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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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für Übertreibung gehalten hatte, bis ich es in diesem Augenblick selbst verspürte.
    Wieder drückte Miroul stumm meinen Arm, und diesmal gab ich ihm nach, gemeinsam traten wir so verstörten Geistes den Rückzug an, daß es nun nicht geräuschlos abging. Doch, Gott sei Dank, wurde die Wachsamkeit der Schandtäter abgelenkt durch ihr knisterndes Feuer.
    Bevor wir unsere Leute erreichten, bat mich Miroul, ein wenig innezuhalten. Und schon sah ich im hellen Mondschein, wie er sich an einem Grabstein bückte und unter Krämpfen erbrach. Zum Glück trug ich ein Fläschchen Branntwein in der Tasche, das ich im Kampf immer bei mir habe, nahm einen Schluck daraus und reichte es Miroul. Worauf mein armer Miroul sich die Wangen rieb, vielleicht, um seine Blässe zu vertreiben, wollte er doch nicht so kalkweiß vor den Arkebusieren erscheinen, die ihm unterstanden.
    Sowie ich anlangte, schloß sich schweigend der Kreis unserer Leute um mich, die, wenn das möglich war, noch tiefer schwiegen, als sie mich angehört hatten. Dieses entsetzte Schweigen aber löste meine Betäubung, und ich sagte zu Tronson, nachdem |316| Doña Claras Sohn beerdigt sei, stehe es ihm frei, mit seinen Gesellen zu gehen. Was mich anlange, so sei ich entschlossen, einem Greuel, wie ich ihn dort gesehen, ein Ende zu setzen, und sei es durch den Tod der Beteiligten.
    »Monsieur«, versetzte Tronson, »es sind ihrer sechs, wie Ihr sagt, und Ihr seid nur vier. Ich komme mit. Euch, meine Gesellen, will ich dazu nicht zwingen. Bleibt hier, wenn ihr euch nicht traut.«
    Doch alle sagten, sie kämen auch mit, wahrscheinlich, weil es sie ebenso schauerlich dünkte, allein zurückzubleiben wie vor den anderen als Memmen dazustehen.
    So erklärte ich denn meiner Truppe, daß wir uns, um die Verbrecher zu überrumpeln, unbedingt geräuschlos annähern müßten, und gut verteilt, immer im Schutz der Grabmale, und daß keiner schießen solle, ehe ich oder der Feind Feuer gäbe, und nicht etwa drauflos schießen, sondern gezielt, und jeder solle seine Stichwaffe bereithalten, falls es zum Handgemenge käme. Vor allem aber sollten alle auf mein Kommando achten.
    Hierauf teilte ich meine Leute in drei Gruppen, eine, bestehend aus Miroul, Tronson, einem Gesellen und mir, in der Mitte. Die zweite, meinen rechten Flügel, bildeten Pissebœuf und zwei Gesellen, die dritte, meinen linken Flügel Poussevent mit den zwei übrigen. Auch sollten die beiden Arkebusiere, deren große Erfahrung ich lobte, um meinen unsicheren Rekruten Halt zu geben, ihre Hauptleute sein.
    Ein Wunder war es, daß unser Vorgehen, das doch nicht ganz lautlos ablief, die Landsknechte gar nicht aufscheuchte. Doch sie waren bezecht wie englische Lords und blieben gröhlend und fluchend bei ihrem grausigen Tun. Ich ließ den Meinen Zeit, ihre Stellungen einzunehmen, die ich nur ungefähr zwischen den Grabmälern erahnte, obwohl der Mond jetzt frei und hell schien, und besann mich auf die paar Brocken Deutsch, die ich von meinen Kriegszeiten her noch wußte.
    Mit heftig klopfendem Herzen und zitternden Beinen, wie zuerst immer vor Gefahr, stieg ich endlich ungedeckt auf ein Grab.
    »Meine Herren, geht euch weg und sofort!«
1 rief ich mit scharfer Stimme.
    |317| Sie horchten auf, drehten sich um und verharrten mit offenem Maul, als sie mich da im vollen Mondlicht und von Kopf bis Fuß bewaffntet stehen sahen, den Stoßdegen zur Seite und eine Pistole in jeder Hand. Ihr Staunen war so groß, daß sie verstummten, während mir angesichts ihres Schreckens die Beine fest wurden.
    »Wer da?«
fragte einer.
    »Ein Hauptmann von Nemours mit seiner Truppe!«
sagte ich in drohendem Ton.
    Wären sie nicht so bezecht gewesen und so gierig auf ihren Braten, dessen Geruch bis in unsere Nasen drang, hätten sie, wette ich, sich über die eingebrochene Mauer davongemacht, über die sie eingedrungen waren, doch zu sehr zwackte sie der reißende Hunger. Ihren verworrenen Köpfen schien es, daß ich sie um ihren Fraß berauben wolle, und knurrend wie bissige Köter, wenn es um einen Knochen geht, stürzten sie zu ihren Arkebusen und stellten sich, die Waffe gegen den Magen gedrückt. Ich schoß einmal auf den Nächststehenden und war mit einem Satz hinter dem Grab, auf welchem ich gestanden, während um mich ein ohrenbetäubendes Krachen anging.
    Als der Pulverqualm sich verzog und ich hinter dem Stein hervorlugte, sah ich nur zwei der Landsknechte am Boden liegen, dahinter das lodernde, knisternde Feuer und sonst

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