Pastetenlust
Frage,
welchen Zeitraum die quicke Wissenschaftlerin wohl als kurz empfinden würde.
„Also, um eine spezielle Sprache oder einen Dialekt handelt
es sich nach einer ersten Analyse wahrscheinlich nicht”, schloss sie anfangs
gleich aus. „Da du ja die Phonetik aufgezeichnet hast, also den Klang des
Gehörten, vermute ich, dass sich das eigentümliche Gestammel eher aus einem
Sprachfehler erklärt oder eine spontane, instinktive Äußerung darstellt.
Durchaus mit individuellen Ansätzen bei Wortbildung und Betonung, wie das
beispielsweise bei der Babysprache vorkommen kann.”
„Hast du dem Ganzen einen Sinn entnehmen können?”
Die Ausführungen Marias waren sicher sehr interessant.
Palinski war im Moment aber nur an Resultaten interessiert.
„Entweder du hörst mir zu oder du lässt es bleiben”, fuhr ihn
Maria etwas ungnädig an. „Ich bin doch kein Automat, der auf Knopfdruck
funktioniert. Ich muss meine Gedanken auch erst entwickeln.”
„Sorry”, entschuldigte er sich und meinte es auch so.
„Also, das ›sch‹ bei ›masch‹ kann daher rühren, dass die alte
Dame das S wie ein Sch ausspricht. Kommt vor bei slawischen Sprachen, vor allem
aber im Ungarischen. Dann hat sie offenbar die Worte in Silben zerhackt und in
un- oder falsch betonter Weise wiedergegeben. Das ›Uiuiui‹ am Ende dürfte ein
ritualisiertes Wehklagen sein, wie es in ländlichen Bereichen gelegentlich noch
vorkommt. Es entspricht in etwas unserem ›Uje Uje Uje‹. Langer Rede, kurzer
Sinn. Wenn man das erste ›Masch‹ weglässt und die Silben etwas anders
zusammensetzt, dann könnte, ich betone, könnte sie gesagt haben ›Thomas wieso,
Thomas wo, oh weh, o weh, o weh‹.”
„Phantastisch, Maria, und es sieht so einfach aus, ist völlig
logisch, wenn man es einmal weiß.” Palinski war baff, er blickte auf den Text
vor sich und konnte ihn plötzlich auch lesen. Bloß, was er bedeuten sollte, das
wusste er nicht. Noch nicht. Who the hell was Thomas?
Er bedankte sich überschwänglich und versprach, Maria über
den weiteren Verlauf zu informieren.
„Freut mich, dass ich dir helfen konnte. Schönen Gruß an
Wilma, sie soll sich wieder einmal melden.”
Tolle Frau, dachte Palinski anerkennend, während er schon
dabei war, sich Gedanken über den unbekannten Thomas zu machen.
*
In Palinkis Augen war Franca Aigner ein
Phänomen. Die junge, attraktive Kriminalbeamtin schien Tag und Nacht im Dienst
zu sein. Gestern Abend hatte sie ihn noch aus den Klauen der Lustigen Witwe
befreit, heute Morgen saß sie bereits seit kurz nach 10 Uhr in Wallners Büro.
Entweder würde sie eines gar nicht allzu fernen Tages die jüngste Polizeichefin
Österreichs sein oder als frustrierte Workaholikerin dem ›Burnout-Syndrom‹ zum
Opfer fallen.
Helmut Wallner wirkte wie aufgekratzt und zeigte sich von
seiner Schokoladenseite. Während er mit der jungen Frau das in der Wohnung
Martina Tesslers aufgefundene Belastungsmaterial sichtete, ließ er wie zufällig
die eine oder andere Schnurre aus seinem durchaus spannenden Berufsleben
einfließen. Das glockenhelle Lachen Francas und ihr schlagfertiges Eingehen auf
seine Späße ließen in Palinski den Verdacht hochkommen, dass sich hier eine
echte Alternative zu Wallners derzeitiger Favoritin Marion Waldmeister
präsentierte. Er fand das hervorragend, denn bei aller Sympathie für die
ehemalige Managerin Lettenbergs konnte er sie sich nicht wirklich als Freundin,
Lebensabschnittspartnerin oder was immer auch des Inspektors vorstellen .
Wallner wirkte fast ein wenig unwirsch, zumindest aber
enttäuscht über Palinskis Erscheinen und die dadurch verursachte Störung des
traut zu werden versprechenden Tete-à- t etes.
Franca dagegen freute sich, den wichtigen Mann von gestern schon so bald wieder
zu sehen. Während sich die beiden noch die Hand schüttelten, traf auch Dr.
Schneckenburger ein.
„Na”, scherzte er, wohl noch einige Perlen des gestern
reichlich genossenen Moet et Chandon in den Adern, „hier sind wir also wieder
vereint. Wie D’Artagnan und die drei Musketiere.”
„Fragt sich nur, wer von uns D’Artagnan ist?”, brummte
Wallner.
„Ich habe dem Minister
noch gestern eine Nachricht über den letzten Stand im Falle Lettenberg
übermittelt und er ist hoch zufrieden.” Schneckenburgers Stimme nahm einen
feierlichen Ton an. „Er lässt Ihnen allen seinen herzlichen Dank für die
ausgezeichnete Arbeit
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