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Passwort in dein Leben

Passwort in dein Leben

Titel: Passwort in dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Stehle
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einige Sätze. Für Marco. »Bitte komm nach der Schule zum Seespielplatz. Muss dringend mit dir reden. S.«
    Einfach, weil der Seespielplatz der einzige einigermaßen sichere Ort ist, der mir einfällt.
    Dann ziehe ich mir die Kapuze meiner Jacke tief ins Gesicht und schleiche mich zurück zum Gebüsch. Ich drücke mich in der Nähe herum, warte, bis niemand zu sehen ist, und krieche dann schnell zwischen die Äste. Zum Glück ist der Rucksack noch da. Um nicht zu riskieren, dass mich wieder so ein neugieriger Alter mit Hund findet, klemme ich den Zettel nur kurz in die Schnalle. Beim Rausschlüpfen fliegt mir ein dreckiges, modriges Blatt direkt auf die Nase. Ich streiche es fort.
    An einem großen Baum sehe ich einen Jungen stehen, der die Arme in die Hüften gestemmt hat. Marco. Ich mache ein paar Schritte in seine Richtung. Da sehe ich, dass er nicht allein ist, dass jemand vor ihm steht, auf ihn einredet. Ausgerechnet Ralf. Ich kapiere gar nichts mehr. Was will Claras Bruder hier? Woher kennt er Marco? Jetzt geht Ralf sogar einen Schritt auf Marco zu, fasst ihn am Arm. Marco weicht zurück.
    Ein Blick in meine Richtung, Marco bemerkt mich. Eindeutig. Er gibt mir ein Zeichen, eine Art Warnung vielleicht? Schnell verstecke ich mich hinter dem Stamm eines Baumes, zumindest mein Gesicht können sie so nicht mehr sehen. Allerdings sehe ich so auch nicht, was vor sich geht.
    Ralf und Marco. Was könnte das nur bedeuten?
    Aber bevor ich mir überlegen kann, ob ich noch einmal wagen soll, herauszuspitzeln, höre ich Schritte näher kommen, Marcos Stimme, die übernatürlich laut klingt. »Das mache ich nicht!«, sagt er.
    »Doch, du …«, Ralf ist viel leiser. Ich kann den Rest seines Satzes nicht verstehen.
    Die Schritte kommen näher und näher.
    Was, wenn sie mich hier entdecken?
    Ich muss fort. Blitzschnell drehe ich mich um.
    Weil mir nichts anderes einfällt, quetsche ich mich in das Häuschen am Spielplatz und warte. Dabei weiß ich gar nicht mehr, ob ich hoffen soll, dass er kommt. Ich weiß gar nichts mehr. Irgendwie ist sowieso schon alles egal.
    Jahrelang war ich schon nicht mehr hier und früher auch nicht so besonders oft. Wir fanden die ewig gleichen Spielgeräte schnell langweilig und haben lieber in Claras Garten gespielt. Ich muss den Kopf einziehen und mein Nacken fängt an, wehzutun. Aber wenigstens sehen mich so nicht alle, die vorbeikommen. Kritzeleien an den Wänden. Sogar das Dach ist vollgeschmiert. Ich überlege, ob es arrogant von mir ist, zu denken, dass man nur dann englische Sprüche hinschreiben sollte, wenn man einigermaßen weiß, wie die Worte geschrieben werden.
    Plötzlich höre ich, wie jemand auf das Dach klopft.
    Ich zucke zusammen.
    Vielleicht ist es ja Marco. Vielleicht hat er ja meinenZettel gefunden. Ich weiß nicht, ob das nun gut ist oder nicht.
    Aber es ist Ralfs Kopf, der erscheint. »Hallo, Sofie«, sagt er, als wäre es ganz normal, dass wir uns hier treffen, als wäre ich mit ihm verabredet.
    Ich schlüpfe schnell aus dem Häuschen, fühle mich ihm hier völlig ausgeliefert.
    »Gerade habe ich deinen Zettel gefunden«, sagt er und hält ihn mir hin. »Der ist doch von dir?«
    Ich schlucke. »Der war für …«
    »Mario, ich weiß«, sagt er.
    Mario? Ich starre ihn mit offenem Mund an.
    »Vermutlich kennst du ihn unter einem anderen Namen?« Ich muss seinen Augen ausweichen, die mir vorkommen wie blaugraue Kieselsteine.
    Irgendwas antworten, wenn ich nur wüsste, was. Aber eigentlich muss ich das gar nicht. Meine Geschichte geht Claras Bruder überhaupt nichts an.
    »Hast du dich eigentlich mal gefragt, was er hier macht? Warum er unter den Büschen haust wie ein Verbrecher?«
    Obwohl ich nicht will, höre ich ihm zu.
    »Ausgebrochen aus der Jugendpsychiatrie«, sagt er.
    Ich will ihm nicht glauben. Marco kommt mir nicht verrückt vor.
    »Einer von denen, die ganz daneben sind«, erklärt Ralf.
    »Woher weißt du das?« Meine Stimme klingt rau.
    »Hab ihn dort kennengelernt.« Er grinst. »War natürlich in einer anderen Abteilung. Aber wir haben manchmal die total Irren im Garten getroffen.«
    Ralfs Augen haben angefangen, zu leuchten. Das Grinsen in seinem Gesicht ist irgendwie seltsam. Ich weiß nicht, warum. Aber unwillkürlich weiche ich einen Schritt zurück.
    »Vor mir brauchst du keine Angst zu haben«, sagt er. »Du weißt doch, dass ich nur dort war, um über Opas Tod wegzukommen? Sie war schließlich so was wie eine Mutter für mich …« Seine Augen

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