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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Die Soldaten sollten nichts nehmen, was sie nicht auch bezahlten. Frauen und Mädchen sollten respektiert werden. Es dürften keinerlei Beschimpfungen und Drohungen gegenüber besagten Einwohnern geduldet werden, auch nicht gegen Ligisten oder Spanier. Und um die Handvoll Übeltäter |88| zu bestrafen, die das Ganze angerichtet hatten, so sollten sie eher verbannt als gehängt werden.
    Der Großprior, der Heinrichs wie stets wohlformulierten Ausführungen einen Moment lauschte, fürchtete indiskret zu sein, wenn er länger zuhörte, und gesellte sich zu den Herren Clermont und d’Entragues (welch letzterer bekanntlich sein Schwiegervater werden sollte).
    »Was höre ich?« sagte er. »Will Heinrich sogar der Montpensier verzeihen, die er doch ins Feuer werfen wollte?«
    »Wißt Ihr nicht«, sagte d’Entragues, »was Chicot dem König in Anspielung auf die Mannstollheit der Herzogin geantwortet hatte: ›Sire, die braucht Ihr nicht zu verbrennen. Die verbrennt von selbst.‹«
    Als der König uns lachen hörte, wandte er sich um und rief den Großprior zu sich, der mit dem Ungestüm und der Grazie seiner Jugend ins Knie fiel und ihm voll ungeheuchelter Liebe die Hand küßte, was den König sehr rührte, der vernarrt in seinen Neffen war und ihn liebte wie einen Sohn, weil er mit der Königin Louise keine eigenen Kinder hatte.
    »Mein Vater«, sagte er zu dem alten Marschall, »Ihr wart der erste, der mich das Kriegshandwerk lehrte: Ich bitte Euch, an meinem Neffen das gleiche zu tun, denn ich möchte, daß er eine Brücke werde zwischen mir und meinen Feinden.«
    Da der letzte Teil dieses Satzes mir dunkel blieb, so daß er sich in meinem Kopf festsetzte, fragte ich den Großprior ein Jahr später nach dem Sinn.
    »Ha, was weiß ich!« sagte er, und Tränen schmerzlicher Erinnerung an diesen Tag rannen über seine frischen Wangen. »Viel leicht meinte Heinrich, daß ich ihn ebensowohl gegen seine Feinde verteidigen wie auch mit ihnen verbinden und einigen sollte. Jedenfalls empfand ich seine Worte, mit welchen er mich dem alten Marschall anempfahl, als eine große Verpflichtung, und wenn ich mich ihrer erinnere, empfinde ich großes Leid.«
    Um auf den König zurückzukommen, so verweilte er nicht länger in dem Garten, so schön der auch war und so lau die Nacht, sondern beurlaubte den Marschall von Biron und bat den Großprior und mich, ihm auf besagter ansteigender Straße zum Haus Gondi zu folgen. In seinen Gemächern dann plauderte er noch eine Zeitlang heiter mit den Anwesenden. Er habe sich lange nicht mehr so glücklich gefühlt, sagte er, Paris |89| sei nahe, und er habe Gewißheiten, daß es sich ihm in Kürze öffnen werde, was bedeute, daß auch die übrigen rebellischen Städte des Reiches sich nach und nach ergeben würden, so daß zur großen Erleichterung seines armen, kriegsgeplagten Volkes im Reich bald Frieden einkehren werde.
    Und um sich der schönen Nacht noch ein wenig zu erfreuen, bat er den Großprior, ihm seine Musikanten, Dupont, La Clavelle, La Fontaine und Baillif, zu schicken, während er mich mit Rücksicht auf meinen langen Tagesritt beurlaubte.
    Als der Großprior und ich nun unter dem gestirnten und mondhellen Himmel den Hof des Hauses Gondi überquerten, näherte sich uns ein Jakobinermönch – klein, mit kurzem dunklen Bart und großen schwarzen, seltsam starren Augen – und verlangte in einem schroffen Ton, der mich verwunderte, den König in einer dringenden und streng geheimen Angelegenheit zu sprechen. Er sei aus Paris geflohen und bringe Nachrichten von Gerichtspräsident Du Harlay, welchen die Liga wegen seiner Königstreue in der Bastille eingekerkert hatte.
    Ungehalten, daß man ihn so formlos ansprach, erwiderte der Großprior, der König habe sich zur Nacht in seine Gemächer zurückgezogen und sei für niemanden mehr zu sprechen, womit er dem Mönch den Rücken kehrte. Der jedoch folgte ihm noch einige Schritte, indem er, wie mir schien, zornige Worte vor sich hin murmelte.
    »Was für schlechte Manieren!« sagte ich. »Glaubt Ihr, Monseigneur, daß der König diesen Jakobiner empfangen wird?«
    »Sicherlich«, meinte der Großprior. »Da die Liga den König überall lauthals der Ketzerei bezichtigt und der Papst ihn exkommuniziert hat, wird er sich hüten, einen Geistlichen abzuweisen. Außerdem ist Heinrich in Mönche vernarrt. Ihr Anblick allein entzückt seine Seele. Ihr wißt ja, wie oft er sich in Klöster zurückzieht, um Trost und Frieden zu

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