Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)
Beziehung mit ihr gehabt und natürlich auch nicht mit ihr geschlafen, obwohl sie so hübsch war?«
»Das stimmt. Wir hatten kein Verhältnis!«
»Sie war also nichts weiter als unglücklich in dich verknallt und du hast sie vollkommen ignoriert. Willst du das damit ausdrücken?«
»Ja, ich sagte doch schon …«
Paco hieb mit der Faust auf den Tisch, sodass die Cola-Dose einen kleinen Sprung machte. Jetzt war ihm die Aufmerksamkeit des Jungen gewiss – und außerdem noch die aller anderen Anwesenden im Konferenzsaal, die, wie er mit einem raschen Seitenblick feststellte, ausnahmslos die Köpfe in seine Richtung wandten.
»Jetzt hör mir mal gut zu Bursche: Soll ich etwa mit einem Foto von dir und von Elena heute Nacht durch die Bars von Almuñécar tingeln und die Leute fragen, ob sie euch zusammen gesehen haben? Soll ich mir wirklich diese Mühe machen? Oder hörst du jetzt endlich auf, mich anzulügen?«
»Ich …«
Paco unterbrach ihn ein weiteres Mal. »Da ich nachts aber in der Regel schlafe, würde ich es bevorzugen, gleich im Anschluss an unser Gespräch deine Eltern aufzusuchen, um sie zu fragen, in welchem Verhältnis ihr Sohn zu der jungen Frau stand, die letzte Nacht wahrscheinlich ermordet wurde. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass deine Eltern daraufhin erst mal gerne wüssten, warum ich denn das wissen will, und da ich nicht so verlogen bin wie du, werde ich ihnen die Wahrheit sagen: Ihr Sohn steht im Mittelpunkt einer Mordermittlung – genauer gesagt: Er ist unser Hauptverdächtiger!«
Paco spürte die Blicke seiner Kollegen im Rücken, konzentrierte sich aber weiter auf den jungen Mann, der auf seinem Stuhl hing, als hätte ihm jemand die Luft rausgelassen. Schließlich flüsterte der Junge so leise, dass Paco ihn auffordern musste, den Satz zu wiederholen. »Ja. Ich hatte eine kurze Beziehung mit Elena. Und wir hatten auch einige Male Sex, aber das ist seit Monaten vorbei.« Und als ob er diese Aussage damit glaubwürdiger gestalten könnte, fügte er hinzu: »Ehrlich!«
»Und wozu hast du mich dann eben angelogen? Vielleicht, weil du etwas zu verbergen hast?« Paco schlug jetzt einen milderen Ton an. Er führte die Befragung alleine, also musste er eben auch das Spiel böser Bulle – guter Bulle ganz alleine spielen.
»Nein. Ich hab mit ihrem Tod nichts zu tun. Wir hatten zwar mal was miteinander, aber davon wusste kaum jemand und ich wollte mich nicht unnötig verdächtig machen.«
Paco nickte, hob seine Hände und klatschte ihm Applaus. »Gratuliere! Das ist dir ja ganz toll gelungen. Du hast dich eben überhaupt nicht verdächtig benommen!« Ob seinem Gegenüber die Ironie aufgefallen war, vermochte Paco nicht zu sagen, denn der Junge zuckte nur mit den Achseln.
»Was denkst du, ist mit Elena passiert?«, fragte ihn Paco und sah, dass diese Frage nicht erwartet wurde. Genauso sollte es auch sein, wenn man einen Verdächtigen aus dem Konzept bringen will. Er wartete auf eine Antwort.
»Woher soll ich das wissen? Vielleicht ist sie gestürzt oder sie hat sich absichtlich –«
Abermals unterbrach Paco seine Aussage mit einem Schlag auf den Tisch und wieder drehte sich die gesamte Führungsriege der Guardia Civil in seine Richtung. »Du vermutest also, sie hat sich aus lauter Liebeskummer dort selbst hinuntergestürzt. Wegen dir ?« Das Pronomen spie Paco ihm verächtlich entgegen. Tatsächlich flog ein Speicheltropfen über den Tisch und landete auf dem Zeigefinger des jungen Mannes, der darauf kleinlaut antwortete: »Das habe ich so nicht gesagt.«
»Na gut. Verstehe. Du weißt es nicht. Aber dafür bin ich ja da, um genau das herauszufinden.« Paco lehnte sich über den Tisch, soweit sein Bauch es ihm gestattete, und starrte dem Jungen in die Augen. »Und glaub mir: Ich werde es herausfinden!«
Kilian erfuhr beim Frühstück vom dritten Todesfall. Er konnte nicht mehr fassen, was hier geschah. Die tragische Serie hatte mit dem Tod seines Bruders begonnen, der durch Andalusien gereist war. Eine Woche später verstarb die Reinigungskraft Inmaculada auf ähnliche Weise und nun stürzte eine junge Kellnerin keine hundert Meter vom Hotel entfernt zu Tode. Und niemand wusste, wie diese mysteriösen Todesfälle zusammenhingen, denn dass diese irgendwie miteinander zusammenhingen, davon ging man mittlerweile fest aus.
Kurze Zeit später stand er bei Joana am Empfang und lauschte einer gestenreichen Unterhaltung zwischen ihr und Maite, von der er jedoch kaum etwas verstand. Maite
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