Parker Pyne ermittelt
reinem Zufall kennengelernt habe!«
Sie drehte sich zu ihrem Ehemann und lächelte ihn bewundernd an.
Der Fall der verzweifelten Frau
D er Summer auf Mr Parker Pynes Schreibtisch gab ein leises Geräusch von sich. »Ja?«, fragte der große Mann. »Eine junge Dame wünscht Sie zu sprechen«, teilte ihm seine Sekretärin mit. »Sie hat keinen Termin.«
»Bitte schicken Sie sie herein, Miss Lemon.« Einen Augenblick später schüttelte er die Hand seiner Besucherin. »Guten Morgen«, sagte er. »Bitte setzen Sie sich.«
Die junge Frau nahm Platz und betrachtete Mr Parker Pyne. Sie war ein hübsches Ding und recht jung. Sie hatte dunkle, wellige Haare, die sich an ihrem Nacken zu leichten Locken drehten. Sie war von ihrer weißen Häkelmütze über die Spinnennetzstrumpfhosen bis zu ihren eleganten Schuhen außerordentlich wohlgeraten. Sie war außerdem offensichtlich sehr nervös.
»Sind Sie Mr Parker Pyne?«, fragte sie.
»Der bin ich.«
»Der diese – Anzeige schaltet?«
»Derjenige, der die Anzeige schaltet.«
»Sie sagen den Leuten, wenn sie – wenn sie nicht glücklich sind, dann sollen sie zu Ihnen kommen.«
»Exakt.«
Sie wagte den Sprung ins kalte Wasser. »Nun, ich bin furchtbar unglücklich. Also dachte ich mir, ich komme vorbei und – und verschaffe mir einen Eindruck.«
Mr Parker Pyne wartete. Er hatte das Gefühl, dass sie noch mehr zu sagen hatte.
»Ich – ich bin in ernsthaften Schwierigkeiten.« Sie spielte nervös mit ihren Händen.
»Das kann ich sehen«, meinte Mr Parker Pyne. »Und könnten Sie mir von diesen Schwierigkeiten berichten?«
Diese Frage konnte die junge Frau anscheinend nicht in aller Deutlichkeit beantworten. Sie starrte Mr Parker Pyne mit einer verzweifelten Entschlossenheit an. Plötzlich strömten die Worte nur so aus ihr heraus.
»Ja, das kann ich. Ich habe mich jetzt entschieden. Ich bin ganz krank vor Sorge. Ich wusste nicht, was ich tun oder an wen ich mich wenden sollte. Und dann las ich Ihre Anzeige. Ich dachte, dass sie womöglich nur eine Schwindelei sei, aber ich konnte sie einfach nicht vergessen. Sie hörte sich irgendwie so tröstlich an. Und dann dachte ich – nun, ich dachte, es würde wohl keinen Schaden anrichten, einfach nur mal vorbeizuschauen und sich einen Eindruck zu verschaffen. Ich hätte mir jederzeit eine Ausrede einfallen lassen und wieder verschwinden können, wenn ich nicht – nun, wenn ich nicht – «
»Ganz recht«, pflichtete ihr Mr Pyne bei.
»Sehen Sie«, sagte die Frau, »es bedeutet, dass man – nun, dass man jemandem vertrauen muss.«
»Und Sie haben das Gefühl mir vertrauen zu können?«, fragte er mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
»Es ist seltsam«, sagte die junge Dame mit unbewusster Unhöflichkeit, »aber das stimmt. Ohne irgendetwas über Sie zu wissen! Ich bin mir sicher, dass ich Ihnen vertrauen kann.«
»Ich kann Ihnen versichern«, betonte Mr Pyne, »dass Sie Ihr Vertrauen nicht umsonst in mich gesetzt haben.«
»Dann«, sagte die Frau, »werde ich Ihnen alles erzählen. Mein Name ist Daphne St. John.«
»Ja, Miss St. John.«
»Mrs. Ich – ich bin verheiratet.«
»Pah!«, murmelte Mr Pyne und ärgerte sich über sich selbst, weil er den Platinring am Ringfinger ihrer linken Hand nicht bemerkt hatte. »Dumm von mir.«
»Wenn ich nicht verheiratet wäre«, sagte die junge Frau, »dann würde es mich nicht so stören. Ich meine, es wäre dann nicht so von Bedeutung. Es ist der Gedanke an Gerald – nun, also, um das hier dreht sich der ganze Ärger.«
Sie griff tief in ihre Tasche, nahm etwas heraus und warf es auf den Schreibtisch, wo es glitzernd und funkelnd auf Mr Parker Pyne zurollte und vor ihm liegen blieb.
Es handelte sich um einen Platinring mit einem großen, einzeln gefassten Diamanten.
Mr Pyne nahm ihn in die Hand, ging mit ihm zum Fenster, probierte ihn an der Fensterscheibe aus, setzte eine Juwelierlupe auf und betrachtete ihn eingehend.
»Ein außergewöhnlich schöner Diamant«, merkte er an und kehrte zum Tisch zurück. »Ich schätze seinen Wert auf mindestens zweitausend Pfund.«
»Ja. Und er ist gestohlen! Ich habe ihn gestohlen! Und ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Ach du meine Güte!«, sagte Mr Parker Pyne. »Das ist sehr interessant.«
Seine Klientin brach zusammen und schluchzte unkontrolliert in ein völlig unzureichendes Taschentuch.
»Aber, aber«, meinte Mr Pyne. »Alles wird gut.«
Die Dame trocknete ihre Augen und schniefte. »Wirklich?«, fragte sie.
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