Passwort: Henrietta
sie mit eigenen Augen auf dem Bildschirm gesehen, und die Bank hatte es bestätigt. Keine Houdini-Tricks.
Sie wuchtete ihre Tasche auf den Küchentisch und wühlte darin herum. Dillon hatte ihr gesagt, sie solle mit ihrem Vater reden. Er hatte recht. Sie brauchte Erklärungen, und was wäre besser, als mit ihm anzufangen? Aber das konnte sie nicht, noch nicht. Es musste einen anderen Weg geben.
Sie zog eine Handvoll Visitenkarten aus der Tasche und ging sie durch, bis sie die gesuchte gefunden hatte. Sie musterte sie und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Sie war mit diesem Kerl schon einmal aneinandergeraten und hatte keine große Lust, ihn um einen Gefallen zu bitten. Aber ihr blieb nichts anderes übrig. Außer ihrem Vater war er der einzige Investmentbanker, den sie kannte.
Sie wählte die Nummer auf der Karte und wartete. Er musste da sein, auch an einem Samstag. Wochenenden zählten in diesen Kreisen nicht viel.
»Hallo, hier Jude Tiernan.« Er hatte eine tiefe Stimme wie die eines Holzblasinstruments.
Zu spät bemerkte sie, dass sie sich ihre Geschichte nicht zurechtgelegt hatte. Sie musste improvisieren. »Oh, hallo, hier ist Harry Martinez.«
Das Schweigen am anderen Ende der Leitung dauerte einen Tick zu lang. Sie half ihm auf die Sprünge. »Wir haben uns gestern gesehen.«
»Oh, keine Sorge, ich kann mich gut an Sie erinnern«, sagte er. »Ich will nur nicht glauben, dass ich mit Ihnen noch mal reden muss.«
Harry wand sich und schloss die Augen. Den Kommentar hatte sie wahrscheinlich verdient. Sie beschloss, zunächst bei der Wahrheit zu bleiben. »Hören Sie, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Ich war gestern nicht ganz auf der Reihe.«
»Sie waren mehr als nicht ganz auf der Reihe. Was Sie gesagt haben, war diffamierend.«
Harry riss die Augen auf. »Hey, ich bin provoziert worden, vergessen Sie das nicht! Ihr Kollege hat seine Worte auch nicht unbedingt auf die Waagschale gelegt.«
»Felix Roche ist ein Dickschädel, zugegeben. Aber soweit ich mich erinnere, schienen Ihre Vorwürfe auf alle im Raum gemünzt gewesen zu sein.«
Harry setzte sich auf einen Stuhl und seufzte. »Hören Sie, können wir die Sache vorerst lassen? Ich würde nämlich gern über etwas ganz anderes reden.« Sie fummelte an einer Ecke seiner Visitenkarte herum. »Es geht um meinen Vater.«
Es folgte Schweigen. »Fahren Sie fort.«
»Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen über das stellen, was er getan hat.«
»Warum fragen Sie ihn nicht persönlich?«
Harry zögerte. »Es ist ein wenig heikel. Wenn wir uns heute Nachmittag treffen, könnte ich es erklären.«
»Das wird nicht gehen. Ich häng hier noch den ganzen Tag fest, dann muss ich zum Flughafen. Wenn das also …«
»Gestern hat jemand versucht, mich vor einen Zug zu stoßen.« Verdammt, sie hatte eigentlich nicht vorgehabt, so damit herauszuplatzen. Sie hätte einen etwas geschäftsmäßigeren Ton vorgezogen. »Der Typ, der mich gestoßen hat, faselte was vom Sorohan-Geld.«
Wieder Schweigen. »Die Übernahme, wegen der Ihr Vater verhaftet wurde?«
»Ja.«
»Ich verstehe nicht. Vor allem weiß ich nicht, was Sie von mir wollen. Haben Sie das der Polizei erzählt?«
»Natürlich.« Sie kreuzte die Finger bei dieser Lüge. »Aber es würde mir wirklich sehr helfen, wenn ich Ihnen ein paar Fragen stellen könnte. Ich verspreche auch, es wird nicht lange dauern.«
Er zögerte. Sie wusste, sie hatte nur noch eine Möglichkeit, damit er anbiss. Er war Investmentbanker. Sie selbst war ihm wahrscheinlich völlig egal, aber er musste sich für das Geld interessieren. Sie holte tief Luft.
»Ich vermute, die Sorohan-Summe beläuft sich auf etwa zwölf Millionen Euro, und ich weiß, wo das Geld ist.«
Erneut nur Schweigen am anderen Ende. Dann sagte er: »Sie können mit mir zum Flughafen fahren. Ich hol Sie um sechs vor dem IFSC -Parkplatz ab. Mehr kann ich für Sie nicht tun.«
Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Danke. Ich weiß es sehr zu schätzen.«
»Oh, ich mach es nicht für Sie. Bringen Sie da nichts durcheinander. Ich mach es für Ihren Vater.« Und dann, im herausfordernden Tonfall: »Ich hab ihn nämlich gemocht.«
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17
A
rchiv der
Irish Times.
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Harry sah sich in der Abstellkammer um, die sie als Arbeitszimmer benutzte, ihre Finger schwebten über der Tastatur. Dann biss sie die Zähne zusammen und tippte auf die Tasten.
Salvador Martinez, Sorohan, Insiderhandel.
Sie griff sich
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