Parrish Plessis 02 - Code Noir
Spur. Verstanden?«
Er räusperte sich und brach die Verbindung ab.
Ich bahnte mir einen Weg durch die Unordnung zur San-Einheit hinüber. Es schien, als wäre sie in letzter Zeit nicht benutzt worden. Wer auch immer hier gehaust hatte, er hatte keinen Wert auf Körperhygiene gelegt.
Ich warf meine Kleider in den Wäscheautomat und stellte die Leistung auf höchste Stufe. In wenigen Minuten würden meine Sachen genauso sauber und trocken sein wie ich selbst.
Erst, als meine Haut unter dem starken Duschstrahl brannte, verließ ich die San-Einheit wieder und zog mich an. Dann ging ich festen Schrittes ins Wohnzimmer.
Vier Bots schwirrten emsig im Zimmer umher, saugten Staub und Dreck auf und verteilten großzügig Reinigungsmittel auf Boden, Wände und alle Gegenstände. Einer der Bots machte sich an einer getrockneten Blutlache in der Mitte des Raums zu schaffen. Als die Maschine mich sah, erzitterte ihr Körper, als wolle sie sich dafür entschuldigen, dass der Fleck selbst mit größter Mühe nicht zu entfernen war.
Über sein Display befahl ich dem Bot, die Aktion zu wiederholen. »Versuch es noch einmal«, sagte ich. »Alle Überreste von Jamon würden sonst Erinnerungen in mir wachrufen.«
Erinnerungen woran, Parrish? Daran wie ein Speer die Brust dieses Mannes durchbohrte?
Aber jede Menschlichkeit war bereits aus Jamon gewichen, als die Cabal ihn auf diese grausame Art getötet hatten. Er war besessen gewesen, reduziert auf die Existenz eines Wirtskörpers für die Eskaalim.
Obwohl mir nicht bekannt war, woher diese Wesen stammten, wusste ich, dass sie sich vom Adrenalin der Menschen ernährten. Sie benutzten einen Großteil ihrer Opfer als lebende Nahrungsquelle. Andere – wie Jamon, der sich eigentlich erst im Tode verwandelt hatte, oder wie Io Lang, der längere Zeit als Formwandler unter uns gelebt hatte – wurden von den Eskaalim in energetische Wesen transformiert, deren menschliches Äußeres nur noch als bloße Hülle diente. Sie wurden zu Kreaturen, die ihre Form verändern konnten, über enorme Selbstheilkräfte verfügten und gewissenlose Taten begingen.
Zu welcher Art von Opfer zählte ich?
Wie viel Zeit blieb mir noch? Wie viel?
Nicht genug!
Die Stimme erklang in meinem Kopf wie ein Hammerschlag. Es war der Engel – die Erscheinung, als die sich der Eskaalim in mir manifestierte –, und er lachte mich aus.
Vielleicht hatte er Recht.
Der Klang der höhnischen Stimme entfachte in mir eine Flut des Verlangens. Bisher war Teece immer an meiner Seite gewesen und hatte mir dabei geholfen, die Auswirkungen dieser Anfälle zu unterdrücken, die mich in regelmäßigen Abständen heimsuchten. Er wird bald hier sein, versuchte ich mich zu beruhigen.
Beeil dich, Teece.
Ich kniete in der Mitte des Raums nieder und ließ mich langsam in die meditative Welt der Ruhe hinüber treiben; die Bots, die um mich herum noch immer die letzten Reste Dreck beseitigten, ignorierte ich. Langsam erkannte ich ein Muster in meinem Verhalten: Immer nach einem heftigen Adrenalinschub wurde ich von einer Vision überfallen, oder ich brauchte ein Ventil, um die Energie abzubauen, die sich in mir aufgestaut hatte. Wie ich das tat, lag ganz bei mir.
Meist verspürte ich ein Verlangen nach Sex, das allerdings nicht mit wahrer Liebe verbunden sein musste.
Teece hatte gelacht, als ich ihm davon erzählt hatte; doch seit er einen solchen Anfall erstmals miterlebt hatte, kannte er den Ernst meiner Situation.
Teece mochte den Gedanken nicht, benutzt zu werden. Er wollte von einer Frau verehrt werden, und er wollte ihr einziger Liebhaber sein. Nach einer Weile hatten ihn die Regelmäßigkeit und die offenbare Wahllosigkeit meines Verlangens beunruhigt.
»Was wird geschehen, wenn ich nicht bei dir bin? Wirst du dich in deinem Wahn mit jedem x-beliebigen Mann einlassen?«, hatte er mich gefragt.
»Eventuell.« Ich war ihm gegenüber immer offen.
Wenn ich meinem Verlangen nicht nachgab, verwandelte es sich in Wut, und diese Wut raubte mir mit jedem Anfall ein weiteres Stück meiner Menschlichkeit. Um des Nervenkitzels willen hatte ich bereits zuvor mit Fremden geschlafen, doch noch nie, um aggressive Zwänge zu unterdrücken. Mein Mangel an Selbstbeherrschung beunruhigte mich.
Teece hatte bei meiner Antwort das Gesicht verzogen. Kummer und Argwohn hatten sich damals in seinen Blick geschlichen und waren seitdem nie wieder aus seinen blassblauen Augen verschwunden.
»Und was, wenn Loyl gerade zufällig in der Nähe
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