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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Stunde, wenn der Berufsverkehr einsetzt, ist hier die Hölle los.»
    Sven Liebmann schüttelte den Kopf. «Robert, das wird nicht gehen. Wenn wir dieBrücke sperren, wird derVerkehr in diesem Teilder Stadt zusammenbrechen. Damit machen wir das Chaos perfekt.»
    «Gut… mach es so, wie du es für richtig hältst.Aber dann müssen Planen aufgespannt werden. Wir müssen in Ruhe arbeiten können. Ohne die Gaffer.»
    Marthaler bahnte sich einen Weg zu dem kleinen Boot, das direkt am Ufer festgemacht hatte.Als er gerade an Bord gehen wollte,kam ihm ein Mann mit einerschwarzen Tasche entgegen. Es war einer der Notärzte. Sein Gesicht war fast so weiß wie sein Kittel.
    «Und?», fragte Marthaler.
    DerArzt sah ihn mit leerenAugen an. «Alle tot», sagte er.
    «Wie viele?»
    «Fünf.»
    «Was ist passiert?»
    «Schussverletzungen.»
    «Gibt es für euch hier noch etwas zu tun?»
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    Augenblicklich begann Marthaler zu brüllen. «Dann raus hier, verdammt nochmal.Alle raus! Was habt ihr dann noch hier zu suchen? Die Leute sind tot.»
    Er wartete. Kurz nacheinander verließen drei Männer und eine Frau das Boot. Sie trugen die leuchtenden Westen der Rettungssanitäter. Die Frau wollte sich beschweren, aber Marthaler brachte sie mit einem Blick zum Schweigen. Am Eingang zum Unterdeck blieb er stehen. Er schloss dieAugen und zählte bis zehn. Dann warf er einen ersten Blick auf den Tatort.
    Er griff in die Tasche seines Jacketts und zog das kleine Diktaphon hervor. Seit einiger Zeit hatte er sich angewöhnt, seine Beobachtungen auf Band zu sprechen. So musste er sich später nicht auf sein Gedächtnis verlassen. Und er hatte gemerkt, dass es ihm half, den Anblick am Schauplatz eines Verbrechens besser zu verkraften. Wenn er beschreiben musste, was er sah, war es einfacher. Er hatte etwas zu tun.
    Er schaltete das Gerät ein und begann zu sprechen.
    «Es istFreitag, der 3.Juni 2005.Es ist fünf Uhrund sieben Minuten. Es ist frisch, aber nicht kalt. Ich befindemich auf einem kleinen Boot, das direkt neben der Untermainbrücke liegt; es nennt sich Sultans Imbiss, anscheinend eineArt schwimmendes Restaurant. Der Gastraum ist ungefähr zweieinhalb Meter breit und vier Meter lang. Rechts und links des schmalen Mittelganges befinden sich auf jeder Seite drei Tische. Ich sehe halbvolle Gläser und benutzte Teller. Ich sehe fünf Personen… Nach Angaben des Notarztes sind alle fünf tot.»
    Einen Moment hielt Marthaler inne. Er stoppte das Band, kramte in seinen Taschen und merkte, dass er wieder vergessen hatte, ein Päckchen Einmalhandschuhe einzustecken. Er seufzte und machte sich daran, das erste Opfer zu inspizieren. Dann schaltete er das Diktaphon wieder ein.
    «Neben mir rechts sitzt ein Mann. Sein Oberkörper ist über den Tisch gebeugt, sein Kopf liegt auf der Tischplatte. Der Mann hat dunkles Haar, nein, sein Haar ist an vielen Stellen bereits grau.Alter… schwer zuschätzen. Irgendwas zwischenAnfang und Ende fünfzig. Der Mann ist schlank und gut gekleidet. SeineArme befinden sich unter dem Oberkörper.Am oberen Hinterkopf hat er eine deutlich erkennbare Schusswunde. Wahrscheinlich aufgesetzt.»
    Marthalers Mobiltelefon läutete. Er zog es hervor, schaltete es aus und ließ es zurück in seine Jackentasche gleiten.
    «Dem Mann gegenüber sitzt eine Frau. Sie ist deutlich jünger, vielleicht Ende dreißig,Anfang vierzig. Sie hat mittellanges Haar, mittelblond.Auch sie trägt teure Kleidung. Sie sitzt aufrecht, die Lehne der Bank im Rücken. Ihr Kopf ist nach hinten übergekippt, der Mund offen. BeideArme hängen am Körper herab. Einschuss auf der mittleren oberen Stirn. Ein Teilder Schädeldecke fehlt. Sie trägt eine Goldkette mitAnhänger. Neben ihr, auf der Fensterseite der Bank, befindet sich eine Handtasche.Auf dem Tisch steht ein Glas mit einem Rest Rotwein.»
    Marthaler beugte sich kurz hinunter, um den Boden zu untersuchen.
    «Unter dem Tisch liegt ein weiteres Weinglas. Es ist zerbrochen, der Wein ausgelaufen. Der gegenüberliegende Tisch auf der anderen Seite ist leer.»
    Er ging zwei Schritte weiter in den Raum hinein. Vorsichtig setzte er einen Fuß vorden anderen, um keine Spuren zu zerstören. Wieder machte er eine Pause, bevor er sein Diktat fortsetzte.
    «Zweiter Tisch links. Das nächste Opfer. Eine Frau, frischgefärbte Haare. Wahrscheinlich Ende sechzig, vielleicht etwas jünger. Einfach, aber gepflegt gekleidet. Ich sehe sie von hinten. Ihr Oberkörper ist halb aus der Bank

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