Pasta Mortale
wurden.
Sie machte sich kurz mit der Technik des Gerätes vertraut,
ehe sie das Band zurückspulte. Dann drückte sie den Knopf für Wiedergabe, und
los ging es:
›Montag, 12. Juni, 14.22 Uhr‹, merkte eine
blecherne Automatenstimme Datum und Uhrzeit des ersten Gespräches an. Es
handelte sich um den Anruf eines Kindermodengeschäftes, dass der bestellte
Jeansanzug nunmehr zum Abholen bereitlag.
In dieser Art ging es weiter, vier Anrufe stammten von einem
immer verstörter klingenden Martin Nesselbach, einer von Nataschas Lehrerin,
der sich nach der Kleinen erkundigte, das war nicht uninteressant und einer von
Beatrix Arenbach, die Valeria um einen Rückruf bat.
Der letzte Anruf stammte von heute Morgen,
Donnerstag, 15. Juni, 9.43 Uhr, von einer Ordination Dr. Johanna
Gardenich. »Liebe Frau Modrianow, wir haben noch einmal nachgerechnet. Der
voraussichtliche Geburtstermin wird demnach nicht der 14., sondern der
18. Jänner kommenden Jahres sein. Nochmals herzlichen Glückwunsch. Und
vergessen Sie Ihren nächsten Termin nicht. Danke und Ende.«
Das war aber eine wirklich interessante Neuigkeit, fuhr es
Franka durch den Kopf. Aufgeregt überlegte sie, was diese Entwicklung für die
laufenden Erhebungen bedeutete oder bedeuten konnte. Das hing wohl vor allem
davon ab, wer außer Valeria bereits von dieser Schwangerschaft wusste.
Natürlich auch, wer der Papa des neuen Lebens war. Und vor allem auch, wie
lange die Tatsache der Schwangerschaft schon bekannt war.
Kurz entschlossen holte Franka ihr Handy heraus und ließ sich
von der Auskunft die Nummer der Ordination Gardenich geben. Dann wählte sie
diese Nummer und hatte das Glück, die Ärztin selbst an den Apparat zu bekommen.
Nachdem sich Franka vorgestellt und Dr. Gardenich angeboten
hatte, sich über ihre Identität im Koat Döbling zu vergewissern und sie dann
rückzurufen, kamen die beiden Frauen ins Gespräch.
»Ich will gar nichts von Ihnen wissen, das Sie
mit der ärztlichen Schweigepflicht in Konflikt bringen könnte«, beruhigte sie
die Ärztin. »Aber Frau Modrianow ist möglicherweise entführt worden, und dabei
könnte diese Schwangerschaft eine Rolle spielen«, erklärte sie. »Ich möchte
bloß wissen, wie lange Frau Modrianow bereits von ihrer Schwangerschaft weiß
oder, anders formuliert, ob sie unabhängig von ihrer Untersuchung bereits
vorher Bescheid gewusst hat?«
Die
Gynäkologin seufzte leicht, dann atmete sie tief durch. »Als die Patientin am
Montag in der Ordination war, hat sie bereits vermutet, schwanger zu sein«,
vertraute sie Franka an. »Angeblich hat sie vergangene Woche zwei Selbsttests
gemacht. Reicht Ihnen diese Auskunft? Wenn nicht, kann ich auch nichts machen,
mehr weiß ich selbst nicht.«
»Danke, Frau Doktor«, Franka war überrascht, wie problemlos
das gelaufen war. »Eine letzte Frage noch: Das bedeutet doch, dass Frau
Modrianow so … in der siebten, achten Woche sein muss?«
»Sie können aber gut rechnen«, erwiderte Dr. Gardenich. »Und
viel Glück auf der Suche nach Valeria. Erinnern Sie sie bitte, den nächsten
Kontrolltermin nicht zu vergessen.«
Die Frau hatte Nerven, dachte Franka. Aber andererseits hatte
sie natürlich völlig recht. Valeria in der achten Woche schwanger, da würde
Helmut schauen. Vor allem aber, die Frau war in wesentlich größerer Gefahr, als
sie bisher angenommen hatten, da war sich Franka sicher. Und sie täuschte sich
kaum in diesen Dingen.
*
Valeria litt zunehmend unter den mangelhaften
Möglichkeiten zur Körperpflege. Sie, die normalerweise zweimal am Tag duschte,
war jetzt bereits den dritten Tag auf Katzenwäsche angewiesen gewesen. In dem
Haus, in dem sie vorher gefangen gehalten worden war, hatte es zwar ein Bad
gegeben. Sie hatte aber bewusst auf die Verwendung der Wanne oder auch der
Dusche verzichtet, um ihre beiden Bewacher nicht auf dumme Gedanken zu bringen.
Dennoch, der
leichte Anflug von Schweißgeruch, den ohnehin nur sie wahrnahm, oder das
gelegentliche Gefühl, sich unbedingt und dazu noch an den unmöglichsten Stellen
kratzen zu müssen, war schon ärgerlich. Trug aber dazu bei, Valerias
Entschlossenheit, dringend etwas gegen ihre derzeitige Situation zu
unternehmen, weiter wachsen zu lassen.
Sie hatte sich schon die ganze Zeit in ihrer kleinen Kemenate
nach einer Waffe umgesehen, mit deren Hilfe sie ihren Bewacher, soweit sie
feststellen konnte, war derzeit immer nur ein Mann anwesend,
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