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Partnerschaft und Babykrise

Partnerschaft und Babykrise

Titel: Partnerschaft und Babykrise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schmidbauer
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Gefahrenquellen und Störungen durch das Dritte vorweg.
    Diese Parallele lässt sich noch vertiefen. Großeltern können Hilfe leisten, damit ein Paar an der Krise durch das Kind nicht zerbricht. Andererseits können sie die entsprechenden Konflikte verschärfen, bisher verborgene Rivalitäten an die Oberfläche zwingen und sich schließlich als Partner-Ersatz
anbieten: Dann vertreibt ein Bündnis aus einem Elternteil und dessen Großeltern den anderen Elternteil.
    Peter ist Lehrer, studiert aber auch noch an einer Kunstakademie. Seine Freundin Kay arbeitet in einer Zeitschriftenredaktion. Sie wird schwanger – Peter erklärt energisch, er habe da zwar nichts dagegen, er würde sie auch finanziell unterstützen, so gut er könne, aber er könne sich auch nicht vorstellen, seine künstlerische Arbeit aufzugeben und sich auf Kays Vorschlag einzulassen, dass beide halb arbeiten und das Kind gemeinsam versorgen. Außerdem ist Kay die einzige Tochter, während Peter mehrere Brüder hat, von denen schon einige den Familiennamen an ihre Kinder weitergegeben haben. Deshalb möchte Kay, dass das Kind ihren Familiennamen trägt, wenn sie heiraten. »Warum heiraten?« sagt Peter trotzig.
    Einige Jahre nach der Geburt des Kindes ist Kay in die Nähe ihrer Eltern gezogen. Das Kind trägt ihren Namen. Peter fühlt sich ausgeschlossen. Er sieht seinen Sohn nur sporadisch. Kay will ihn ihm nicht über Nacht überlassen, sie hat das ein einziges Mal zugelassen, danach war das Kind krank. Peter ist wegen einer Depression arbeitsunfähig; das Kunststudium hat er abgebrochen.
    Wenn Söhne oder Töchter heiraten, ist das für die Eltern ein Verlust. Wenn diese einem Fremden geopferten Kinder nun Enkel bringen, erhebt sich die Frage, wem die Nachkommen »gehören«.

    Großeltern, die sich gerne um ihre Enkel kümmern, sind eine Ressource; Großeltern, mit denen es Streit gibt, eine Plage.
    Solange der ägyptische Student mit seiner deutschen Partnerin deren liberale Familie besucht, seinen Charme und seine Sprachkenntnisse zur Geltung bringt und alle bezaubert, loben alle die interkulturelle Ehe. Aber während Verliebtheit immer das Versprechen enthält, Wünsche aneinander seien identisch, müssen Paare nach der Geburt eines Kindes oft erkennen, wie fremd sich ihre Familien geblieben sind.
    Kinder verführen jeden, der mit ihnen zu tun hat, zu einer brisanten Mischung aus eigenen Wünschen, wieder Kind zu sein, und Sehnsüchten nach Unsterblichkeit in der Weitergabe eigener Kostbarkeiten. Die Tünche des zivilisierten Umgangs blättert.
    Bisher haben sich der Sohn einer evangelischen Pfarrfamilie und die Tochter eines fest im Katholizismus verwurzelten Landwirts gut verstanden. Sie haben sich in Asien kennengelernt, sich mit Yoga und Buddhismus befasst. Sie sind beide viel gereist und halten sich für weltoffen, weit entfernt von den engherzigen Traditionen ihrer Ursprungsfamilien. Als sie zusammengezogen sind und über Ehe und Kinder nachdenken, ist noch ganz klar, dass sie, wenn überhaupt, evangelisch heiraten werden, weil der Onkel des Bräutigams, der sie traut, die katholische Braut ohne jene kritischen Fragen aufnimmt, welche diese nach ihren Erfahrungen mit dem Dorfpfarrer von einst für unausweichlich hält.
    Die Braut findet nach der Ehe Anschluss an eine katholische Pfarrei in der Großstadt, wo sie in einem Gesprächskreis über
östliche Weisheit und christliche Überlieferung einen Pfarrer kennenlernt, der offen über seine Homosexualität spricht und ihr ein ganz neues Bild ihrer Kirche vermittelt. Auch ihr Mann lernt diesen Kreis kennen, kann aber mit der katholischen Mystik nicht viel anfangen.
    Nach der Geburt eines Sohns überrascht die Mutter den Vater mit dem Wunsch, das Kind von diesem homosexuellen Pfarrer taufen zu lassen. Sie sei ihm in der evangelischen Eheschließung entgegengekommen, jetzt sei er dran! Es entspinnt sich ein heftiger Konflikt, in dem beide Partner Traditionen und Vorurteile beleben, die sie für längst überwunden hielten. Der Ehemann verweist darauf, dass der Sohn auf diesem Weg als Kirchensteuerzahler für eine reaktionäre Einrichtung enden werde. Der Streit mündet in einen Waffenstillstand. Die Partner einigen sich abzuwarten, bis das Kind ein eigenes Urteil in der Frage bildet, in welche Konfession es getauft werden möchte.
    Die Geburt eines Kindes weckt häufig bisher latente Entwertungen und Rivalitäten zwischen Ehefrau und Schwiegermutter. Indem sie selbst Mutter geworden ist,

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