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Pastetenlust

Pastetenlust

Titel: Pastetenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Kleinsüß den rituellen Small Talk fort. „Darf ich
Sie alle auf ein Glas Sekt ans Buffet einladen?” Die beiden Damen nickten
erfreut und Palinski schloss sich gerne an.
    „Einen eigenen Strohhalm möchte ich aber schon haben.”
Palinski war unwillkürlich einer jener grenzdebilen Scherze herausgerutscht,
für die er in seinem Bekanntenkreis bekannt und gefürchtet war. Das Ehepaar
blickte ihn verständnislos an. Die Witwe deutete ein Lächeln an und drohte
scherzhaft mit dem Finger. „Sie sind ja ein richtiger Witzbold, Herr Palinski.”
    „Habe ich irgendetwas nicht verstanden?”, Kleinsüß blickte
fragend zu Sophie und dann zu Palinski.
    „Na”, die Witwe blickte ihn an wie eine liebevolle Mutter
ihren höchst begriffsstutzigen Sohn. „Vier Personen, auf ein Glas Sekt
einladen.” Sie betonte das ›ein‹ ausdrücklich, zog es in die Länge, nahm den
Daumen ihrer rechte Hand zur Hilfe und hielt ihn dem Mann demonstrativ vor die
Nase.
    Plötzlich fiel der Groschen. Ein warmes Lächeln überzog sein
Gesicht „Das ist gut, ein Glas für vier Personen, mit eigenem Strohhalm.”
Palinski fand das aufdringliche Lachen des Mannes übertrieben. So gut war der
Schmäh auch wieder nicht gewesen. Egal. Hauptsache, er hatte wieder einmal ein
paar Netsch gespart.

     
    *

     
    Während Tosca Scarpia, den bösen Polizeichef von
Rom auf der Opernbühne erdolchte, raste ein hellblauer VW Golf Baujahr 1996 mit
einer Geschwindigkeit von fundiert geschätzten 120 km/h über die Hauptstraße
der kleinen Ortschaft Hagenbrunn.
    Außerhalb des Ortes hatte die Polizei im Zuge eines
Planquadrates Position bezogen, um den Wirtshäusern und Buschenschenken des
Weinortes im Norden Wiens sowie deren Gästen wieder einmal das Leben schwer zu
machen. Der Lenker des hellblauen Golfs missachtete die rote Kelle des
Polizisten und die damit verbundene Aufforderung, stehen zu bleiben. Vielmehr
raste der Wagen mit unverminderter Geschwindigkeit Richtung Klein-Engersdorf
weiter.
    Der zwei Kilometer
dahinter wartende Einsatzwagen wurde gerade in dem Augenblick über Funk
informiert, als der Golf daran vorbei donnerte. Die Besatzung des
Polizeifahrzeuges nahm die Verfolgung des Autorowdys sofort auf, konnte den
Golf mit Münchner Kennzeichen aber erst nach weiteren 12 Kilometern wilder
Verfolgungsjagd stoppen.
    Der Lenker, der 24-Jährige
Hermann Ansbacher und seine Beifahrerin, die 20-Jährige Leonie Grabelsberger
widersetzten sich der vorläufigen Festnahme. Dabei wurde ein Beamter durch
einen Biss der Frau in den Unterarm leicht verletzt.
    Die Festgenommenen, beide
deutsche Staatsbürger, wurden zur weiteren Behandlung nach Korneuburg gebracht.
Dort erinnerte sich der Dienst führende Journalbeamte daran, den Namen Leonie
an diesem Tag bereits einmal gelesen zu haben. Auf einer Vermisstenmeldung, die
er nach einigen Minuten auch tatsächlich aus der Ablage zum Vorschein brachte.
Aha, schwanger ist die Kleine auch noch. Armes Wurm, mit solchen Eltern. Welche
Chancen hat so ein Kind überhaupt?
    Als e rstes verfasste er eine kurze
Mitteilung über das Aufgreifen der vermisst gemeldeten Person und faxte sie an
die Kollegen in München. Dann rief er das Kommissariat in Wien-Hohe Warte an
und teilte dem diensttuenden Beamten mit, dass die von Inspektor Wallner
gesuchte Leonie Grabelsberger gefasst und im Gewahrsam der Polizei in
Korneuburg war. Ganz so, wie es in einem Zusatz zur Suchmeldung gewünscht
worden war.
    Außer einem kleinen
Rucksack, wie ihn die jungen und inzwischen auch schon nicht mehr ganz jungen
Leute heute gerne tragen, hatten die beiden keinerlei Gepäckstücke bei sich.
    In dem bunten, wie ein Buckel wirkendem Rucksack befand sich
neben einigen Gegenständen des persönlichen Bedarfs eine eigenartige
Porzellanfigur mit der Aufschrift ›Dem besten Hauptdarsteller des Jahres‹. An
der Hand des ausgestreckten rechten Armes der Statuette fehlte ein Finger. Das
fehlende Stück verlieh dem Ganzen eine äußerst seltsame Symbolik. Der Beamte
überlegte, woran die ihn erinnerte.
    Na, wird mir schon noch einfallen, dachte er und gab
Lettenbergs beschädigten Viktor wieder in den Rucksack zurück.

     
    *

     
    Franca Aigner hatte Wort gehalten und ihm einen
neuerlichen Grund geliefert, die Loge zu verlassen. Palinski hatte die
Situation zwar ohnehin im Griff. Unter Hinweis auf weitere dringende Anrufe,
die er zu führen und entgegen zu nehmen haben werde, war er auf der

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