich jedoch, bevor Cheira und Heira aufspringen konnten, um sie aufzufangen, wieder und lachte mit kokettem Achselzucken laut auf. Die beiden machten sich große Sorgen. Mamurras Stirn war von einem Sommer voller Sprossen geküßt worden, ein Ton heller in der Farbe als ihre Brustwarzen und vom Schweiß benebelt.
    Die Haken ihres Büstenhalters waren abgesprengt, weshalb sie ihren Busen jetzt in ein altmodisches Brusttuch gewickelt trug, das nicht bequem zu sein schien, denn sie zupfte fortwährend daran. Schwangere Frauen können bekanntlich nie die Finger von ihren Papusen lassen. Ihr Duft spielte einen Tick ins Zitronen- und Anishafte, ein opalner Geruch aus den Schattenreichen der Achseln und zusammengepreßten Brüste.
    Sie mochte diesen Geruch und inhalierte tief ihr eigenes Parfüm. Auch Cheira und Heira sogen Mamurra tief in sich ein, winkten mit ihren gehöhlten Händen, und hätten sie sie mit ihren im Kneten und Kneifen so geübten Fingern auspressen und als Saft trinken können, sie hätten es getan (das gilt auch für Sie, meine Herren). Mit eingefallenen Mündern küßten sie Mamurras blühende Unterlippe, die voll war und leicht herabhing, mit einer Kerbe in der Mitte, ein rotes Lilienblatt.
    Das Essen war fertig. Mamurra zog sich weder um noch schminkte sie sich. Baba Baluk war weg, sie hatte es endlich begriffen. Nach ihrem Verschwinden veränderte sie sich. Sie wurde ruhig. Auch fragte sie nicht mehr, wann er ihr wohl endlich schreibe.
    Die Geburt von Töchtern feierten die Mütter nicht.
    Der karmesinfarbene Sonnenuntergang vollzog sich wolkenlos und verlassen, verlassen deshalb, weil auf den Hügeln die Silhouetten der Männer fehlten, die sich vor dem Abendessen die Beine vertraten, um die Trägheit aus den Gliedern zu vertreiben und den Appetit anzuregen; früher zog dort stets diese kleine schwarze Prozession, die zerfiel und sich wieder zusammenfand, mit den Bäumen verschmolz und sich von diesen wieder löste. Jetzt tobten Kinder auf den Hügeln herum, hüpften wie Spatzen, kletterten auf Bäume. Zum ersten Mal seit langer Zeit verspürten die Frauen, die vor den Häusern standen, um die Sprößlinge ins Haus zu rufen, so etwas wie Wehmut und Nostalgie. Ein Gefühl der Verlassenheit erfüllte die Luft und ihre Herzen. Alles schien so traurig zu sein, der Tod war mehr als dereinst die einzige Gewißheit, das Leben werde nur gelebt, um neues Leben hervorzubringen, und dieses neue Leben, das so leise atmend schlief in ihren warmen Armen, unterschied sich in nichts vom Frieden des Todes, nur war der Tod nicht so süßduftend, wenn auch für ihre Körper nicht minder verwelkend. Das Zirpen der Grillen ließ sie vor Wehmut zusammenschaudern. Wären die Augen vom vielen Weinen der ersten Ehejahre nicht vertrocknet gewesen, hätten sie jetzt geweint. Vor langer Zeit waren sie heilige Mütter gewesen, jetzt lagen Kindheit und Jugend in ihren verdorrten Leibern begraben: Mamas und Mumien gleichzeitig. Nur der Biest, die Vormilch ihrer Brüste, war jung.
    Sie seufzten und riefen, lauter jetzt, die Buben nochmals, sie sollten zum Essen kommen. In der Stille, die danach einsetzte, verschwanden sie in den Häusern. Wie Läuse sprangen Schemen aus den Bäumen und stürmten die Abhänge hinab.
    Vor den Resten des Lichts flammten die Streichholzgestalten der kleinen Teufel im Goldstaub auf, den sie aufwirbelten. Als sie atemlos die Haustüren erreichten, war die Nacht bereits hereingebrochen.
    Mamurra war eine himmlische Köchin, und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie kochte mit Vorliebe Geflügel.
    Nicht das Geflügel, welches Sterbliche zu verzehren pflegen, sondern Vögel wie Stare, Amseln, Finken und manchmal sogar Nachtigallen. Ihre Erfindungsgabe in der Zubereitung war grenzenlos und variantenreich, auch wenn sie vom Fang abhängig war. Wäre sie je in den Besitz eines Kranichs oder eines Phönix gekommen, so hätte sie auch an diesen ihre Kochkünste erprobt. Baba Baluk, der Mamurras feine Küche anfangs gar nicht mochte, wurde mit der Zeit zum wohlgenährtesten Mann der Gegend. Die Vögel fingen Cheira und Heira für sie, der Baum hinter ihrem Haus war eine Taverne für das unterschiedlichste Federvieh, vor allem Spatzen flatterten höchst anmutig torkelnd draus hervor, besoffen vom eigenen Gezwitscher. Vogelleim oder Fallen waren unnötig; die Tiere fraßen den beiden buchstäblich aus der Hand.
    Amseln und Stare füllte Mamurra mit Rosinen und Nüssen und
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