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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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wurden. Zu allem Überfluss befand sich das Anwesen mitten in der kleinen Luxus-Marina von M’Grey Island – selbst für einen erfahrenen Einbrecher war es schwierig, dort einzusteigen.
    In jenem Moment hätte ich alles dafür gegeben, Langs Formwandlungsfähigkeiten zu besitzen, oder eines der Zwölf-Stunden-Verwandlungssets, die Doll verkaufte. Eine lumpige Manschesterkappe und ein durchsichtiges Kleid schienen mir nicht einmal annähernd für meine Aufgabe geeignet zu sein.
    In Gedanken versunken nagte ich auf einer Fingerspitze herum, während ich verschiedene Pläne auf die Serviette kritzelte. Aber wie ich die Sache auch drehte, ich kam immer wieder zu demselben Ergebnis: Es gab nur einen Weg dort hinein. Ich versuchte, nicht an Daacs Kommentar zu denken, dass ich Langs Auftrag nicht überleben würde.
    Ich seufzte und reckte mich, wobei ich besonders auf meine Schultern und Rippen Acht gab. Ich konnte mich schon fast wieder normal bewegen und fühlte mich auch viel besser. Das Frühstück, das mir Pat serviert hatte, musste mir sehr geholfen haben – immerhin hatte es die ersten frischen Nährstoffe enthalten, die ich seit Jahren zu mir genommen hatte.
    Durch die buntbemalten Fensterscheiben des Cafes konnte ich die Menschen auf der Straße beobachten. Viva machte nie einen überfüllten Eindruck. Die Luft roch sauber und frisch. War es ihnen vielleicht gelungen, hier ein gigantisches Filtersystem zu errichten?
    Zwei Männer erregten meine Aufmerksamkeit, als sie das Café durch den südlichen Eingang betraten und sich Händchen haltend zum Service-Schalter bewegten. Pat und Ibis. Ich erkannte sie sofort wieder.
    Adrenalin schoss in meine Adern. Es bestand kein Zweifel: Sie waren auf der Suche nach mir, und das Glück hatte sie zu mir geführt.
    Ich ließ die Speisekarte in einer Tasche verschwinden, nahm meine Ausrüstung und verschwand still und heimlich durch einen der anderen Ausgänge.
     
    Auf den Straßen wurde es langsam voller. Die Menschen kamen aus den Büros, um in den Cafes oder auf den Plätzen zu Mittag zu essen. Die großen Palmen warfen ihre Schatten auf die Bürgersteige, und gemeinsam mit den akkurat geschnittenen Bougainvilleen, die sich zwischen sie einfügten, verbreiteten sie eine herrliche Strandatmosphäre.
    Das Sonnenlicht wurde von den blankgeputzten Apartmenthäusern reflektiert. Jedes von ihnen schien mit dem nächsten verschmolzen zu sein; alles, was man sah, war eine nicht enden wollende Gebäudezeile. Verglichen mit dem billigen Flickwerk und dem Schmutz des Tert glänzte Viva geradezu.
    Die Touristenläden verkauften originalgetreue Nachbildungen der Stadt in Miniaturglaskugeln. Wenn man auf einen Knopf drückte, ging die Sonne auf und tauchte die Spitzen der Hochhäuser in ein glitzerndes, rosafarbenes Licht. Das erinnerte mich an die alten Filme, die vor fünfzig Jahren so beliebt gewesen waren: Am Ende der Geschichte würde allen bewusst werden, dass sie nicht auf einem Planeten lebten, sondern in einer gigantischen Glaskugel, die durch das Weltall trieb.
    Wenn die gesamte Bevölkerung von Viva morgen aufwachen würde und feststellen müsste, dass sie auf einem Kometen lebte, der durch den Sporn des Perseus raste, würde es sie wohl kaum interessieren. Solange die Straßen sauber waren, die Cafes Cappuccino servierten und jedermann von One-World geweckt wurde, war die Welt für diese Menschen hier in Ordnung.
    Das Leben in Viva war äußerst bequem und angenehm.
    Die Live-Übertragungen von den Verfolgungen durch die Medien außerhalb von Viva hätten ebenso gut von einem anderen Planeten stammen können.
    Deshalb bestand für mich auch kein Zweifel, dass ich in der öffentlichen Meinung bereits als der Mörder von Razz Retribution feststand. Die Medien hatten ihr Urteil gefällt. Die Zuschauer würden nie erfahren, ob ich nur eine Schauspielerin war oder eine reale Person – das ließ sie mit reinem Gewissen ruhig schlafen.
    Entertainment ohne Verantwortung.
    Im Prinzip war mir das alles gleichgültig – solange ich nicht die Hauptattraktion dieses Medienzirkus war.
    Ich beobachtete, wie ein Intracity-Zug langsam vorbeifuhr. Eine schrille Werbeanzeige für die One-World-Nachrichten bedeckte die gesamte Seite eines Wagens.
    Ein Schauder lief mir über den Rücken. Das Gesicht in der Anzeige war mir vertraut: ein Mädchen, jung und mager, mit rissiger Haut in abwehrender Haltung. Das war kein typisches Gesicht aus Viva. Das war Bras. Mit Armen.
    Ich wollte hinter dem Zug

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