Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
Vom Netzwerk:
Witwe.«
    Diesmal wich der eben noch belustigte Ausdruck auf Joanas Gesicht einer besorgten Miene.
    »Sprechen Sie denn Spanisch?«, hakte sie nach.
    Xaver wunderte sich ein wenig. Das hätte sich die junge Frau ja auch selbst denken können, wie hätte er die Alte sonst nach dem Weg fragen sollen? Wie auch immer – er gab ihr ein knappes, lehrbuchhaftes Statement seiner Kenntnisse, was sie einerseits zu befriedigen schien, andererseits aber noch neugieriger machte:
    »Sie wissen nicht zufällig, wie diese Frau hieß?«
    »Ich glaube, ihr Name war Inmaculada.«
    » Inmaculada ? Sind Sie sicher?«
    Xaver nickte.
    »Und Sie haben mit ihr gesprochen?«
    Xaver biss sich auf die Lippen. Sollte er der jungen Dame jetzt etwa berichten, dass ihre Mutter beinahe in Ohnmacht gefallen war, nur weil er sie nach dem Weg zum Hotel gefragt hatte? Und sollte er ihr anvertrauen, dass er den Eindruck hatte, ihre Mutter wäre – nun ja – geistig ziemlich durchgeschüttelt? Diese Sache zur Sprache zu bringen, könnte peinlich werden. Und mit der ominösen Todesbotschaft brauchte er die Empfangsdame auch nicht zu beunruhigen.
    »Nein«, sagte er schließlich, »ich habe sie nur nach dem Weg gefragt und sie hat ihn mir erklärt. Dabei erwähnte sie, dass Sie hier an der Rezeption arbeiten.« Er hoffte, dass die junge Dame es dabei bewenden ließ.
    Joana sah ihn einen Augenblick lang nachdenklich an, dann zog sie eine Schlüsselkarte aus dem Fach, steckte diese in einen Umschlag mit dem Emblem des Hotels und notierte eine Nummer auf der Rückseite.
    »Zimmer 328, dritter Stock links«, sagte sie förmlich und winkte einen Pagen heran, aber Xaver schüttelte den Kopf, schulterte seine Tasche und verabschiedete sich mit einem »Muchas gracias« in Richtung der Lifte.
    Er war kaum drei Schritte gegangen, als er hörte, wie Maite ihrer Kollegin etwas auf Spanisch zuraunte. »So ein süßer Hintern!« Xaver schmunzelte und warf, als er den Aufzug erreicht hatte, einen Blick zurück und erwischte Maite mit einem Kussmund, der sich sofort in ein freches Grinsen verwandelte. Nur Joana starrte in ihre Tasse, als könne ihr der Kaffeesatz verraten, warum ihre Mutter nicht dort war, wo sie hätte sein sollen.
    Xaver stellte seine Tasche ab und blickte sich um. Das Hotelzimmer war geräumiger und luxuriöser als seine bisherigen Unterkünfte in Andalusien. Das Bett war so breit wie er groß war, auf dem Kopfkissen lag ein in glänzendes Papier gewickeltes Stückchen Schokolade und auf dem Schreibtisch stand eine Schale voller Früchte. Xaver stellte den Flachbildschirm an, der an der Wand gegenüber dem Bett hing, und zappte sich durch spanische und französische Kanäle, bis er auf n-tv hängenblieb. Dax minus 1,2 Prozent. Wieder einhundertzwanzig virtuelle Euro weniger, dachte er, schob die Gardinen zur Seite, öffnete die Glasschiebetür und trat auf den Balkon.
    Die Aussicht war reizvoller als das Börsenprogramm. Zu seinen Füßen lag ein palmenumrandeter Hotelpool, der wohl so manches Münchner Freibad in den Schatten stellte. Nur ein knappes Dutzend Liegen waren besetzt und nach der Hautfarbe der Sonnenanbeter zu urteilen, waren die Gäste gerade dem langen skandinavischen Winter entflohen. Nur ein Mann ruderte mit hektischen Bewegungen auf die Badeleiter zu, als hätte er entschieden, dass die Anwesenden von seinem Sprung ins frühlingskalte Wasser schon genug beeindruckt waren. Zwischen dem Hauptpool und einem Kinderbecken lag die Poolkneipe, aus der – durch Palmenwedel gedämpft – Julio Iglesias gerade »Bésame, bésame mucho« verlangte, eine Schnulze, bei der es sich um viele Küsse drehte. Westlich der Außenanlage fiel das Gelände steil nach Almuñécar ab, auf der Südseite beinahe senkrecht. Aus seinem Reiseführer wusste er, dass Almuñécar fünfundzwanzigtausend Einwohner zählte. Der Ort war bereits vor dreitausend Jahren von den Phöniziern gegründet worden. Damals war der Name dieser heutigen Kleinstadt auch einprägsamer gewesen: Laut Reiseführer nannten die alten Phönizier diesen Ort einfach »Sexi«. Die Einwohner wurden teilweise heute noch »Sexitaner« genannt, wie auf Seite 228 seines Andalusienführers nachzulesen war.
    Xaver ließ den Blick über die Bucht schweifen. Almuñécar drängte sich an zwei Strände, die sich an ihren Enden an einem Felsen trafen, dem Peñon von Almuñécar, auf dessen Spitze ein haushohes Kreuz stand. Die Form der Stadt erinnerte an Rio de Janeiro, deren Stadtteile Ipanema und

Weitere Kostenlose Bücher