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Pasta Mortale

Pasta Mortale

Titel: Pasta Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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konnte. Am geeignetsten erschien ihr dafür der kleine, aber sehr stabil
wirkende Hocker aus Hartholz zu sein.
    Dabei würde ihr zweifellos diese typisch männliche Arroganz
hilfreich sein, die diese wandelnden Hoden denken ließen, mit einer schwachen
Frau allein fertigzuwerden. Na, der Gute, den es später erwischen würde, würde
Augen machen, wenn er erst feststellte, dass sie eine recht brauchbare
Taekwondo-Kämpferin war.
    Sie hatte sich vorgenommen, spätestens heute Abend einen
Ausbruch zu versuchen, sich dann die Nacht über im Wald zu verstecken und am
Morgen die nächste Polizeistelle zu suchen. Oder das nächste Telefon, damit sie
Martin anrufen und um Hilfe bitten konnte.
    Tja, jetzt war wohl bald wieder Essenszeit. Valeria war
gespannt, was aus dem riesigen Repertoire seines Nichtkönnens sich ihr
persönlicher Küchenchef für heute vorgenommen hatte. Na egal, irgendetwas
musste sie ja essen, um bei Kräften zu bleiben.
    Fünf Minuten später war es dann so weit. Spock, sie nannte
diesen Bewacher nach dem berühmten Vulkanier aus ›Raumschiff Enterprise‹, weil
er gleichfalls so große Ohren hatte – ursprünglich hatte sie sich sogar
Dumbo für ihn überlegt, dann aber wieder Abstand davon genommen – also
Spock betrat das Zimmer, bedeutete ihr mit einem Revolver in der Hand, an die
hintere Wand des Raumes zu treten, bevor er den Teller auf den kleinen Tisch
stellte und wortlos wieder hinausging.
    Mein Gott, wie langweilig. Schon wieder Spaghetti wie am
ersten Tag. Nur diesmal nicht mit einer Käse-, sondern mit einer klassischen
Tomatensoße aus dem Glas. Schade, aber er hatte natürlich nicht wissen können,
dass sie auf Tomaten hochgradig allergisch war. Ein kleiner Bissen davon, und
ihr Gesicht würde aufblühen wie ein Mohnfeld, die Zunge würde anschwellen, und
sie würde erhebliche Schwierigkeiten beim Atmen bekommen. Nichts
Lebensgefährliches, nein, das nicht. Aber sehr unangenehm, unangenehm genug,
den Mistfraß zu meiden.
    Obwohl, wenn sie die oberste Schicht abtrug, konnte sie
vielleicht noch ein paar nackte Nudeln retten. Kohlehydrate für die Flucht, das
war auf jeden Fall einen Versuch wert.
    Während sie versuchte, die matschige rote Masse von den
ebenso matschigen Spaghetti zu trennen, fielen ihr kleine weiße Punkte,
stecknadelkopfgroße Körnchen auf, die sich in der Soße befanden. Vorsichtig
piekte sie eines der Körnchen mit dem kleinen Finger auf, nahm es genau in
Augenschein, roch daran und fuhr schließlich sogar kurz mit der Zunge darüber.
Weiß, schmeckte nach Chemie, im Wesentlichen geruchlos, was war das bloß?
Vielleicht wollte man sie ja vergiften? Oder zumindest betäuben? Siedend heiß
fuhr ihr der Schreck durch den Körper. Das war es. Es ging los, wurde ernst.
Die Schweine hatten tatsächlich irgendetwas mit ihr vor. Und wer weiß, was
geschehen wäre, hätte sie keine Allergie gegen Tomaten?
    Valeria hatte Angst, aber nicht lange. Dann gewann ihre
stärkste Überlebenskraft, ein unermesslicher Zorn auf diese Arschlöcher, die
ihr das antun wollten, wieder die Oberhand. Und gleichzeitig begann sie, ganz
klar zu denken. Kalt wie ein froststarrender Neujahrsmorgen in Spitzbergen.
    Valeria Modrianow war wirklich eine bemerkenswerte Frau.

     
    *

     
    Als Werner Lommel an seinem neuen Arbeitsplatz
erschien, fand er die Sonderkommission in heller Aufregung. »Haben Sie die
Nachrichten gehört?«, wollte Karl Heinz Kracherl wissen.
    Wahrheitsgemäß verneinte der ehemalige Sommelier, dann wurde
er auch schon von seinem Chef über diese »neuerliche Ungeheuerlichkeit, diesen
barbarischen Akt gegen die Wiener Gastronomie« informiert. Da hatte dieser
›Wahnsinnige‹ doch tatsächlich einen Müllwagen der Gemeinde Wien ›ausgeborgt‹
und damit den kompletten Schanigarten vor dem ›Chez Ferdinand‹ vernichtet.
Ausgelöscht, da war nichts mehr übrig außer zerstörtem Edelholz aus dem
Amazonasgebiet.
    »Nur ein Glück, dass diesmal keine Menschenleben zu beklagen
sind«, stellte Markus Heidenreich durchaus zutreffend fest. »Aber wieder keine
Hinweise auf den ›Gastrokiller‹. Außer dass er durchschnittlich in allen
Kriterien und daher völlig unauffällig sein soll. Verdammt, wie soll man so
jemanden finden?«
    In Versicherungskreisen wurde der Schaden vorläufig mit
mindestens 20.000 Euro nur für das Bistro beziffert, dazu kamen noch der Volvo
und ein paar andere angekratzte Karosserien. In

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