Paris ist eine Messe wert
Werkzeug der Vorsehung den Mord verübt hatte, überbrachte jemand die Nachricht vom Tod meines geliebten Herrn der Herzogin von Montpensier, worauf diese in ihrer Raserei und Torheit dem Mann um den Hals fiel und ihn mit Küssen bedeckte.
»Ha, mein Freund!« schrie sie aus voller Kehle, »seid mir willkommen! Daß dieser Verbrecher, dieser Verräter, dieser Tyrann tot ist! Gott, macht Ihr mich glücklich! Nur eins bedaure |92| ich: daß er, bevor er starb, nicht erfahren hat, daß ich es war, die ihm das eingerührt hat!«
Leser, dies ist nun das letzte Glied der Kette, die den Unglücklichen umschlang und ihn von der Pariser Rue Saint-Jacques zum Hause Gondi in Saint-Cloud führte. Der Mönch Chantebien, der Cléments Einfalt und Entzündlichkeit von Sens her kannte, flüsterte ihm durch Tücke ein, daß er einen göttlichen Auftrag habe. Und nachdem dieser Auftrag in seinem entfesselten Geist zur Besessenheit geworden war, unterredete sich der Prior Bourgoing, der einige Monate später den Beweis antreten sollte, daß die Arkebuse für ihn das Gebet ersetzte, mit der Montpensier und beschwichtigte das aufgewühlte Gewissen des Mönchs durch das Versprechen ewiger Seligkeit. Die Montpensier, die zwar auf einem Bein, aber nicht mit dem Verstand hinkte und machiavellistischer als Machiavelli war, sann auf Mittel und Wege, Jacques Clément aus dem belagerten Paris hinaus, durch die königlichen Vorposten hindurch und geradewegs zum König zu führen.
Anders als Bruder Clément, der in seiner Einfalt sich die Märtyrerkrone erträumte, sich in Andacht kasteite, fastete, betete, sich in seiner Zelle geißelte und nichts wußte von der Welt, wußte die Montpensier alles. Als sehr hohe, zum Hof gehörige Dame, der Königin Louise nah und voller Haß auf meinen geliebten Herrn, den sie gleichwohl samt seiner besonderen und bizarren Liebe zu Klosterbrüdern bestens kannte, wußte sie, daß jeder Kuttenträger sicher sein durfte, zu jeder Stunde, an jedem Ort vom König empfangen zu werden. Den plausiblen Vorwand, dessen es hierzu bedurfte, schuf sie, indem sie Clément in die Bastille einschleuste – nur sie hatte dazu die Macht –, um ihn mit den Pariser Royalisten in Verbindung zu bringen, welche die »Sechzehn« zu Beginn der Belagerung von Paris dort eingesperrt hatten, und namentlich mit den markantesten unter ihnen, dem Gerichtspräsidenten Du Harlay und Paul Portail, dem Sohn des königlichen Leibchirurgen. Worauf Clément dann voller Mitgefühl Madame Portail besuchte, die, weil ebenfalls verdächtig, die Bastille nicht betreten durfte, um ihr Nachrichten von ihrem Sohn zu überbringen. In Wahrheit diente all dies nur dem einen Zweck, daß Clément, falls er in Saint-Cloud verhört werden würde, wahrhaft und glaubwürdig antworten könnte.
|93| Gerichtspräsident Du Harlay, in Paris als ein Royalist bekannt, der selbst in den Klauen rücksichtsloser Verfolgung durch die Ligisten und die »Sechzehn« in eherner Treue zum König hielt, genoß Heinrichs Hochachtung. Sein Name allein würde Clément die Türen öffnen, und ein Brief von ihm das königliche Gemach. Nun redete Clément bei seinem Besuch in der Bastille aber mit Präsident Du Harlay nur ganz Banales, und es gab, wie der Leser sich denken kann, gar keinen solchen Brief. Die Montpensier indessen, deren Palast seit langem eine Art Manufaktur war, wo falsche Papiere und falsche Nachrichten verfertigt wurden, mit denen sie Paris überschwemmte, ließ einen solchen von ihren Sekretären in italienischer Schrift herstellen, die leicht zu fälschen war, weil sie die Druckbuchstaben nachahmte. Als Muster diente ein Schreiben, das der Gerichtspräsident bei seiner Festnahme bei sich getragen hatte.
Der Prokurator de La Guesle, der dieses angeblich von Du Harlay an den König gerichtete Briefchen gelesen hatte, sagte es mir aus dem Gedächtnis her. Es lautete:
»Sire, der Überbringer dieses Schreibens kann Euch Auskunft geben über den Zustand Eurer Diener und die Art ihrer Behandlung, die ihnen gleichwohl nicht Willen und Mittel nimmt, Euch ergebenst zu dienen. Und vielleicht sind selbige Mittel sogar größer, als Eure Majestät vermutet. Da sich nun eine gute Gelegenheit bietet, uns Euren Willen mitzuteilen, bitte ich Eure Majestät hiermit untertänigst, gegenwärtigem Überbringer in allem zu glauben, was er sagt.«
Diese geschickte Fälschung mußte das Interesse meines Herrn in höchstem Maße erregen, denn die Montpensier wußte durchaus,
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