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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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quatschen … aber was geschah dann?
    »Ich danke Ihnen sehr …«, begann Kilian zögerlich, »ich danke Ihnen, dass Sie sich …«
    Joana unterbrach ihn und tätschelte seine Hand, die den Schalthebel umklammerte.
    »In Spanien sagt man ›Sie‹ nur zu älteren Leuten. Wenn du mich also ständig mit ›Sie‹ anredest, dann komme ich mir recht alt vor. Nenn mich bitte einfach Joana.«
    Kilian blickte sie an und zum ersten Mal entspannten sich seine Gesichtszüge.
    »Gut«, sagte er und nickte. »Und ich bin Kilian. Danke, dass du mitkommst, Joana.«
    Hinter ihnen ertönte ein Hupen – die Ampel hatte auf Grün geschaltet. Kilian beschleunigte und es blieb still im Auto, bis sie nach zwei weiteren Kilometern die Guardia Civil erreichten.
    Das Hauptquartier der Guardia Civil lag im Erdgeschoss eines alten Wohngebäudes, keine fünfzig Meter von der Straße entfernt. Rechts des Eingangs befand sich der Empfang, der jedoch gerade nicht besetzt schien, als Joana und Kilian eintraten. Am Ende des Flurs schrubbte eine Putzfrau den Boden, ansonsten war niemand zu sehen. Joana schnupperte. Es roch nach Zitronensulfat. Die Reinigungskraft sah auf, als die Tür hinter Kilian ins Schloss fiel.
    »Joana!«, rief die Frau und eilte auf sie zu. Joana schmunzelte. Hier kannte sie wirklich jeder. Wie viele Dutzend Male war sie schon mit ihrer Mutter hier gewesen, um danach zu fragen, ob es etwas Neues von Carmen gäbe?
    »Wie geht es dir, Joana?«, fragte die Putzfrau, aber Joana wollte jetzt nicht über ihre Schwester lamentieren. So antwortete sie nur knapp und erkundigte sich nach Paco. Ja, erwiderte die Frau, sie hätten Glück. Der Polizist war bis vor Kurzem auf Streife und wohl gerade dabei, seine Strafmandate in den Computer einzugeben.
    Während sie durch den Gang schritten, dachte Joana über Paco nach.
    Vor Jahrzehnten hatte er dieselbe Schule wie ihr Vater besucht. Die beiden waren sehr gut befreundet gewesen, bis ihr Vater Pepe an einem Schlaganfall verstarb. Obwohl Paco viel auf Streife war und damals den Fall ihrer Schwester nur am Rande bearbeiten konnte, war er Joanas Ansprechpartner bei der Guardia Civil. Paco vermittelte ihr das Gefühl, das es immer noch jemanden gab, der sich ernsthaft mit dem Schicksal ihrer Schwester beschäftigte, ganz im Gegensatz zu seinen Kollegen.
    Sie erreichten das Büro, klopften an und traten ein. Paco war Mitte fünfzig und sein grünes Uniformhemd spannte sich dermaßen eng um den Bauch, dass man befürchten musste, in nächster Sekunde von einem seiner Hemdknöpfe torpediert zu werden. Als Paco Joana erkannte, erhob er sich, kam um den Schreibtisch herum und gab ihr einen Kuss auf beide Wangen.
    Dann schüttelte er Kilian die Hand.
    Joana sah es Paco an: Der Polizist wusste sofort, wen er da vor sich hatte. Paco nahm sich einen zweiten Bürostuhl, schob diesen vor seinen Schreibtisch und bedeutete Kilian, sich zu setzen.
    Dann verharrte er einen Moment und sah Joana ernst an.
    Paco war untersetzt und nicht gerade ein Hüne. Er musste sogar zu ihr aufblicken – und bis auf einen aschgrauen Haarkranz und ein paar Haupthaare, die man an fünf Fingern abzählen konnte und die wie elektrisch geladen abstanden, war er kahlköpfig. Sein breitbackiges Gesicht wurde von einer Nase, groß wie eine Birnenhälfte, und einem gezwirbelten Schnurrbart beherrscht, dessen Enden bis zum Kinn reichten. Für einen Fernsehkommissar hätte es bei Paco wohl nicht gereicht, aber er war freundlich und, soweit Joana das beurteilen konnte, ein kompetenter Polizist.
    Paco tauschte ein paar Worte mit ihr und bat sie, für Kilian zu übersetzen.
    »Paco möchte dir sein Beileid aussprechen.«
    »Gracias.« Kilian nickte dem Beamten zu.
    Joana ließ es vorerst dabei bewenden und erklärte Paco die Sachlage. »Kilian ist extra aus Deutschland gekommen, um zu erfahren, was mit seinem Bruder geschehen ist. Habt ihr schon was herausgefunden?«
    Paco kratzte sich am Nacken und bat Joana, ebenfalls Platz zu nehmen. Dann öffnete er ein Fenster, Verkehrslärm füllte den Raum. Paco nahm eine Packung Marlboro vom Tisch, bot Kilian eine Zigarette an, aber dieser winkte ab. Der Polizist zuckte mit den Achseln, drehte die Zigarette zwischen den Fingern, dann steckte er sie sich an.
    »Nun es ist eigentlich noch zu früh, aber …« Er blies den Rauch aus dem offenen Fenster und hustete.
    »Was aber?«, hakte Joana nach. Paco starrte auf seinen Schreibtisch. Joana versuchte, seine Reaktion zu deuten. Sie waren zwar gute

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