Passionsfrüchtchen
Platz.
„Wie geht es Ihnen?“
„Gut. Danke“, antwortete Nina.
„Gut?“, hakte Herr Breitner nach. „Macht Ihnen Ihre Arbeit Spaß?“
Wie war denn das gemeint? Nina bejahte die Frage.
„Ich frage nur, weil ich gehört habe, dass Sie sich intern in einer anderen Abteilung beworben haben.“
Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Daher wehte der Wind! Herr Breitner wollte wissen, warum sie sich in der Marketingabteilung beworben hatte. Den Tipp hatte sie von Sandra bekommen. Es wäre toll, wieder mit Sandra in einem Team zu arbeiten, so wie am Anfang ihrer Beschäftigung bei Mertens & Mittermaier. Außerdem war es eine tolle Chance, wieder etwas Neues zu lernen. Und besser bezahlt war der Job auch, erklärte sie ihrem Boss.
„Und warum haben Sie vorher nicht mit mir darüber gesprochen?“, fragte Herr Breitner. „Frau Wickert, ich bin wirklich enttäuscht, dass Sie so wenig Vertrauen zu mir haben. Als Herr Schuster mich gestern darauf angesprochen hat, wusste ich gar nicht, worum es geht.“
Nina schoss die Röte in die Wangen. Ihr hatte nur die Aussicht gefallen, wieder mit Sandra arbeiten zu können. Sie hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass es ihrem Chef vielleicht nicht recht sein könnte, wenn sie sich anderweitig bewarb oder dass es unangenehm für ihn werden könnte, wenn sie ihn nicht informierte. Schuldbewusst blickte sie auf ihre Schreibtischunterlage. „Tut mir ehrlich leid, Herr Breitner.“
„Nun schauen Sie nicht so traurig. Ich finde es gut, dass Sie sich bewerben. Ich kann Sie verstehen. Wenn ich auch nicht glücklich darüber bin, dass mich eine meiner fähigsten Mitarbeiterinnen verlassen will.“
Sein Schmunzeln verriet Nina, dass er es ihr nicht mehr übel nahm. Erleichtert lächelte sie zurück.
„Das soll aber nicht heißen, dass ich Sie einfach so gehen lasse“, fügte er hinzu. „Ich habe mit Herrn Schuster vereinbart, dass Sie erst bei ihm anfangen, wenn dieses Projekt zu Ende ist – falls er sich für Sie entscheidet. Alles klar?“
„Ja, natürlich, Herr Breitner.“
Nina schaltete den Computer aus, packte ihre Tasche und verließ das Büro. Zu Hause zog sie ihren Jogginganzug an und schnitt zwei Scheiben Brot ab, die sie zusammen mit etwas Käse auf einem Teller anrichtete. Dann holte sie eine Flasche Crémant aus dem Kühlschrank. Sie schenkte sich einen kleinen Schluck ein. Sie liebte es, zuzusehen, wie die Kohlensäure in feinen Perlen vom Grund des Glases nach oben stieg, schwenkte das Glas ein wenig und hielt es sich an die Nase. Sie glaubte, einen Hauch von dunklen Johannisbeeren wahrzunehmen. Seit sie vor ihrem Studium bei einem französischen Winzer in der Bourgogne ein Praktikum gemacht hatte, hatte sie viel über Wein und Schaumweine gelernt. Sie stellte das Glas auf dem Küchentisch ab, holte ihr Notebook und stellte es neben dem Brotteller ab. Dann klappte sie den Deckel auf, startete den Computer und probierte den Schaumwein. Er hatte eine feinfruchtige Note, die einen guten Gegensatz zu der Säure bildete. Wieder träumte sie davon, eines Tages einen eigenen Weinhandel zu haben und Weingüter in Frankreich, Spanien und Italien zu bereisen. Nina seufzte bei dem Gedanken.
Sie ging die E-Mails durch und sah nach, ob etwas Brauchbares dazwischen war. Da! Sie hatte Post von ihrer Freundin Corinne. Wie schön, dass sie sich meldete.
„Bonjour, meine Liebe
,
es ist schon lange her, seit ich etwas von dir gehört habe. Wie geht es dir? Hast du Zeit vom 12. bis 23. Mai? Willst du mich nicht besuchen und mir beim Festival von Cannes helfen? Ich bezahle dir auch den Flug und du wohnst bei mir
.
Was sagst du? Küsschen, Corinne.“
Eine Einladung zu den Filmfestspielen nach Cannes! Das war zu schön, um wahr zu sein! Gleich morgen würde sie in der Firma fragen, ob sie Urlaub haben könnte. Sie würde nach Cannes fahren! Zu den Filmfestspielen! Einmal im Leben dabei sein! Wahnsinn! Vielleicht würde sie Brad Pitt treffen? Oder wenigstens sehen. Oder wenn schon nicht Brad, dann vielleicht einen von den deutschen Stars: Daniel Brühl oder Til Schweiger?
In ihrer Aufregung hatte Nina übersehen, dass Corinne um ihre Hilfe bei den Festspielen gebeten hatte. Von Stars war gar nicht die Rede. Aber Nina schwelgte in Vorfreude.
Renate hatte ihn wieder in den Swingerclub bestellt. Normalerweise holte Sven sie ab und sie fuhren gemeinsam hin. Diesmal aber wollte sie ihn dort treffen. Als er ankam, öffnete der Portier und begrüßte ihn wie immer. Er traf Renate
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