Parrish Plessis 01 - Nylon Angel
verrotten.
Für eine Weile saßen wir uns schweigend gegenüber.
Ich fühlte seine Ungeduld, wie er darauf wartete, dass ich ihm die Disk aushändigte.
Schließlich stand ich steif auf, unfähig, ihm in die Augen zu sehen. »Die Disk gehört dir.« Ich zog sie aus dem Laufwerk und hielt sie ihm entgegen. »Aber es ist ein Killerprogramm. Es war getarnt, und bevor ich es bemerkte, hatte es bereits die gesamte Festplatte gelöscht. Es tut mir Leid. Es sieht so aus, als hätte er uns alle reingelegt.«
Daacs Gesicht schien vor Schock und Unglaube förmlich zu zerbrechen.
»Ich gehe jetzt duschen«, sagte ich.
Im Schlafzimmer versteckte ich die Zip-Disk in meinen Stiefeln. Dann wusch ich meinen Tank-Top. Schließlich stieg ich in die San-Einheit. Heißes Wasser war das Beste, das mir seit langer Zeit passiert war. Während ich meine müden Muskeln und Knie massierte, dachte ich über das nach, was Daac mir über Razz erzählt hatte.
Ich war von Leuten benutzt worden, die ich nicht einmal kannte. So sehr ich es auch hasste, es zuzugeben, aber Daacs kleine Rettungsaktion hatte mich vor dem Knast bewahrt.
Doch konnte ich ihm wirklich trauen?
Rein instinktiv hatte ich ihm gegenüber die Zip-Disk nicht erwähnt. Ich wusste nicht wirklich, wie viele der Dateien fehlerhaft waren und ob überhaupt irgendwelche Informationen überlebt hatten; nichtsdestotrotz würde ich dieses kleine Geheimnis für mich behalten, bis ich mehr über Daac herausgefunden hatte.
Er hatte mich gerettet, keine Frage; aber er hatte mich auch beschattet und in eine Falle laufen lassen, mit dem Hintergedanken, mich zu retten, um an die Daten von Razz zu kommen.
Ich wusste nicht, ob ich wütend oder dankbar sein sollte. Das Wasser tropfte an mir herab, als ich aus der Dusche stieg, mir einen Bademantel überzog und nach Verbandszeug für mein verletztes Knie suchte. In einem kleinen Badezimmerschränkchen fand ich schließlich Hautpflaster, das ich einige Male zwischen meinen Händen streckte und dann auf mein Knie klebte.
Langsam ging ich in den kleinen Wohnraum zurück, wo Daac niedergeschlagen auf einer schmalen Couch saß und ein weiteres Bier in sich hineinschüttete.
»Es gibt da eine Sache, die du mir noch nicht erklärt hast. Warum bist du so darum besorgt, ständig meinen Arsch zu retten? Hast du das vielleicht nur getan, um an die Disk zu kommen? Oder erfülle ich noch einen anderen Zweck in deinem Ränkespiel?«, verlangte ich zu wissen.
Daac starrte geistesabwesend auf sein Bier. Es erinnerte mich an den Ausdruck, den ich während des Diners bei Jamon auf Langs Gesicht gesehen hatte.
»Meine genetischen Vorfahren haben seit jeher im Tert gelebt. Es ist unser Land. Wir waren schon hier, lange bevor es einen Mondo oder Lang gegeben hat. Auch wenn sich unser Stamm aufgelöst hat – unsere Aufgabe ist geblieben.«
»Eure Aufgabe?« Sein ernster Tonfall jagte mir einen Schauder über den Rücken.
»Unser Land ist vergiftet und krank. Unsere Aufgabe ist es, das Land zurückzuerobern, es zu kurieren und seine Menschen zu retten. Ich bin nicht der Erste, der das versucht; aber ich bin derjenige, dem es gelingen wird.«
Letzteres sagte er mit der Überzeugung eines Gottes.
»Wen meinst du mit ›genetische Vorfahren‹?«, erwiderte ich scharf. »Der Tert ist doch ein verkommener Haufen Müll. Dort tummeln sich nur der Abschaum und Verrückte.«
Der Schatten eines Lächelns huschte über Daacs Gesicht. »Du kommst aus Viva, richtig? Ich meine, du stammst ursprünglich von dort. Dann verstehst du nichts von Familie und Heimat. Wenn Menschen über Generationen hinweg an einem Ort leben, wird er Teil ihrer Seele. Dann spielt es keine Rolle mehr, wie schäbig oder verderbt er ist.«
Meine Augen weiteten sich. »Du bist ein Eingeborener des Kontinents?«
Daac lachte harsch. »Früher einmal vielleicht. Genetisch betrachtet bin ich genauso ein Mischwesen wie du; aber genetische Verwandtschaft ist etwas sehr Kompliziertes, schwierig zu definieren. Diejenigen von uns, die durch den Faden der l’orignie miteinander verbunden sind, wissen und verstehen es. Wir haben Aufzeichnungen über alles angefertigt.«
»L’orignie. Gibt es etwa noch mehr, die sich diesem verrückten Gedanken verschrieben haben?«
Daac richtete seinen Blick auf die kahle Wand ihm gegenüber. »Es gibt viele. Einige kennst du sogar.«
»Ja«, sagte ich skeptisch. »Lass mich raten.«
Seine Augen brannten wie eine Fackel. »Diese Information wird nicht leichtfertig
Weitere Kostenlose Bücher