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Passwort: Henrietta

Passwort: Henrietta

Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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umrahmte.
    Es sagte ihm nichts, es war ihm auch egal.
    Er warf einen schnellen Blick auf die Ampel, dann wieder auf den Verkehr. Autos und Motorräder rasten die Pearse Street entlang. Die Ampel schaltete von Grün auf Gelb. Ein roter Laster walzte noch hinüber. Dahinter ließ ein schwarzer BMW den Motor aufheulen und gab Gas.
    Camerons Kopfhaut kribbelte. Er hob die Hand.
    Jetzt.
    Ein Ellbogenstoß gegen den Arm brachte ihn aus dem Gleichgewicht.
    »So ein Raser! Der gehört doch eingesperrt!« Die Alte rückte nah an ihn heran. Ihr schaler Atem roch nach Wein.
    Der BMW röhrte vorbei. Die Fußgängerampel piepte, und die Menge strömte über die Straße.
    Cameron starrte die stinkende Alte mit ihrer Tasche, die ihn um seinen Höhepunkt gebracht hatte, nur an. Ihre entzündeten Augen weiteten sich, sie wich zurück. Er riss sich von ihr los, marschierte über die Straße und blinzelte in die Menge.
    Von der dunkelhaarigen Frau keine Spur.
    Er schlängelte sich durch die Passanten und hielt Ausschau nach ihr. Dann blieb er stehen, grub seine Fingernägel in die Handflächen, ignorierte das Gedränge um sich und beobachtete die Bewegungen der Menge. Er suchte nach einem Muster. Die Leute hasteten, huschten wie Ratten, kamen aus allen möglichen Richtungen. Aber die meisten davon strömten in den höhlenartigen Eingang links von ihm.
    Cameron lächelte und entspannte die Finger. Natürlich: die Pearse Station.
    Besser ging es kaum.
    Er quetschte sich durch die Schlange, die den Eingang verstopfte, und ließ seinen Blick schweifen. Sie musste irgendwo hier sein. Über ihm ratterten die Züge, in der Luft lag eine Mischung aus Staub und Schweißgeruch. Dann entdeckte er sie, auf der anderen Seite der Fahrkartenabsperrung. Sie betrat soeben die Rolltreppe, die zum Bahnsteig für die Züge nach Süden führte.
    Er sah zur Schlange vor dem Fahrkartenschalter. Zehn Leute, und nichts ging voran. Natürlich könnte er sich über die Absperrung schwingen, aber damit würde er unweigerlich auffallen. Er musste zu ihr, bevor sie in den nächsten Zug einstieg.
    Er kniff die Augen zusammen und inspizierte die Absperrungen. Alles automatische Drehkreuze, bis auf einen Durchgang am Ende. Dort liefen die Passanten an einem mittelältlichen Mann in labbriger blauer Uniform vorbei, der bei jedem Zweiten einen Blick auf die Fahrkarte warf.
    Es war Camerons einzige Chance.
    Er suchte nach einer Deckung. Zwei japanische Studenten schlenderten an ihm vorüber und steuerten den letzten Durchgang an. Der größere der beiden hielt am ausgestreckten Arm einen Stadtplan von Dublin von sich, fast so, als würde er Zeitung lesen. Cameron hängte sich an sie dran. Sie blieben vor dem Fahrkartenkontrolleur stehen und kämpften mit dem Stadtplan, während sie nach ihren Fahrkarten kramten. Cameron huschte hinter ihnen unbemerkt durch die Absperrung.
    Auf der Rolltreppe nahm er zwei Stufen auf einmal und raste zum Bahnsteig hinauf. Oben angekommen, hielt er den Atem an.
    Der Bahnsteig war riesig, so groß wie ein Flugzeughangar. Auf beiden Seiten der Gleise standen die Leute und starrten auf die offenen Münder an beiden Enden, durch die das Tageslicht hereinfiel.
    Die Frau befand sich am Rand des Bahnsteigs, zwanzig Meter links von ihm. Er atmete aus, und eine wohlbekannte Hitzewelle strömte durch seinen Körper. Er aalte sich darin.
    Er schob sich zu ihr und sah zur Anzeige hinauf, die die Ankunft des nächsten Zugs verkündete.
    Noch zwei Minuten.
    Er rückte zu ihr auf, vorbei an den anderen Pendlern, die auf dem Bahnsteig ihren Platz geltend machten, so dass sich keiner zwischen sie stellen konnte.
    Er war ihr jetzt sehr nah. So nah, dass er sie berühren könnte. Er roch ihren blumigen Duft. Er atmete ihn tief ein und war sich seines eigenen muffigen, säuerlichen Geruchs bewusst, der sich mit ihrem vermischte. Er sehnte sich danach, sich gegen sie zu drücken. Er überlegte, was er ihr zuflüstern würde, kurz bevor sie über den Bahnsteigrand fallen würde.
    In die Luft kam Bewegung. Die Gleise klackten. Etwas Kleines huschte über sie.
    Er sah zur Anzeige hinauf. Eine Minute.
    Er hob die Hand.
    Jetzt gleich.

[home]
    6
      
    V om Sicherheitsstreifen zurückbleiben. Harry kümmerte sich sonst nicht viel um Regeln, aber diese beachtete sie. Sie versteifte sich, drückte gegen die Leiber, die sich hinter ihr aufbauten und sie nach vorn drängten.
    Eine Taube krallte sich in die Bahnsteigkante, neigte den Kopf und sah auf die Gleise, die

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