Party Girl - Roman
solche Haare anzufassen, die starr wie Beton waren und in zipfeligen Büscheln vom Kopf abstan den, waagerecht. Sie fragte sich, ob man davon keine drecki gen Hände kriegte. Und wonach die Haare wohl stanken, denn Mädchen wie das hier benutzten bestimmt Sham poos, die nach irgendwas Exotischem stanken, falls sie sich überhaupt die Haare wuschen.
Mona wollte ihre Jacke aufhängen, aber Mirko und das Mädchen standen direkt bei der Garderobe, also musste sie daran vorbei.
Als Mona nach einem Bügel griff, paffte das Mädchen ihr den Qualm ins Gesicht und nuschelte: »Ich an deiner Stelle wär auch sauer. Mirko ist ein Arsch.«
Mona verharrte mitten in der Bewegung. Sie schaute dem Mädchen in die Augen. Es waren ganz wässrige helle Augen, die Pupillen klein wie Stecknadelknöpfe. Komischerweise hatte sie gedacht, das Mädchen würde schwarze Augen ha ben.
Mirko lachte. »Hey, hey!«
Er ließ sie los. Er ging zu Mona, fasste sie von hinten, drückte ihr Gesicht zurück und küsste sie auf die Stirn. Mo-na dachte, ihre Halswirbel würden brechen, sie hörte es schon knacken.
»Schön, dass du endlich da bist«, sagte Mirko. »Wir haben einen irren Kohldampf. Ich hab Susi gesagt, dass du eine Superköchin bist.«
Sie hieß Susi! Von allen denkbaren Namen ausgerechnet SUSI! Mona kannte nur eine Susi und das war die aus Susi und Strolch . Sie fragte sich, was Eltern sich dabei dachten, ihr Kind Susi zu nennen, aber wahrscheinlich hieß sie Su sanne. War auch nicht viel besser.
Mona holte tief Luft und sagte: »Seid ihr bescheuert oder was?«
Mirko grinste.
Susi fasste ihn am Arm. Sie schwankte. »Mirko, sie hat recht.«
Mirko sagte: »Halt jetzt mal die Schnauze, du hast schon zu viel geredet.«
Und dann sagte er zu Mona: »Irgendwelche Spaghetti vielleicht? Sie ist nicht gut drauf, weißt du, sie braucht ei nen Talk-Down.«
Mona hatte keine Ahnung, was ein Talk-Down war, und es interessierte sie auch nicht.
»Irgendwas, das den Magen schön füllt, was nicht scharf ist.« Susi brachte beinah ein Lächeln zustande. Ein kaputtes Lä cheln, das im Ansatz stecken blieb. Sie merkte es selbst und hörte damit auf. »Könnte auch Grießbrei sein oder Kartoffel brei. So Kinderspeise eben. Im Heim gab’s das oft, war lecker.«
»Kartoffelbrei geht nicht«, sagte Mona, »aber ich kann Nudeln machen.«
Während sie alle drei in die Küche gingen, fragte Mona sich, was in ihr vorging, wieso sie dieses Spiel mitmachte, wieso sie die Typen nicht packte und vor die Tür warf.
Hatten die beiden etwas miteinander? Er hatte zwei Schwestern, das wusste sie, aber die waren noch zu jung.
Laut sagte sie: »Ich kann Spaghetti Pomodori machen oder alla Arrabiata.«
»Hä?«, fragte Susi.
Mirko grinste. »Ich hab’s dir doch gesagt, die hat es drauf.«
Mona erklärte, dass sie entweder eine Tomatensoße ko chen könnte (man schmorte die Tomaten in Olivenöl und drückte sie dann durch ein Sieb) oder eine scharfe Soße mit Zwiebeln und Chili.
Susi wollte die Tomatensoße, Mirko lieber die scharfe, aber als Mona sagte »Eine gibt’s nur«, war klar, dass es die Tomatensoße sein würde, wegen Susi, weil sie ja diesen Kin dermagen hatte. Oder weil ihr Magen kaputt war.
Susi holte die Teller aus dem Schrank, nachdem Mona ihr erklärt hatte, wo sie standen, und Mirko besorgte Wasser und die Gläser.
Mona stand am Herd und Susi und Mirko saßen auf den Barhockern und schauten ihr zu, wie sie die Tomaten mit einem großen Messer würfelte. Susi hatte ihren Kopf, weil er wohl zu schwer war, in beide Hände gestützt. In allen Kochbüchern stand, dass man beim Kochen große Messer benutzen sollte.
Als Mona die Zwiebel schälte, sagte Susi: »Das killt mich echt. Wie du das machst. Ich hab noch nie jemandem bei so was zugeguckt.«
»Hast du keine Mutter?«
»Doch«, sagte Susi, »aber die weiß nicht mal, wie man das Wort Küche buchstabiert. Wir holen uns das Essen immer am Imbiss. Der ist direkt gegenüber.«
»Susis Mutter ist ein echter Reinfall«, sagte Mirko. »Besser keine Mutter als so eine.«
Daraufhin brauste Susi auf und meinte, dass Mirkos Mut ter ja wohl auch in die Tonne gehörte, während Mona das Olivenöl Extra Vergine in die Pfanne gab und die Zwiebeln anschmorte, Salz drüberstreute und Majoran von der Pflan ze auf dem Fensterbrett zupfte.
Sie wohnten beide im Hasenbergl. Mona war da noch nie gewesen, aber sie hatte gehört, dass das die schlimmste Ge gend von München sei, sozialer Brennpunkt und
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