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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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Schauder über den Rücken. »B… Bist du s… sicher?«
    Der Junge nickte, und sein langes Haar fiel ihm in die Augen. »In einem Moment sind sie noch alle auf dir. Im nächsten… Paschuuu!« Er machte ein Geräusch wie Fleisch, das im Feuer verbrannte.
    Eine Explosion in der Nähe ließ Staub auf uns herabregnen. Ein Balken ächzte.
    Die Kinder verstummten mit einem Mal. Der große Junge fixierte mich mit ernstem, besorgten Blick.
    »Oya, kannst du uns retten?«

 
KAPITEL NEUNZEHN
     
     
    Es waren einfach zu viele von ihnen. Unmöglich.
    Aber konnte ich jetzt noch einen Rückzieher machen?
    Ich hatte doch nur versucht, aus dem Tert herauszukommen, und nun war ich plötzlich für alle verantwortlich, die in diesem Dreckloch lebten?
    Ich würde mir etwas einfallen lassen müssen.
    »Kennst du einen Schamanen namens Vayu?«
    Der große Junge dachte nach. »Wo soll er leben?«
    »Hier. In Torley.«
    »Dann werden wir ihn finden. Die Robokids könnten es wissen.«
    Er schnippte mit den Fingern, und ein kleines, blasses Mädchen mit schneeweißen Haaren kroch zu ihm herüber.
    »Tina wird sich darum kümmern.«
    Tina lächelte ihn nervös an, als fürchte sie, dass dieser Akt allein sie töten könnte.
    »Ich danke euch für eure Hilfe. Kann ich euch in irgendeiner Weise dafür bezahlen?«
    Der große Junge schüttelte den Kopf und deutete zum Dachstuhl hinauf, wo ein großes Regal unter den Sparren angebracht war. Es wurde zu beiden Seiten von zwei jungen Mädchen bewacht, die mit dünnen, scharfen Speeren bewaffnet waren. Das Regal quoll über mit altem Brot und getrocknetem Fleisch. »Du hast uns bereits bezahlt. Wir stehen tief in deiner Schuld.«
    »Ist das das Essen, das euch die Muenos gegeben haben?«
    »Ja. Aber wenn die Kämpfe weiter andauern, werden sie uns bald nicht mehr versorgen können. Sie helfen uns nur, solange ihre eigenen Bäuche nicht knurren.«
    »Dann sag Pas, dass du mit mir gesprochen hast. Sag ihm, dass er euch weiter Nahrung bringen muss, was auch immer geschehen mag.«
    »Aber er wird nicht auf mich hören.«
    »Dann werde ich ihn suchen.«
    »Wir danken dir, Oya. Vielen Dank«, sagte der Junge und strahlte mich an.
     
    Ich schlief für den Rest des Tages und die ganze Nacht hindurch; ich war mir nur schwach der Körper bewusst, die sich dicht um mich herum drängten. Ich erwachte mit den ersten Sonnenstrahlen. Ein kleines Mädchen – höchstens drei oder vier Jahre alt – lag an meiner Seite, hielt mein Hemd fest umklammert und lutschte an ihrem Daumen. Als ich aufstand, wäre ich beinahe über ein weiteres Kind gestolpert, einen ausgemergelten Jungen, der sich unruhig hin und her warf, unfähig, auf dem harten Dachboden eine angenehme Schlafposition zu finden.
    Überall lagen Kinder verstreut. Sie stöhnten in ihren Träumen, wimmerten oder schrien laut vor Angst. Der Anblick entsetzte mich.
    Ich bewegte mich vorsichtig zwischen den Körpern hindurch zur Dachluke hin.
    Tina erwartete mich bereits. Sie kaute auf hartem Brot und trank Wasser aus einer Blechdose. Ihr Gesicht war von Erschöpfung und Sorge zerfurcht.
    Ich hockte mich neben sie. »Tina?«
    Sie brach ein Stück Brot ab. »Soll ich dich jetzt zu Vayu bringen?«
    Ich zögerte und überlegte, was schwerer wog: mein Versprechen an die Straßenkinder oder mein Verlangen, jemanden zu finden, der mir bei meinen eigenen Problemen helfen konnte. Die Antwort auf diese Frage hatte ich innerlich bereits gewusst, als ich aufgewacht war und ihre schlafenden Körper dicht um mich geschart gefunden hatte. Sie vertrauten mir.
    »Ich möchte zuerst mit Pas sprechen.«
    Tina nickte.
    Wir aßen noch gemeinsam, dann machten wir uns auf den Weg.
     
    Obwohl sie sehr schüchtern auf mich gewirkt hatte, führte mich Tina mit großer Sicherheit durch den Tert. Genau wie Bras schien auch ihr ein perfekter Orientierungssinn angeboren zu sein.
    In den Straßen war es bei Tagesanbruch noch sehr ruhig, aber die Spuren der nächtlichen Kämpfe waren nicht zu übersehen: getrocknete Blutlachen, geplünderte Häuser, zerlegte Robokids.
    Tina suchte unter den Gefallenen nach bekannten Gesichtern. Kurz verweilte sie bei ihnen und besprenkelte sie mit Wasser, das sie in einem kleinen Bottich mit sich trug.
    »Ist das Heiliges Wasser?«, fragte ich neugierig.
    »Nein, Säure. Damit niemand ihre Augen isst.«
    Ich musste kurz schlucken und versuchte einen sachlichen Ton anzuschlagen.
    »Warum lebst du hier im Tert, Tina?«
    Sie starrte mich mit ihren schwarz

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