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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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ein paar Minuten vergangen. Die Kamera dürfte sich diesmal direkt unter der Brücke befinden. Im Hintergrund sehen wir auf der linken Seite das von innen erleuchtete Boot, rechts in der Dunkelheit erahnen wir die Bank, auf der unser Mann sitzt.»
    Man sah die Gestalt der Frau am dunklen Mainuferweg stehen.Außer ihr war niemand zu sehen. Sie sagte ein paar Sätze über den schönen Tag. Es hörte sich an, als würde sie ein Tagebuch diktieren. Sie erzählte, was sie gemacht und gegessen hatten, und dass sie hoffe, die nächsten fünf Jahre würden genauso schön wie die vergangenen. Plötzlich gab es eine Bewegung am rechten Bildrand. Eine dunkle Gestalt kreuzte den Weg und ging auf das Boot zu.
    «Seht ihr das», sagte Liebmann, der den Film angehaltenhatte und die letzten Sekunden noch einmal wiederholte. «Das ist er. Das ist unser Mann. Schaut, was jetzt passiert.»
    Der Mann betrat das Boot und blieb einen Moment stehen.
    «Was macht der?», fragte Döring. «Sieht aus, als würde er sich etwas über den Kopf ziehen. Der Kerl setzt sich eine Maske auf.»
    «Nein», sagte Liebmann. «Ich glaube, dass es ein Nachtsichtgerät ist. Ihr werdet gleich sehen, warum. So, jetzt erkennt man wieder eine Bewegung. Wahrscheinlich zieht er seine Pistole aus dem Holster. Man ahnt es mehr, als dass man es sieht. Nun öffnet er die Tür.»
    Etwa eine Minute lang sah man nur die sprechende Frau.Das Restaurantboot lag scheinbar friedlich im Hintergrund. Der Mann warim Gastraum verschwunden und hatte die Tür hinter sich geschlossen. Dann gingen in Sultans Imbiss die Lichter aus. Kurz darauf war der Film zu Ende.
    Im Besprechungsraum des Weißen Hauses herrschte füreinen Moment atemlose Ruhe.Außer dem Lüfter des Videobeamers war nichts zu hören. Es war, als würden die Polizisten nicht glauben können, was sie gesehen hatten. Erst als sie draußen ein Auto vorbeifahren hörten, schienen die Beamten aus ihrer Starre zu erwachen.
    «Rollläden hoch und Fenster auf!», rief Marthaler. «Die Luft hier drin ist zum Schneiden.»
    Kerstin Henschel, die neben ihm saß, sah blass aus. «Heißt das, wir haben geradezugesehen, wie der Mörder den Tatort betretenhat? Wir haben im selben Moment auf das Boot geschaut, als er dort fünf Leute erschossen hat?»
    «Ja», sagte Sven Liebmann, «das heißt es wohl. Und das Schlimme ist, wir können nichts damit anfangen.»
    «Trotzdem war es gut, das alles anzusehen», sagte Marthaler. «Immerhin wissen wir jetzt ungefähr, wie die Sache abgelaufen ist.Auch wenn wir noch keinenNamen und kein Gesicht haben.Aber eins ist sicher: Wir sind heute einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Wir wissen, wer die Französin ist. Und auch, wenn ich das alles noch nicht richtig verstehe: Von den arte-Leuten haben wir erfahren, dass sie nach Frankfurt gekommen ist, weil sie etwas über die verlorengeglaubte Partitur der Jacques-Offenbach-Operette herausbekommen will. Oder weil sie diese verkaufen will.»
    «Dennoch fühlt man sich wie gelähmt nach dem, was wir uns eben anschauen mussten», sagte Kerstin. «Fünf von den Leuten, die wir gesehen haben, sind tot, einer ist schwerverletzt. Und Valerie Rochard ist verschwunden. Das istkein gutes Zeichen, Robert. Gerade noch hat sie uns in dem Film entgegengelächelt. Wir verlieren Stunde um Stunde. Und du weißt, was das bedeutet.»
    «Die öffentliche Fahndung nach ihr läuft», erwiderte Marthaler. «Morgen wird es niemanden in diesem Land mehr geben, der ihr Gesicht nicht kennt. Mehr können wir im Moment nicht tun. Und deswegen schlage ich vor, dass wir für heute Schluss machen, dass wir jetzt nach Hause gehen, um uns auszuruhen. Ich bin sicher: Wir werden die Frau finden.»
    «Ja», sagte Kerstin Henschel. «Fragt sich nur, ob sie dann noch lebt.»
    Marthaler nickte. Dann sah er aus dem Fenster und schwieg. Plötzlich begann er zu lächeln.
    «Entschuldige, Robert. Was bereitet dir daran Vergnügen?»
    «Nichts», sagte Marthaler. «Gar nichts. Es ist nur so, dass Tereza schwanger ist. Wir bekommen ein Kind.»
     

Vierundzwanzig
    Eigentlich hatten sich Monsieur Hofmann und Mademoiselle Blanche darauf gefreut, amAbend in das kleine vietnamesische Restaurant zu gehen, das sie oft am Wochenende besuchten, um frittierte Frühlingsröllchen, Nudelsuppe und Hähnchenfilet in gestockterKokossahne zu essen.Als sie jedoch am Mittag durch die Rue de Tourtillegeschlendert waren, um einen Platz zu reservieren, hatten sie auf dem Zettel an der Tür gelesen, dass die

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