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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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Nuklearschlag ausradiert hätten – dass sie es nicht unlängst schon getan hatten, lag allein an der Tatsache, dass der anschließende Fallout direkt vor ihrer Haustür niedergegangen wäre. Aber es hatte noch nie ein Problem damit gegeben, hier herein- und wieder rauszukommen.
    Mein Verstand sagte mir, dass es eigentlich so gut wie unmöglich war, den Tert vollkommen abzuschneiden. Allein die Gegend von Fishertown erstreckte sich über fast zweihundert Klicks. Dann war da noch der Wasserweg über den Filder. Wie wollten sie ein solch großes, unübersichtliches Gebiet überwachen? Dieses Embargo klang mehr nach der Halluzination eines dementen Stammgasts aus Heins Bar.
    »Bist du für solche Gruselgeschichten nicht schon zu groß?«, fragte ich Daac spöttisch. Seine Seriosität arbeitete wie eine Käseraspel an meiner Psyche.
    Frustriert verzog er das Gesicht. »Geh, und sieh es dir selbst an. Du wirst sehen, was ich meine.«
    In der unteren Ecke des Vid-Schirms tauchte ein rosafarbener Flaum unter seinem Kinn auf. Das Bild wackelte, und Meis Gesicht erschien.
    »Parrish? Hör auf rumzuzicken. Daac hat Recht. Es gibt wirklich ein Embargo. Alle Bahnlinien sind stillgelegt.«
    »Was machst du da?«
    Mei warf mir mit halb geschlossenen Augen einen schelmischen Blick zu. »Wenn ich es nicht besser wüsste, meine Kleine, würde ich fast glauben, du seiest eifersü…«
    »Du weißt es besser!«
    Hinter mir hörte ich ein schwaches Geräusch und wusste sofort, dass ich nicht mehr alleine war.
    »Ich werde mich bald wieder bei euch melden.« Ich brach die Verbindung ab.
    »Das mit dem Embargo stimmt, Parrish! Wer war denn eigentlich der Fettkloß? Er kam mir irgendwie bekannt vor.«
    Doll stand in der Labortür. Das dumpfe, fluoreszierende Licht verlieh ihrer Haut einen grauen Schimmer und ließ Doll gefühllos und ausgebrannt wirken.
    Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Ein Wechsel der Perspektive. Eine Seite an dieser Frau, die ich so noch nie gesehen hatte…
    Doll – eine müde, verängstigte, alte Egozentrikerin. Ich fragte mich plötzlich, was mich dazu animiert hatte, jemals mit ihr das Bett zu teilen.
    Vielleicht hatte ich es aus dem gleichen Grund getan, aus dem ich auch von zu Hause weggelaufen war. Damals hatte ich geglaubt, dass Männer die natürlichen Feinde der Frauen wären.
    Aber der Feind war jeder, für den ich die Beine breit machte.
    Ich ignorierte Dolls Frage. Ich hielt mein Gesicht in einem der Waschbecken unter kaltes Wasser und trocknete mich mit einem Stück absorbierendem Plastik ab.
    Sto schnarchte noch immer friedlich auf der Bank, eine Hand ausgestreckt, als wolle er nach etwas greifen. Vielleicht nach Mei? Wie sollte ich E-tell in diesen Mann hineinpumpen, der aussah, als hätte ihm jemand sein Kuscheltier gestohlen?
    Ich konnte es einfach nicht.
    Aber ich brauchte ihm auch keinen Schaden zuzufügen. Sto konnte sein Gehirn behalten, wie es war – Lang hatte mir einen anderen Weg aufgezeigt.
    Doll brach das Schweigen. »Du musst jetzt verschwinden, Parrish. Die ganze Welt ist scheinbar auf der Suche nach deinem Freund. Ich möchte nicht, dass plötzlich die Miliz und die Medien vor meiner Türe stehen.«
    »Natürlich, Doll.« Es hatte keinen Sinn, mit ihr zu streiten. Ich konnte mich auf Doll verlassen, aber gewisse Grenzen durfte ich nicht überschreiten.
    »Werde ich dich bald wieder sehen?«
    »Nein«, antwortete ich.
    Jetzt hatte ich ihr meine Grenzen deutlich gemacht.
    Ich weckte Sto, und wir verschwanden.

 
KAPITEL SECHS
     
     
    Ich hielt es für das Beste, wenn wir uns zunächst in Meis kleinem Zimmer in Shadouville versteckten. Wir nahmen den Weg durch den Slag und benutzten ein Ped, dessen zerborstene Solarschirme wie deformierte Antennen hin und her wippten. Die Peds mit Solarantrieb waren wegen ihrer Unzuverlässigkeit bei schlechtem Wetter nicht sonderlich beliebt.
    Die meisten Bewohner des Tert benutzten daher die missgebildeten Robokids, wenn sie größere Distanzen zurücklegen wollten; aber mir missfiel so etwas. Es war einfach nicht richtig, auf dem Rücken eines Kindes herumzufahren, auch wenn es der maschinelle Teil von ihm war, der das meiste Gewicht trug. Sie erinnerten mich ein wenig an Schaukelpferde mit Kinderköpfen – mit dem Unterschied, dass sich ihre Beine unabhängig vom Rest bewegten.
    Meine Ansichten über die Robokids waren keineswegs naiv! Sie hatten ihre eigenen Wege, mit dem Leben zurechtzukommen. Jeder, der dumm genug war, einen von ihnen zu

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