Partials 1 – Aufbruch
zubereitet –, und ganz zuletzt folgte Nandita mit
den Schokoladendonuts. Kira lief das Wasser im Mund zusammen. Sie konnte sich
nicht erinnern, wann sie das letzte Mal etwas so Leckeres gegessen hatte.
Möglicherweise war es ein ganzes Jahr her – vielleicht am letzten Aufbautag.
Marcus blieb vor Kira stehen. »Brauchst du etwas? Willst du etwas
trinken oder so?«
Kira schüttelte den Kopf. »Mir geht es gut, aber könntest du Mads
ein Glas Wasser holen?«
»Ich bring dir auch eins mit.« Er legte ihr zärtlich eine Hand auf
die Schulter, dann kehrte er in die Küche zurück.
Xochis Blick traf Madison und anschließend Kira, danach wandte sie
sich der Musikanlage zu. »Ich glaube, wir brauchen jetzt was Ruhigeres.« Das
Kernstück der Anlage war ein kleines Steuergerät mit den Reglern, das an der
Wand auf einem Regal stand. Der Verstärker war drahtlos mit den im ganzen Raum
verteilten Lautsprechern verbunden. In der Mitte gab es eine kleine Andockbucht
für digitale Player. Xochi zog einen heraus und legte ihn in einen Korb. »Hat
jemand Wünsche?«
Madison lächelte. »Etwas Ruhigeres wäre wirklich schön.«
»Athena.« Kira stand auf, um bei der Suche zu helfen. »Athena mag
ich immer.« Zusammen mit Xochi wühlte sie in dem großen Weidenkorb, in dem die
schlanken silbernen Player lagen. Die meisten waren beschriftet: Von Daddy für Catelin, Für Christoph:
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Selbst die Player ohne
Beschriftung trugen persönliche Markierungen – ein Foto oder ein Symbol auf der
Plastikhülle, ein eingeritztes Bild auf der Rückseite, einen kleinen
Glücksbringer, der an einer Ecke baumelte. Dies waren nicht nur Speichergeräte
für Musik, sondern Erinnerungen an Personen, an lebende Menschen, an ihre
Vorlieben und Abneigungen, an ihren Geschmack und ihre Gedanken, die sich in
den Zusammenstellungen äußerten. Xochi hatte Jahre damit verbracht, die Player
im Schutt aufzutreiben. Oft hatten sie und Kira stundenlang auf dem Boden
gelegen, sich alles angehört und sich die früheren Besitzer vorgestellt. Für Katherine, zum Schulabschluss enthielt Country, die
fröhlichen Gitarrenklänge erzählten von großen Gefühlen. Jimmy
Olsen hatte so ziemlich alles gehört – uralte Gesänge, Sinfonien, lauten
Rock und sogar Heavy Metal. Ihren Liebling fand Kira ganz unten: Athena, mein Engel. Sie schob das Gerät in den Verstärker.
Ein paar Sekunden später begann das erste Lied, ein leises Stück mit treibendem
Rhythmus, eine raffinierte Klangmauer elektronischer Instrumente, schräge
Gitarrenmusik und intimer, heiserer Gesang. Es war beruhigend, behaglich, ein
wenig traurig und passte ideal zu Kiras Stimmung. Sie schloss die Augen und
lächelte. »Ja, ich mag Athena. Wer auch immer sie war.«
Marcus kehrte mit dem Wasser zurück, gleich darauf kam Haru von der
hinteren Veranda wieder herein. Er machte ein ernstes Gesicht, hatte sich aber
offenbar wieder beruhigt und nickte Xochi höflich zu. »Das riecht köstlich.
Danke, dass du das gemacht hast.«
»War mir ein Vergnügen.«
Kira blickte rasch in die Runde. »Warten wir noch auf jemanden?«
Madison schüttelte den Kopf. »Ich wollte Ariel einladen, aber sie
redet immer noch mit keinem. Isolde verspätet sich und sagte, wir sollten ohne
sie beginnen. Im Senat passiert etwas Wichtiges, und Hobbs hält sie auf.«
»So ein Pech auch.« Xochi verteilte die Teller und Gabeln. Ehe sie
begannen, hielten sie noch einen Moment lang inne.
»Einen schönen Aufbautag wünsche ich allen.« Marcus hob das
Wasserglas, und die anderen folgten seinem Beispiel. Es waren identische
Kristallpokale, die sie in einem riesigen Anwesen außerhalb der Stadt gefunden
hatten. Das Wasser war frisch abgekocht und hatte von den Chemikalien in
Nanditas Reinigungsapparat einen leichten Gelbstich.
»Die alte Welt ist dahin«, zitierte Madison die vertrauten Worte,
»aber die neue beginnt jetzt erst.«
»Die Vergangenheit werden wir nie vergessen«, fügte Haru hinzu, »und
die Zukunft werden wir meistern.«
Xochi reckte das Kinn und hielt sich betont aufrecht. »Aus dem Tod
entsteht Leben, aus Schwäche gehen wir gestärkt hervor.«
»Nichts kann uns bezwingen«, sagte Kira. »Wir können alles
vollbringen.« Sie hielt inne und wiederholte die Worte. »Wir können alles
vollbringen.«
Sie tranken und lauschten eine Weile schweigend der Musik, die leise
und gespenstisch im Hintergrund spielte. Kira trank das Wasser mit kleinen
Schlucken und spülte es
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