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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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anfangen. Die Frage ist nur, warum dein Chef …?«
    Joana nickte. Das war wirklich eine gute Frage. Warum gab Carlos der Polizei eine unvollständige Liste? Weil er es nicht besser wusste? Aus Bequemlichkeit? Weil es schnell gehen sollte? Oder hatte der Direktor gar etwas zu verbergen?
    »Was meinst du?«, fragte Kilian.
    »Ich weiß es nicht.« Sie studierte den Tischkalender. »Die Frage ist, ob Xavers Tod vor sechzehn Tagen oder der Tod meiner Mama vor neun Tagen in Zusammenhang mit Elenas Absturz stehen. Aber wenn wir mal davon ausgehen, dann sprechen wir von einem Zeitfenster von insgesamt sechzehn Tagen.«
    Kilian schien zu überlegen. Dann deutete er auf den Computer. »Lässt sich damit eine Liste aller Hotelgäste erstellen, die in den letzten sechzehn Tagen hier übernachtet haben?«
    Joana nickte und zog die Tastatur heran.
    Kilian sah zu, wie sie mit ihren bronzefarbenen Fingern und den beige lackierten Nägeln Befehle eintippte, sodass ihre silbernen Armreifen rasselten. Es freute ihn, dass sie sich, seit sie vom Tod ihrer Mutter erfahren musste, wieder etwas gefangen hatte. Bei Joanas gestrigem Besuch und auch jetzt wieder spürte er, wie sein Körper Endorphine ausschüttete, von denen er längst geglaubt hatte, sie seien versiegt. Er unterdrückte dieses Kribbeln. Bald würde er nach Deutschland zurückkehren, zurück in sein Leben, wenn man die klägliche Existenz, die er derzeit führte, überhaupt als »Leben« bezeichnen konnte. Und dann würde er Joana wohl nie mehr wiedersehen – und sich unglücklich in eine Frau in einem anderen Land zu verlieben, half ihm in seiner gegenwärtigen Gemütslage auch nicht weiter. Außerdem stand sein Entschluss fest. In den letzten Wochen und Monaten war eine Entscheidung in ihm gereift: Er musste seinem Leben wieder eine andere Richtung geben, wenn er endlich aus dieser seelischen Abwärtsspirale ausbrechen wollte. Er brauchte wieder Halt. Und allem Anschein nach gab es nur einen Ort, an dem er diesen Halt bekommen konnte.
    »Achthundertvierundsiebzig!«, sagte Joana und riss ihn aus seinen Gedanken. »Achthundertvierundsiebzig Personen übernachteten hier insgesamt seit dem 21. April, seit dein Bruder …« Sie stockte und erklärte ihm dann rasch, wie sie auf diese Zahl gekommen war. »Wir haben hier spanische Geschäftsreisende, die bleiben maximal zwei bis drei Nächte. Dazu Pauschalreisende aus England oder Skandinavien. Einige davon stammen auch aus Deutschland, weil wir mit Neckermann und TUI kooperieren. Von den Pauschaltouristen bleiben die meisten nur eine Woche, höchstens aber zehn Tage. Einige Gäste sind nur übers Wochenende da, das sind fast ausschließlich Spanier. Wenn man die Personen aber alle zusammenzählt, kommt man auf achthundertvierundsiebzig Hotelgäste und nicht auf die nur dreihundertzwölf Namen, welche auf der Liste stehen, die Carlos der Guardia Civil gegeben hat.«
    Kilian sah ein, dass es Wochen dauern würde, eine solche Liste abzuarbeiten. Die meisten Gäste, die hier nächtigten, als sein Bruder und Inmaculada starben, waren außerdem wohl bereits abgereist.
    Joana starrte gedankenverloren auf den Bildschirm und Kilian zog an seinem Kinnbart, als ihm eine Idee kam, die einfacher nicht hätte sein können. Er wandte sich an Joana, die gerade an ihrem Kaffee nippen wollte, aber mitten in der Bewegung innehielt. Ihre Blicke trafen sich. Kilian sah, dass ihr anscheinend genau der gleiche Gedanke durch den Kopf ging: War es möglich, dass einem Dutzend Polizisten das bis jetzt noch nicht aufgefallen war? Joana stellte ihre Tasse ab. Kilian wollte etwas sagen, aber Joana kam ihm zuvor: »Wenn wir davon ausgehen, dass die drei Todesfälle zusammenhängen und wir darauf spekulieren, dass ein Hotelgast darin verwickelt ist, dann brauchen wir doch nur nach denjenigen Gästen Ausschau zu halten, die bei allen drei Todesfällen hier im Hotel waren.«
    Kilian rieb sich das Kinn. »Das bedeutet, wir suchen nach Gästen, die seit sechzehn Tagen durchgehend hier abgestiegen sind.«
    »Ganz genau«, bestätigte Joana, »und das sind bestimmt nicht mehr als eine Handvoll.«
    Joana war schon an den Tasten. Kilian erhob sich und warf einen raschen Blick aus dem Büroraum. Im Konferenzsaal saßen über zehn Beamte und verhörten Personal und Gäste. Bisher noch ohne konkrete Ergebnisse, wie Paco Joana gegenüber zugegeben hatte. Waren sie beide nun dabei, die Fährte einzugrenzen? Waren sie dabei, die Spur eines – ja was? – Serienkillers

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