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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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mich in die Höhe und warfen mich über einen alten Energie-Hydranten. Gierige Hände rissen an meinem Top; Pfiffe ertönten um mich herum.
    »Zieht sie aus«, befahl die Mischlings-Frau.
    Nun passierte es mir, das Gleiche, was ich schon früher in dieser Nacht gesehen hatte: Vergewaltigung. Vielleicht würden sie mich auch töten, oder noch schlimmer – mich an Jamon ausliefern.
    Nein.
    Als sie versuchten, meine Füße an die Fesseln meiner Hände zu binden, trat ich wild um mich und rollte von dem Hydranten herunter.
    Wieder packten mich grobe Hände und drehten mich auf den Rücken; aber sie konnten meine Beine nicht unter Kontrolle bekommen. Ich erwischte einen von ihnen direkt unter dem Kinn und hörte Knochen brechen. Ich stieß einen wilden Kampfschrei aus und wehrte mich weiter.
    Die Mischlings-Frau warf sich quer auf meine Brust und befahl den anderen, meine Beine festzuhalten.
    Gefangen.
    Ich lag still da und roch ihre lüsterne Vorfreude. Die Frau presste ihr Gesicht an das meine und zischte mir ins Ohr: »Mach das noch einmal, und ich puste dir das Hirn raus.«
    Meine Augen schienen mir in der Dunkelheit einen Streich zu spielen: Eine Seite ihres Gesichts war offenbar verstümmelt; schwarze Schlangenlinien kräuselten sich darauf.
    »Tu dir keinen Zwang an«, sagte ich. »Lieber sterbe ich, als so ein Drecksstück wie dich auf mir zu haben.«
    Das war eine Lüge. Ich wollte mein Leben nicht auf dem schmutzigen Pflaster des Tert aushauchen. Ich wollte nicht sterben.
    Ich wollte sie töten.
    Ich will sie kaltmachen!
    Der Gedanke kristallisierte sich, wurde immer reiner und klarer.
    Meine Ohren wurden von einem Hämmern erfüllt. Druck baute sich in meinen Händen auf, so stark, dass ich glaubte im Sterben zu liegen. Ein Brüllen brach aus, ein Brüllen, das nicht von mir stammen konnte: ein kalter, tödlicher Kampfschrei, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Doch dieser Schrei hatte seinen Ursprung in mir. Der Druck baute sich weiter auf, bis meine Haut zum Zerreißen gespannt war. Meine Augen liefen vor Zorn rot an.
    Mit einem lauten Knall explodierte ich.
    Zumindest dachte ich das.
     
    Die Zeit verging.
    Ich tastete benommen um mich. Die Fesseln hatten sich von meinen Händen gelöst. Um mich herum lagen Körper verstreut. Schatten zogen sich zurück. Verängstigt. Ich berührte eine Leiche in meiner Nähe. Heißes Fleisch. Verbrannt. In meinem Kopf hallte noch immer der Kampfschrei nach; aber er wurde rasch von anderen Geräuschen verdrängt: Kampfgeräuschen. Junge Stimmen. Junge Körper mit handgefertigten Waffen – sie beendeten, was ich begonnen hatte.
    Weitere Körper. Sie türmten sich wie Felsen um mich herum auf.
    »Oya?«
    Ich starrte in das Gesicht eines Kindes: schmutzig und leuchtend vor Hoffnung.
    »Oya. Wir kämpfen für dich.«
    Ich leckte mir über die Lippen.
    »Für mich?«
    Mehr Körper kamen, versammelten sich um mich. »Oya, wir haben alles beobachtet.«
    Ich schüttelte verwirrt den Kopf.
    Das erste Tageslicht schimmerte am Horizont.
    Zwei kleine Jungen an meiner Seite halfen mir auf. Der eine blind, der andere mit einem glücklichen Lächeln auf dem Gesicht.
    Ich schaute mich noch einmal kurz um, bevor ich in der Dunkelheit versank.
     
    Ein Schluck sauberes Wasser und einige Krümel Ersatzstoffe, und ich fühlte mich der Realität wieder um ein gutes Stück näher. Die Straßenkinder hatten mich in ein Gebäude gebracht; ich befand mich auf einem Dachboden, der mit Sensoren geschützt war so wie der über meiner alten Wohnung.
    Um mich herum hangelten sich die Kinder an Dachsparren entlang und hockten auf Trägerbalken wie kleine Primaten. Sie beobachteten und hörten gespannt zu. Ich fragte mich, ob Jamon von ihnen wusste.
    »Warum habt ihr mir geholfen?«
    »Die Muenos haben uns wegen dir zu essen gegeben, Oya. Die Muenos sprechen von dir. Sie zünden Kerzen für dich an.«
    Pas! Er hatte Wort gehalten.
    »Was ist passiert? Wann habt ihr mich gefunden?« Ich fragte einen der größeren Jungen: »Was habt ihr gesehen?«
    Er schaute mich fragend an. »Wir haben dich gesehen, Oya. Du hast sie alle verbrannt, weil sie dir wehtun wollten. Du warst wütend.« Um mich herum brachen die Kinder in Jubel aus.
    Der Junge hatte meinen schrecklichen Verdacht bestätigt. Was auch immer passiert sein mochte: Es war von mir ausgegangen. Ich hatte zwanzig oder mehr Menschen mit einer Art Blitz aus meinem Körper getötet… sie bei lebendigem Leib verbrannt.
    Mir lief ein

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