Passionsfrüchtchen
Er liebte ihren Duft, insbesondere nach dem Sex. Sie roch nicht nur gut, sie schmeckte auch so. Was das anging, so konnte er ein Lied davon singen. Der Geschmack einer Frau war beinahe so unverwechselbar, wie ihr Fingerabdruck. Schon so manches Mal hatte es ihn Überwindung gekostet, die Möse einer Kundin auszulutschen, wenn ihm ein säuerlicher oder sogar fischiger Geruch entgegenschlug. Aber Nina hatte ein ganz besonderes Aroma. Eine moschusartige Basis vermischte sich mit ihrer ganz persönlichen, etwas herben Note zu einem einzigartigen Ensemble, wie ein persönliches Parfüm. Er konnte nicht genug davon bekommen. Ihre Sinnlichkeit zog ihn immer wieder aufs Neue an. Aber das war es nicht allein. Es war dieses Gefühl, das sie ihm gab, das Gefühl, er sei der erste und einzige Mensch auf der Welt, der sie glücklich machte, der für sie zählte.
Er drehte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf den Arm, um sie besser betrachten zu können. Im Dunkeln zeichnete sich ihre Silhouette undeutlich unter der Bettdecke ab. Er zog die Decke ein Stück weg und küsste sie sanft auf die Schulter.
„Mein Liebling, bitte verlass mich nicht. Ich liebe dich auch“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Ihr Atem ging weiterhin gleichmäßig. Sie hatte nichts bemerkt. Er legte seinen Arm um sie und kuschelte sich an sie. Sie bewegte sich ein wenig im Schlaf, lag dann aber wieder ruhig neben ihm. Wenn er ihr nur sagen könnte, wie sehr sie ihn glücklich machte. Erst seit er sie kannte, lebte er im Grunde wieder. Er konnte sie nicht aufgeben. Für nichts in der Welt. Und wenn er für immer und ewig eine Rolle spielen müsste. Er würde es tun, wenn er sie dadurch bei sich halten könnte. Er drückte sie an sich, als wollte er sie nie wieder loslassen, und wünschte sich, dass diese Nacht nie enden würde.
Es war Mittwochabend. Nina stand bei Sandra in der Küche, um mit ihr zu kochen. Während Sandra die Shrimps säuberte, die in die Kokossauce sollten, kümmerte sich Nina um das Dessert. Die Erdbeeren waren schon geputzt. Jetzt war sie dabei, eine Vanillecreme aus Quark, Sahne und Zucker herzustellen.
„Sind die Shrimps fertig?“, fragte sie Sandra. „Ich habe Hunger.“
„Ja, sind gleich fertig. Willst du schon den Tisch decken?“
Nina kannte sich in Sandras Küche genauso gut aus wie in ihrer eigenen. Sie nahm das große Vorratsglas vom Regal und gab drei gehäufte Esslöffel Zucker an die Creme, verrührte alles noch einmal und schichtete dann die Erdbeeren abwechselnd mit der Creme und zuvor zerkrümelten Waffelröllchen in zwei Gläser. Ihre Mittwochabende zelebrierten sie nun schon seit über einem Jahr. Sie stellte Teller und Gläser auf den Tisch und holte das Besteck aus der Schublade. Wenige Minuten später saßen sie beim Essen. Die Kokossauce war süßlich, aber auch scharf, denn Sandra hatte zwei Chilischoten hinzugefügt. Sie passte wunderbar zu den Shrimps und dem Basmatireis. Sandra aß mit großem Appetit, aber Nina hatte nach wenigen Bissen die Gabel auf den Teller gelegt.
„Was ist?“, fragte Sandra. „Schmeckt’s dir nicht? Zu scharf?“
„Nein gar nicht. Es ist köstlich. Aber ich habe keinen Hunger mehr.“
„Aber gerade konnte es dir gar nicht schnell genug gehen. Was ist denn los?“
„Ich weiß auch nicht“, druckste Nina herum. „In letzter Zeit geht es mir ständig so. Erst habe ich einen Riesenhunger, und wenn ich dann drei Löffel gegessen habe, kriege ich keinen Bissen mehr runter.“
Sie wusste sehr wohl, dass es daran lag, dass sie verliebt war. Aber sie hatte versprochen, nichts zu sagen, um André zu schützen.
Sandra legte ihre Gabel aus der Hand. „Warst du schon beim Arzt?“, fragte sie, aber Nina schüttelte den Kopf. „Vielleicht solltest du mal hingehen. Ist vielleicht was Ernstes.“ Sandra sah auf den fast unberührten Teller von Nina. „Willst du wirklich nichts mehr?“
Als Nina verneinte, räumte sie die Teller ab und holte das Dessert aus dem Kühlschrank.
„Das sieht super aus. Willst du davon was haben? Wenn nicht, esse ich beide alleine auf.“ Sie hielt Nina den Nachtisch verführerisch vor die Nase.
„Na gut. Ein bisschen was kriege ich vielleicht noch runter.“
Nina schnappte sich eins der Gläser. Sie sah zu, wie Sandra den Löffel in die Creme eintauchte und ihn genüsslich in den Mund steckte. Unmittelbar darauf fielen Sandras Mundwinkel nach unten. Sie machte große Augen und stürzte zum Waschbecken, um den Inhalt aus ihrem Mund
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