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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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absolvierte und mit Genehmigung des Direktors in einem Hotelzimmer anstatt in der Personalunterkunft untergebracht war.
    Joana faltete den Ausdruck zusammen und steckte ihn in ihre Handtasche. Dann machte sie sich daran, die jeweiligen Anmeldeformulare zu den Zimmernummern aufzurufen. Die meisten Personen, die auf der Liste aufgeführt waren, kamen täglich an der Rezeption vorbei (und das seit über zwei Wochen), wodurch Joana die Zuordnung nicht schwerfiel: Bei Zimmer 136 handelte es sich um ein Familienzimmer, das mit einem jungen Paar und einem zweijährigen Baby belegt war. Joana selbst hatte das Babybett organisiert. Sie strich die Nummer durch. In Nummer 341 nächtigte derzeit ein älteres dänisches Ehepaar. Sie hatte den beiden schon mehrere Male am Empfang Auskunft gegeben. Auch diese Nummer kam also nicht in Frage. Zimmer 521 war eine Suite im fünften Stock. Die Rechnung für die Suite belief sich mittlerweile auf mehrere Tausend Euro, aber dafür kam wohl der reiche Papa des Bräutigams auf: Die 521 war nämlich mit einem frisch verheirateten Paar aus Galizien belegt, das sich auf seiner Hochzeitsreise befand. Joana überlegte. So lange Flitterwochen waren zwar ungewöhnlich, machten die beiden jungen Leute jedoch nicht verdächtig, drei Menschen ermordet zu haben. Sie hakte die Nummer ab. Das Zimmer mit der Nummer 214 wurde von einem französischen Ehepaar bewohnt, für das sie schon einige Male ein behindertengerechtes Taxi hatte organisieren müssen, da der Mann im Rollstuhl saß. Also auch nichts …
    Zimmer 404 bewohnte ein Engländer, ein gewisser Brian Sundler, der als Heimadresse Wharf Street, 21. Warrington, England WA1 2GZ angegeben hatte. Joana gab den Ortsnamen im Internet ein und fand Warrington irgendwo auf halber Strecke zwischen Manchester und Liverpool. Sie suchte weiter nach der Wharf Street und entdeckte diese bei Google Maps, die Straße lag an einem kleinen Kanal.
    Joana schloss die Augen und versuchte, sich Brian Sundler ins Gedächtnis zu rufen.
    Sie hatte erst einmal mit ihm gesprochen, als er sich beschwerte, dass sein SKY-Sender im Zimmer nicht funktionierte. Sie rief dann den Haustechniker, der das Problem löste.
    Und sonst?
    Brian Sundler verließ das Hotel zumeist am späten Vormittag. Zurückkommen sah sie ihn fast nie, da er meist bis nach ihrer Schicht fortblieb. Joana fiel auch ein, dass der mürrisch wirkende Engländer stets allein unterwegs war, niemanden eines Blickes würdigte oder gar grüßte. Diese Art Tourist findet man eigentlich eher in einer Drei-Sterne-Absteige in Torremolinos als im Almuñécar »Palace«, dachte sie. Der Typ wirkte irgendwie deplatziert. Seinen mit allerlei Symbolen und Inschriften verzierten Armen nach zu schließen, könnte er ein Tattoo-Studio besitzen und sein rundes, pockennarbiges Gesicht sah aus, als ernähre er sich ausschließlich von Schweinefleisch. Mr. Sundler trug außerdem eine Glatze. Joana erinnerte sich gut an die Narbe auf der Stirn. Und sah man Sundler von hinten, fielen einem zunächst die drei Speckschwarten auf, die, statt eines Nackens, aus dem Kragen seines roten Liverpool-Fußballshirts hervorquollen. Das Shirt spannte sich um einen runden Guinnessbauch und steckte meist in einer kurzen roten Hose, die er anscheinend bei jedem Wetter trug und die an seinem Gesäß, auf dem die Nummer »21« prangte, schlaff herabhing. Seine Füße mit den bräunlich porösen Nägeln steckten in Sandalen, ebenfalls mit dem Liverpool-Emblem.
    Joana gab den Namen des Engländers bei Google ein und stieß auf die Ankündigung einer Vernissage des Malers Brian Sundler in Auckland. Ein weiterer Eintrag für diesen Namen fand sich auf einer Teilnehmerliste des Boston-Marathons vor vier Jahren. Aber bei beiden handelte es sich offensichtlich nicht um ihren Hotelgast. Sie gab seine genaue Adresse in das Suchfeld ein und fand tatsächlich einen Treffer unter der Adresse Wharf Street, 21. Warrington , WA1 2GZ .
    Joana stutzte.
    Gab es vielleicht noch ein anderes Warrington in England? Vielleicht … aber die Postleitzahl stimmte überein und bestätigte ihren Verdacht.
    Joana fuhr sich durch die Locken. Unter der aufscheinenden Adresse wohnte überhaupt kein Brian Sundler. Die Adresse gehörte zu einem Laden namens »Vanessa Cooper Fashion Outlet«. Ein Modeladen.
    Der Mann hatte also offensichtlich eine falsche Adresse angegeben. War »Brian Sundler« vielleicht auch gar nicht sein richtiger Name? Reiste er mit einem falschen Pass?
    Joana

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