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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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seine und strich sanft darüber, dabei spürte sie seinen Puls: langsam und traurig wie ein Glockenschlag. Kilians Faust drückte in ihre Handfläche wie der Kopf einer Katze beim Kraulen.
    Zum Teufel, was tat sie da?
    Hinten in der Lobby tauchte eine massige Gestalt auf. Carlos! Sie riss ihre Hand zurück.
    »Sie wollten dann zahlen, Señor Huber«, sagte sie überförmlich, griff nach der Kreditkarte und hielt sie hoch, als wollte sie deren Echtheit prüfen. Kilian glotzte sie konsterniert an, aber sie sah an ihm vorbei und nickte Carlos zu, der wie ein Feldwebel durch die Lobby marschierte und im Aufzug verschwand.
    »Dein Chef?«, flüsterte Kilian, der sich zwischenzeitlich umgewandt hatte.
    »Ja, Carlos. Er fährt jetzt in den fünften Stock. In seine Suite. Liest wahrscheinlich Zeitungen und darf nicht gestört werden – außer es geht um Kaffee.« Sie zwinkerte ihm komplizenhaft zu, aber Kilian brachte nur ein verunglücktes Schmunzeln zustande, danach verirrte sich sein Blick und blieb an irgendeinem Punkt hinter ihr haften. Unbehagliche Stille trat ein.
    »Ich denke, ich muss dann los …«, sagte er und rieb sich die Nase.
    »Tja …« Joana drehte seine Kreditkarte zwischen den Fingern und wollte sie ihm gerade zurückgeben, aber es war nicht ihr Hotel und so rief sie Carlos an, um ihn zu fragen, welchen Rabatt sie Kilian gewähren konnte.
    »Rabatt?« Carlos wiederholte das Wort wie den Namen eines Kinderschänders. Dann vergingen einige Sekunden und Joana glaubte, das Tippen eines Taschenrechners zu hören. »Also gut, meinetwegen … nimm den Vorsaison-Tarif und berechne ihm nur drei Nächte anstatt vier!« Joana hielt den Hörer von sich und sah die Sprechmuschel an, als hätte sie ihr ins Ohr gebissen.
    »Äh … Carlos? Er hat ohnehin nur drei Nächte hier geschlafen!«
    Carlos blies den Atem aus wie ein Stier vor dem Angriff, sein Zeichen für »Ärger wegen Begriffsstutzigkeit des Hotelpersonals«. »Er schon …«, knurrte er, »aber sein Bruder ist auch hier abgestiegen, und der hat ja bekanntlich nichts bezahlt und er wird es wohl auch nicht mehr tun, oder? Und …«, fuhr er mit seiner Tirade fort, »ich spreche noch nicht einmal von den ganzen Problemen, die er uns bereitet hat, weil er ausgerechnet hier seinen Abgang inszenieren musste: Verdienstausfall wegen des versiegelten Zimmers, schlechte Publicity, nervöse Gäste …«
    Joana knallte den Hörer auf die Gabel. »Cabrón«, zischte sie und sah auf. Kilian blickte sie erstaunt an.
    Nur ein Wimpernschlag und sie hatte ihre Fassung wiedergewonnen. Sie lächelte ihm zu und gab ihm die Kreditkarte zurück. »Der Direktor meint, angesichts der besonderen Umstände warst du natürlich Gast in unserem Haus …« Sie müsste im Computer herumtricksen und hoffen, dass Carlos nicht dahinterkäme. »Es tut uns allen sehr leid, was mit deinem Bruder passiert ist.«
    »Das ist sehr nett, Joana. Ich hoffe auch, dass deine Schwester bald wieder auftaucht.«
    Sie nickte müde. »Ja, das hoffe ich auch. Viel Glück noch in Málaga und gute Heimreise!«
    »Danke, Joana.«
    Er schulterte seine Reisetasche, dabei fiel ihm eine Strähne ins Gesicht; er strich sie hinters Ohr und lächelte sie zum ersten Mal richtig an. So sieht er dabei also aus, dachte sie betrübt. Das erste und wohl auch das letzte Mal, dass ich das sehe.
    Kilian verabschiedete sich höflich von Maite, die gerade in diesem Moment aus dem Büro kam. Ihr exaktes Timing verwunderte Joana kaum. Maite besaß genug Feingefühl, um den intimen Moment des Abschieds nicht zu stören, wollte aber sicher noch einen Blick auf den knusprigen Germanen erhaschen. So was sah man in diesem »Altersheim«, wie sie ihren Arbeitsplatz gerne nannte, schließlich nicht alle Tage.
    Das Telefon klingelte. Zögernd hob Joana ab. Carlos!
    Sie hatte ihren Chef gerade zum ersten Mal hintergangen und fühlte sich augenblicklich ertappt, aber Carlos ging es um etwas vollkommen anderes. Zimmer. Versiegelung. Guardia Civil. Freigabe. Tasche …
    Abwesend hörte Joana zu und beobachtete Kilian, der jenseits der Glasfront des Hotels seine Reisetasche in den Kofferraum seines Wagens schmiss.
    … Tasche … TASCHE?!
    Sie schmiss den Hörer weg, ließ ihren Chef weiter aus dem baumelnden Hörer nörgeln und rannte so schnell sie konnte durch die Lobby zum Ausgang. Das Tempo der automatischen Drehtür erschien ihr quälend langsam. Sie drückte dagegen, was natürlich verboten war – oft genug hatte sie sich selbst über

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