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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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umrandeten Augen an.
    »Warum lebst du hier?«
    ***
    Wir liefen in östliche Richtung auf das Mueno Territorium zu. Obwohl es gefährlich war, sich über offenes Gelände zu bewegen, benutzten wir die größeren Straßen – den Schutz von dunklen Gassen aufzusuchen hätte in der gegenwärtigen Lage wohl an Selbstmord gegrenzt.
    »Hast du eine Waffe?« Ich machte mir Sorgen um Tina. Unlängst hatte ich bemerkt, dass uns aus jeder Ecke und aus jedem Haus ein Paar Augen beobachteten. Die Remington, die die Straßenkinder für mich gerettet hatten und die nun wieder in ihrem Holster ruhte, beruhigte mich nur wenig.
    Tina nickte und deutete auf einen kleinen Beutel, den sie um die Hüfte trug.
    »Rastavirus«, flüsterte sie. »Tötet in einem Radius von hundert Metern. Die Wirkung verflüchtigt sich aber nach kurzer Zeit wieder.« Diese Tatsache schien sie sichtlich zu enttäuschen.
    Nun wunderte es mich nicht mehr, dass sie sich mit so viel Selbstbewusstsein bewegte. Sie war eine wandelnde Biowaffe!
    Den Rest des Weges legten wir schweigend zurück. Am Nachmittag erreichten wir die ersten Häuserzeilen des Mueno-Gebietes. Sie waren mit bunten Fahnen und Transparenten verkleidet, und überall hingen Federbüschel und Traumfänger. Von nun an wurde jeder unserer Schritte von Muenos begleitet, die bis an die Zähne mit Messern bewaffnet waren.
    Tina zog mich, ohne zu zögern, zu einer Tür, die vollständig mit getrocknetem Blut beschmiert war.
    »Pas glaubt, dass das Hühnerblut die bösen Geister vertreibt«, erklärte Tina.
    »Und was hältst du davon?«
    »Ich denke, dass es eine Verschwendung von Blut ist.«
    Ihr Pragmatismus brachte mich fast zum Lachen – aber auch nur fast.
    Wir verbrachten einen Tag und eine Nacht mit Pas. Er war nicht mehr so korpulent wie bei unserem ersten Zusammentreffen, und er wirkte wesentlich zuversichtlicher. Ein wilder Tatendrang schien ihn zu durchströmen.
    »Topaz geht uns aus dem Weg«, spie er verächtlich. »Seit Mondo mit anderen Dingen beschäftigt ist und keine Gewalt mehr über dieses Gebiet hat, ist er so klein geworden.« Er machte eine entsprechend abschätzige Geste.
    »Wie versteckt er sich vor euch?«, fragte ich.
    Er senkte die Stimme. »Ich habe gehört, dass er nachts die Gestalt einer Frau annimmt.«
    Noch ein Formwandler? Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
    »Wie auch immer. Oya ist unsere wahre Führerin.« Er hätte sich fast vor mir auf den Boden geworfen, hielt sich im letzten Augenblick aber noch zurück.
    »Dieser Krieg muss beendet werden, Pas. Du musst die Muenos aus den Kämpfen heraushalten. Riegelt euer Territorium ab. Mondo will dieses Blutvergießen benutzen, um das Böse zu verbreiten. Viel Blut bedeutet großes Unheil. Mehr, als Oya bekämpfen kann.«
    »Es gibt nichts, was Oya nicht bekämpfen kann.«
    Diese ganze Unterhaltung war sinnlos. Ich war hierher gekommen, um dafür zu sorgen, dass Pas die Straßenkinder weiterhin versorgte, und nun stand ich hier und spielte die Göttin der Muenos.
    Wenn ich mich nicht in Acht nahm, würde ich als Nächstes noch anfangen, jeden in meiner Umgebung zu salben.
     
    Eine Stunde später saß ich unbeholfen auf einem behelfsmäßigen Thron, den die Muenos aus Knochen zusammengebaut hatten. Meinen Kopf zierte eine Krone aus Hühnerfedern.
    Ich hätte spätestens in dem Moment verschwinden sollen, als Pas damit begann, seine Männer zur Segnung antreten zu lassen; doch ich hatte mich nicht dazu durchringen können, die Zuversicht und den Glauben in Tinas großen Kinderaugen zu zerstören.
    Pas rezitierte einige Schlüsselverse der Oya-Legende aus der Mueno-Religion. Ich erfuhr, dass die Oya eine mächtige Voodoo-Gottheit war, eine Hexe, die große Veränderungen bewirkte. Pas hatte hunderte von Oya-Puppen gesammelt, und ihrem Aussehen nach zu urteilen, hatte die Oya genau wie ich einige Probleme mit ihrer Frisur.
    Aber wo waren die anderen Ähnlichkeiten zwischen uns?
    Um ehrlich zu sein, diese ganze Oya-Nummer jagte mir gehörig Angst ein. Jetzt hatte ich nicht nur Halluzinationen, nein; die Hälfte des Tert glaubte auch noch, ich wäre eine weibliche Voodoo-Kämpferin. Diese Tatsache hatte ich mir eigentlich zunutze machen wollen, doch langsam geriet das Ganze außer Kontrolle.
    Als die Litanei beendet war, schafften kahlköpfige Mueno-Frauen schmutzige Körbe voller Essen heran. Tina stopfte sich damit die Taschen voll.
    Ich war an meinen Knochenthron gefesselt. Die Hitze der Körper und der

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