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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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natürlich hier großgezogen. Ich freue mich für Euch. Es gibt doch nichts, was den Menschen so niederwirft wie Herzeleid. Weshalb ich als Arzt, Vater und Philosoph meine, daß man die Seele am besten durch die Sinne heilt.«
     
    Babille und ihr Geplapper, ihre Sprichwörter und Weisheiten aus uraltem périgurdinischen Sprücheschatz (bald wahr, bald falsch, aber immer ergötzlich) hielten mir Herz und Lager warm, solange der Winter währte. Unter der stacheligen Schale barg Babille wie eine Kastanie einen weichen Kern, und was mich betrifft, so kennt mich der Leser zur Genüge als einen, der für weibliche Zärtlichkeit nur zu empfänglich ist und sie vielfach erwidert.
    Im übrigen badete ich in Mespech nicht nur in der großen Liebe des besten und wunderbarsten Vaters, sondern auch in der unserer Leute, die mich hatten auf die Welt kommen sehen, von |149| denen ich manch einen kuriert hatte und für die ich, mehr als mein älterer Bruder, der Prinz dieses kleinen Königreichs war: meine Amme Barberine, die Maligou, Cabusse der Gascogner, Cathau, die einstige Kammerfrau meiner Mutter, der Schäfer Jonas, die Sarrazine, Coulondre Eisenarm, Faujanet, Pétromol, und wie sie alle hießen. Auch wenn ich sie nicht samt und sonders aufzählen kann, klingen mir ihre schönen perigurdinischen Namen noch jetzt im Ohr, da ich dies schreibe. Außerdem liebte ich Mespech, ich liebte sogar seine Mauern, und so seltsam es anmutet, möchte ich behaupten, daß auch sie mich liebten: Ich fühlte es an der Wärme und Rundung der Steine, die meine Hand umfing, wenn ich die Wendeltreppe hinaufstieg zum großen Saal.
    Im Verlauf dieses Dezembers, während die kleine Babille, ohne daß sie es wußte, meiner wunden Seele so gute Heilung brachte, erhielt ich zwei Briefe, von denen der eine ganz schnell, der andere unglaublich lange gegangen war, doch beide ermutigten mich ungemein. Der erste, schnelle kam von Fogacer, der aus bekannten Gründen mit seinem Silvio in Chêne Rogneux geblieben war. Er meldete mir, daß Alazaïs an Angelina wahre Wunder gewirkt habe, sie sei viel ruhiger geworden, oder nicht mehr so konvulsivisch, sie kümmere sich um die Kinder, spreche oft liebevoll von mir und hätte seinem Brief gerne einige Worte hinzugefügt, wenn ihr gichtiger Daumen sie nicht daran gehindert hätte. Obwohl mir dieser letzte Punkt, der Leser weiß warum, das Vorangegangene ein wenig vergällte, tröstete es mich doch sehr, daß meine Gemahlin besonnener geworden war, und ich legte meiner Antwort an Fogacer einen Brief an sie bei, wie mein Mitgefühl ihn mir diktierte und worin ich sie meiner Ergebenheit versicherte.
    Das zweite Sendschreiben, das mein langvertrauter Freund Pierre de L’Etoile Anfang Oktober in Paris abgesandt hatte, traf jetzt nach fast zwei Monaten bei mir ein. Es brachte mir die vortreffliche, ja die allervortrefflichste Nachricht, daß der König bei Arques, unweit von Dieppe, den dicken Mayenne samt seiner Ligistenarmee besiegt hatte, die doppelt so stark wie die königliche war. Im Verlaß auf deren Stärke hatte Mayenne vor seinem Aufbruch in ganz Paris verkündet, er werde Navarra in Dieppe gefangennehmen und in einem Käfig in die Stadt zurückbringen. Worauf die Pariser, schaulustig und leichtgläubig wie kein |150| zweites Volk im Reich, sogleich begannen, Zimmer und Fenster entlang der voraussichtlichen Einzugsstraßen besagten Käfigs zu mieten, um den gefesselten und geknebelten Ketzer recht nahe zu sehen und ihn voll Wonne mit ihrem Auswurf zu bespeien – welchen sie nun, da Mayenne geschlagen war, in ihre blöden Kehlen hinunterschlucken mußten.
    Wie zur Bestätigung dieser denkwürdigen Nachricht erhielt ich am Tag darauf von meinem schönen Höfling, dem Baron von Quéribus, einen anspielungsreichen Brief, den er vielleicht mit Hilfe des Narren Chicot verfaßt hatte, denn im Schreiben war der schöne Quéribus nicht eben eine Leuchte. Darin übergoß er Mayenne mit Hohn und Spott, als ein »faules Schwein, das nur bei seiner Hure liegt«, als einen »Freßsack, der mehr Zeit bei Tisch verbringt als Navarra im Bett und mehr Zeit im Bett als Navarra im Sattel«. Und trotzdem hätten die »Sechzehn« – »die ser Haufen aus Pariser Tagedieben, Rechtsverdrehern und Pfaffen« – ihn zum Generalleutnant des Reiches ernannt, ja sich sogar erfrecht, den armen alten Trottel, Kardinal von Bourbon, zum König Karl X. auszurufen, der nicht nur Navarras Onkel war, sondern auch sein Gefangener, saß dieser

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