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Passwort in dein Leben

Passwort in dein Leben

Titel: Passwort in dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Stehle
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Clara und ich natürlich nicht wieder Freundinnen geworden sind. Dann wäre sie beruhigt, dann hätte ich meine Ruhe. Aber irgendwie habe ich keine Lust mehr, zu lügen. Vielleicht, weil ich genug gelogen habe in letzter Zeit. Vielleicht auch, weil Clara zu wichtig ist.
    »Wir haben uns versöhnt«, sage ich.
    Sie verdreht die Augen. »Willst du dich wieder von ihr unterbuttern lassen?«
    Ich weiß nicht, wie oft wir dieses Gespräch schon geführt haben.
    »Sie buttert mich nicht unter. Wir sind einfach Freundinnen.«
    »Du willst das immer noch nicht verstehen.«
    »Ich verstehe das wirklich nicht.«
    »Klar«, sagt sie. »Ich habe so gehofft, dass Julia nun deine beste Freundin bleibt. So ein nettes Mädchen und überhaupt …«
    Plötzlich habe ich genug. »Du hast keine Ahnung«, sage ich. »Julia hat schon mit mindestens sechs Jungs geschlafen, sie hat mir den Freund ausgespannt und besäuft sich fast jedes Wochenende.«
    Das hat sie wirklich nicht geahnt, sie starrt mich einfach nur an.
    Und ich stehe auf, schiebe den Stuhl zurück und lasse sie sitzen.
    »Sofie?«, ruft sie mir nach.
    Ich antworte nicht.
    »Was ist denn los?«, brummelt mein Vater.
    Als ich in meinem Zimmer bin, höre ich ihre Stimmen nur noch als dumpfes Murmeln.
    Auf Facebook hat »er« eine neue Nachricht hinterlassen.
    Sofie? Das warst nicht wirklich du? Wie kannst du nur? *traurig* Mario
    Ich greife nach meinem Handy und schicke gleich eine SMS an Clara.
    Clara? Schau mal auf meinen Account …
    Ich bewege das Handy zwischen meinen Händen hin und her. Warte. Endlich fiept es.

    – Mensch. Was soll das? Klingt ja wirklich, als sei der echt …
    – Was nun?
    – Lass uns skypen.
    Es scheint eine Ewigkeit zu dauern, bis mein Skype endlich online ist.
    Pfadiclara: Wir brauchen eine neue Strategie …
    SofieBlume: Ja. Nur welche???
    Pfadiclara: *überlegt*
    So geht es hin und her. Wir schweifen immer wieder ab, erzählen uns ganz andere Dinge. Aber was richtig Tolles fällt uns nicht ein. Schließlich beschließen wir, uns am nächsten Tag einfach mal gezielt umzuhören.
    Am Morgen fühle ich mich dann total schlapp, weil ich so schlecht geschlafen habe. Wieder hatte ich lauter wirre Träume. Ich bin einem Mann hinterhergelaufen, weil ich davon überzeugt war, dass es Mario ist. Als er sich umdrehte, war es dann aber mein Französischlehrer. Ausgerechnet.
    Trotzdem bin ich viel zu früh wach. Keine neue Nachricht von »Mario«. Ich beschließe, etwas aufseine Pinnwand zu posten. Dafür suche ich eines der schönsten Fotos, das ich letzten Sommer gemacht habe, heraus, roter Mohn vor blauem Sommerhimmel.
    Tut mir leid, war ein doofer Scherz .
    Keine Ahnung, warum ich das tue. Schließlich gibt es ihn ja nicht wirklich. Also kann niemand ernsthaft sauer sein.
    Ich rühre in meinem Kaffee herum und schaue zu, welche Muster der Kakao auf dem Milchschaum macht. Stille. Nur das Rascheln der Zeitung, wenn mein Vater umblättert. Sie haben sich anscheinend entschieden, erst mal nichts zu sagen. Eine ihrer Strategien.
    Plötzlich landet ein Toast direkt vor mir auf dem Teller. Ich blicke auf und schaue in das lächelnde Gesicht meiner Mutter.
    »Vor Prüfungen braucht man Nervennahrung.« Sie hält mir das Glas mit der Orangenmarmelade hin. Direktimport aus England.
    Ich seufze. Mein Magen ist wie zugeschnürt.
    »Wenn du dich nur genügend konzentrierst, wird das schon«, meint sie.
    Ich verstehe nicht, wovon sie redet.
    Als ich zu ihr aufschaue, habe ich plötzlich das Gefühl, dass sie alt ist. Die Fältchen auf ihrer Stirn sind tiefer geworden und vorn am Pony sieht man einen leichten Ansatz. Hier hat sie die meisten weißenHaare. Manchmal stöhnt sie, dass ihre Haare so schnell wachsen und sie gar nicht mit dem Färben nachkommt. Dann streicht mein Vater sich über die lichten Stellen an der Stirn und meint, sie soll froh sein, dass sie so dichtes Haar hat.
    Zum Glück dauert es noch ewig, bis ich so alt bin.
    »Stimmt was nicht?« Meine Mutter fährt sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und sieht mich irritiert an.
    Ich kann nicht anders, muss einfach die Augen verdrehen. »Alles klar«, sage ich, »bin nur nervös.«
    Sie zupft mir einen Fussel vom Shirt und sagt: »Du hast dich doch gut vorbereitet? Und eigentlich bist du intelligent genug, um Mathe zu verstehen.«
    Mathe? Ich erstarre. Das habe ich total vergessen. Wir schreiben heute vermutlich eine Ex und ich kapiere überhaupt nichts. Irgendwie muss ich mir das noch schnell

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