Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)
Erklärung auf, mitzukommen.
»Äh … wohin?«
Er biss sich in die Zunge wegen seiner dämlichen Frage, die nichts anderes als aufkeimende Panik zum Ausdruck brachte. Jetzt, so hämmerte er sich ein, galt es, keine Nervosität zu zeigen und ruhig und sachlich auf ihre Fragen zu antworten. Die beiden Beamten ignorierten ihn ohnehin und schritten vor ihm durch die Tür. In einer Sekunde würde er wissen, wie es um ihn stand. Wohin würden sie sich jetzt wenden? Nach links durch die Lobby zum Ausgang? Sein Herzschlag schien beinah auszusetzen. Das würde bedeuten, sie nähmen ihn mit auf die Wache, weil sie einen konkreten Verdacht gegen ihn hegten. Als sich die Beamten doch nach rechts wandten, ließ er die angehaltene Luft langsam und leise entweichen und folgte ihnen in den Konferenzsaal des Hotels, der, wie sich mittlerweile herumgesprochen hatte, zu einem Kommandoraum der Guardia Civil umfunktioniert worden war. Dort wurden bestimmt nur Routinefragen gestellt, so hoffte er zumindest.
Im Konferenzsaal zählte er ein halbes Dutzend Beamte, die einzeln mit der Befragung von Angestellten und Gästen beschäftigt waren. An der Stirnseite des Raumes stand ein großer Konferenztisch und dort hockte eine ganze Gruppe von Leuten beisammen: Beamte in Uniform und Zivil und eine Krankenschwester in weißem Kittel. Ein Mann in dunklem Anzug stand vor dem Konferenztisch und sprach zu den Leuten, die ihm aufmerksam zuzuhören schienen. Bestimmt der Staatsanwalt. Wenn alles auffliegen sollte, wäre der dann wohl derjenige, der auf Höchststrafe plädierte, dachte er, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte. Und was war das …? Zu allem Überfluss gesellte sich jetzt auch noch der Hoteldirektor an den vollbesetzten Tisch, auf den die Beamten nun zusteuerten. Würden sie ihn gar zu neunt verhören … vor seinem Chef?
Er hätte jetzt verdammt nochmal gerne eine Zigarette! Gab es im Gefängnis auch schon Rauchverbot? Kam man dort überhaupt an Zigaretten?
Einer der Beamten, die ihn begleiteten, holte ihn aus seinen düsteren Gedanken und führte ihn – glücklicherweise! – zu einem Tisch etwas abseits der Gruppe mit dem Staatsanwalt.
»Setzen!«, befahl der Beamte mit militärischer Strenge. Dann schob er ihm ein Formular und einen Kugelschreiber zu. »Ausfüllen!«
Er wollte schon zum Kugelschreiber greifen, schüttelte aber vorher noch seine Hand, da er befürchtete, dass ein allzu heftiges Zittern ihn beim Ausfüllen verraten könnte.
Dann beugte er sich über das Formular und trug folgendes ein: Name, Ausweisnummer, Adresse, Geburtsdatum, Funktion im Hotel und die damit verbundenen Arbeitszeiten.
Als er damit fertig war, tropfte ihm eine Schweißperle von der Stirn, genau auf das »O« am Ende seines Vornamens. Er tupfte den DNA-Beweis sorgfältig mit dem Ärmel ab. Der Beamte zog ihm ungeduldig das Formular aus den Händen und gab der Frau im weißen Kittel einen Wink. Die Krankenschwester kam an den Tisch, zog sich einen Plastikhandschuh über und steckte ein Wattestäbchen in seinen Mund. Sein Herz klopfte, als wäre er wieder ein Kind und zum ersten Mal beim Zahnarzt. Er senkte seinen Blick in ihren drallen Ausschnitt. Die Schwester roch nach Apotheke und sterilem Sex. Er sah ihr in die Augen, während sie mit ihrem Stäbchen die Innenseite seiner Wange streichelte, und er fühlte, wie sich eine Erektion anbahnte. Schließlich zog sie das Stäbchen aus seinem Mund und verstaute es in einem kleinen Plastikbeutel, auf dem schon sein Name stand.
Die nahmen doch tatsächlich seine DNA! Das musste ja bedeuten … hatte er etwa doch Spuren hinterlassen? Hatte die Göre ihn gekratzt? Hatten sie etwas unter ihren Fingernägeln gefunden?
Er sah zu dem Staatsanwalt hinüber, der nun einem Gespräch zweier Beamter lauschte. Einen kurzen Moment lang war er geneigt, dort hinüberzugehen und denen alles zu erklären. Das mit Elena war doch nur ein Unfall! Nur weil er sie ein wenig angerempelt hatte, war die dumme Kuh gleich gestolpert. Aber wie sollte er den Rest erklären? Jetzt auf einmal – nach über zwei Jahren? Nein, er musste cool bleiben. Er hatte sich seine Geschichte zurechtgelegt und das würde er jetzt auch durchziehen.
Der Beamte führte ihn in die Mitte des Konferenzraumes, wo gerade ein Küchengehilfe von seiner Befragung entlassen wurde. Bestimmt hatte der auch seine DNA hinterlassen müssen, versuchte er sich zu beruhigen. Reine Routine eben. Er wischte sich mit dem Ärmel seine Stirn trocken
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