Passionsfrüchtchen
ich ein Mann wäre und als Junggeselle leben wollte, würde sich kein Mensch darüber aufregen.“
„Du weißt nicht, was dir entgeht“, konterte Nina.
„Das weiß ich wohl: Katzenjammer und doppelt so viel Hausarbeit. Und das alles für ein bisschen Zärtlichkeit. Nein, danke!“
„Du hast es noch nie ausprobiert. Also kannst du dir gar kein Urteil erlauben.“
„Jetzt lass uns nicht wieder darüber diskutieren“, erwiderte Sandra kurz angebunden. „Du weißt genau, dass ich nicht so enden will, wie meine Mutter. Lieber bleibe ich allein.“
Nina kannte diese Diskussionen. Schon mehrfach hatte Sandra erklärt, dass sie sich niemals fest binden wollte. Sandras abschreckendstes Beispiel für eine missglückte Beziehung war ihre eigene Mutter. Seit Sandras Vater sie verlassen hatte, litt ihre Mutter unter Depressionen. Sandra hatte ihre Konsequenzen daraus gezogen. Sie wollte sich niemals emotional an jemanden binden. Lieber behielt sie ihre Gefühle für sich. Wenigstens konnte dann niemand darauf herumtrampeln.
„Aber in einer Beziehung gibt es auch viele positive Erfahrungen. Die wirst du niemals machen, wenn du dich nicht traust.“
„Schon möglich. Das ist eben der Preis, wenn man allein leben will. Immer noch besser, als wenn ich für den Rest meines Lebens der großen Liebe nachtrauere und mich so einsam fühle, wie meine Mutter.“
Nina gab es auf. Sandra war für ihre Argumente genauso wenig empfänglich, wie sie für Sandras nüchterne Ansichten.
„Sag mal, hast du schon Pläne für Ostern?“, wechselte Sandra das Thema. „Ich hätte Lust, ein paar Tage Urlaub zu machen. Irgendwo, wo die Sonne scheint.“
„Oh ja!“ Nina war begeistert. „Hast du schon eine Idee?“
„Wie wär’s mit Griechenland? Oder Spanien. Hauptsache, es ist warm. Ich kann echt keine Winterklamotten mehr sehen.“
Nina hatte schon ihren Rechner angeworfen und war dabei, sich in ein Reiseportal einzuwählen.
„Willst du nicht rüberkommen?“, fragte sie Sandra. „Ich habe hier schon etwas Günstiges gefunden. Warst du schon mal in Barcelona?“
„Hört sich gut an! Warte, ich bin gleich bei dir.“
März
Sandra hatte einen anstrengenden Tag hinter sich. Sie war zwar nicht arbeitsscheu und die Arbeit machte ihr Spaß, aber im Moment war so viel zu tun, dass sie jeden Tag gut zehn Stunden im Büro hätte bleiben können und immer noch nicht fertig gewesen wäre. In ihrer Abteilung war eine Stelle ausgeschrieben, die hoffentlich bald die ersehnte Entlastung brachte. Sie durfte nicht vergessen, Nina davon zu erzählen. Vielleicht konnte sie sich auf den Job bewerben. Zum Glück war jetzt Wochenende. Sie musste dringend abschalten. Ein schönes heißes Bad war jetzt genau das Richtige zum Relaxen.
Sie ging ins Bad, drehte den Wasserhahn auf und mischte die richtige Temperatur an. In der Küche nahm sie zwei Becher Buttermilch aus dem Kühlschrank. Zusammen mit einer Flasche Olivenöl und einem Glas Honig trug sie sie ins Bad. Sie goss die Buttermilch in das einlaufende Badewasser, gab einen ordentlichen Schluck Olivenöl dazu sowie zwei großzügige Esslöffel Honig. Diese Mischung würde ihre Haut streichelzart machen. Dann schaute sie im Badezimmerschrank nach, welche Duftöle sie ihrem Wonnebad noch beimischen könnte. Ein Fläschchen Ylang Ylang fiel ihr in die Hände. Sie schraubte den Deckel auf und schnupperte daran. Es roch verführerisch. Warum nicht? Großzügig träufelte sie zehn Tropfen ins Badewasser.
Etwas fehlte aber noch, um das Bad perfekt zu machen. Noch einmal ging sie in die Küche, öffnete ein Pikkolo, holte eine Kerze, ein Sektglas und sah sich nach etwas Essbarem um. Am liebsten hätte sie Erdbeeren gehabt. Aber die gab es um diese Jahreszeit nicht. Oder wenn doch, dann waren sie ungenießbar. Eine Mango und eine Papaya lachten sie an. Sie nahm die Früchte aus der Obstschale, schälte sie, schnitt das gelbe und orangefarbene Fruchtfleisch in Stücke und richtete es auf einem Teller an. Es sah wirklich appetitlich aus. Auf einem Tablett trug sie alles zusammen ins Bad zurück und stellte es auf einem Hocker neben der Badewanne ab.
Die Wanne war inzwischen voll genug. Sie drehte das Wasser ab, zündete die Kerze an, und goss sich ein wenig Sekt ein.
Als sie den Fuß ins Wasser tauchen wollte, klingelte das Telefon. Sandra ging zurück in den Flur.
„Nina? Kann ich dich gleich …“
„Nina?“, schallte eine unbekannte männliche Stimme aus dem Hörer. „Hier ist Jens. Ist
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